BGH,
Beschl. v. 21.9.2006 - 4 StR 386/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 386/06
vom
21.9.2006
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 21.09.2006
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Paderborn vom 22.06.2006 im Strafausspruch mit den Feststellungen mit
Ausnahme derjenigen zur Schuldfähigkeit aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer - Jugendschutzkammer - des Landgerichts
zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von
Kindern in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei
Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die
Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat zum Strafausspruch
Erfolg.
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Die Überprüfung des Urteils aufgrund der
Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum
Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
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Dagegen kann der Strafausspruch keinen Bestand haben. Zu Recht macht
die Revision geltend, dass das Landgericht eine Strafmilderung nach
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§§ 46 a, 49 Abs. 1 StGB nicht erörtert hat,
obwohl nach den Feststellungen hierzu Anlass bestand. In Betracht zu
ziehen war hier die Vorschrift des § 46 a Nr. 1 StGB, die -
anders als die in erster Linie für materiellen Schadensersatz
bei Vermögensdelikten vorgesehene Vorschrift des § 46
a Nr. 2 StGB - dem immateriellen Ausgleich zwischen Täter und
Opfer dient (vgl. BGH StV 2001, 346). Die Vorschrift verlangt, dass der
Täter mit dem Bemühen, diesen Ausgleich mit dem Opfer
zu erreichen, die Tat "ganz oder zum überwiegenden Teil"
wieder gutgemacht hat, lässt es aber auch ausreichen, dass der
Täter dieses Ziel ernsthaft erstrebt. Dass es sich hier so
verhält, kann nach den bisherigen Feststellungen nicht
vornherein ausgeschlossen werden:
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung "ein umfassendes und
detailliertes Geständnis abgelegt, das nicht nur 'taktischer
Natur' war, sondern welches auszusprechen dem Angeklagten ersichtlich
schwer gefallen ist und in dem er gezeigt hat, dass er die
Verantwortung für seine Missbrauchstaten in vollem Umfang
übernimmt". Das Landgericht hat dies und die Tatsache, dass
der Angeklagte Reue gezeigt und den Tatopfern eine erneute, sie
psychisch belastende Aussage erspart hat, ebenso strafmildernd
berücksichtigt, wie den Abschluss eines Vergleichs im
Adhäsionsverfahren, indem er sich zur Zahlung "nicht
unerheblicher Schmerzensgeldbeträge" an die beiden
Nebenklägerinnen verpflichtet hat (UA 9). Die allgemeine
strafmildernde Berücksichtigung der Schadenswiedergutmachung
konnte die hier gebotene Prüfung des Vorliegens der
Voraussetzungen des § 46 a StGB nicht ersetzen (vgl. BGH StV
2000, 129; StV 2001, 346). Über die Strafen ist deshalb neu zu
befinden.
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Der neue Tatrichter wird in wertender Betrachtung zu entscheiden haben,
ob die vom Angeklagten erbrachten Leistungen Ausdruck "umfassender
Ausgleichsbemühungen" und der "Übernahme von
Verantwortung für die Folgen seiner Straftaten" sind (vgl. BGH
StV 2000, 129). Bei der nach Ermessens-
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gesichtspunkten ("kann") zu treffenden Entscheidung, ob er von der
Strafmilderungsmöglichkeit Gebrauch macht, ist der Tatrichter
nicht gehindert, zu berücksichtigen, dass der Angeklagte seine
Ausgleichsbemühungen spät, nämlich mehr als
zehn Jahre nach Beginn der Taten und fast drei Jahre nach der
Anzeigeerstattung, entfaltet hat (vgl. BGH aaO).
Maatz Kuckein Athing
Ernemann Sost-Scheible |