BGH,
Beschl. v. 22.2.2001 - 3 StR 41/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 41/01
vom
22. Februar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
22. Februar 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4
StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Hildesheim vom 31. Oktober 2000 im Strafaussprch mit
den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf
sachlichrechtliche
Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten hat teilweise
Erfolg. Während die Überprüfung des
Schuldspruchs keine den Angeklagten
beschwerenden Rechtsfehler ergeben hat, hält der
Strafausspruch rechtlicher
Überprüfung nicht stand.
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte seine Bekannte, mit der
er seit Jahren ein außereheliches Verhältnis
unterhielt, im angetrunkenen Zustand
aufgesucht, ihr ein Küchenmesser an den Hals gehalten, sie mit
dem
Tode bedroht und so zum Mundverkehr an ihm gezwungen. Sodann hatte er
- 3 -
versucht, den Analverkehr an ihr auszuführen, und sie zuletzt
zum Vaginalverkehr
gezwungen. Das Landgericht hat die Tat zutreffend als Vergewaltigung
nach § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB gewertet.
Der Strafausspruch kann nicht bestehen bleiben, denn das Landgericht
hat nicht erkennbar erwogen, ob die Voraussetzungen des
Täter-Opfer-
Ausgleichs nach § 46 a Nr. 1 StGB vorgelegen haben und deshalb
eine
Strafrahmenverschiebung in Betracht gekommen wäre.
Anlaß zu einer solchen
Erörterung hätten die folgenden Feststellungen
gegeben: Nachdem der Angeklagte
Stunden nach der Tat aufgrund der Anzeige seiner Bekannten festgenommen
und am nächsten Tag wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen
worden war, rief er seine Bekannte an "und entschuldigte sich bei ihr
für sein
Vorgehen. Er bat sie zudem um die Rücknahme der Anzeige unter
Hinweis
darauf, daß er ansonsten seinen Söhnen nicht mehr
unter die Augen treten
könnte." Dieser Bitte kam die Bekannte drei Tage
später nach. Einige Tage
später besuchte sie der Angeklagte wieder. Nach weiteren
Besuchen "erneuerten
(die beiden) ihre intime Beziehung", die sie über weitere zehn
bis elf Monate
aufrechterhielten, bis die Bekannte einen anderen Mann kennenlernte und
deshalb die Beziehung zum Angeklagten abbrach. Wie schon
gegenüber der
Polizei gab die Bekannte auch in der Hauptverhandlung an, nicht mehr an
einer
Bestrafung des Angeklagten interessiert zu sein.
Zwar hat das Landgericht diese Nachtatentwicklung bei der Strafzumessung
umfassend berücksichtigt und u.a. deshalb einen minder
schweren Fall
gemäß § 177 Abs. 5 Halbs. 2 StGB angenommen
(Strafrahmen: ein Jahr bis
zehn Jahre); dies kann aber hier die Erörterung des §
46 a StGB nicht ersetzen,
dessen Anwendung jedenfalls nicht fern liegt, nachdem es nach den
Feststellungen
aufgrund der Initiative des Angeklagten zu einer vollständigen
und
- 4 -
dauerhaften Aussöhnung zwischen dem Täter und dem
Opfer gekommen ist.
Ob die Bemühungen des Angeklagten eher dem Ausgleich mit dem
Opfer oder
der Vermeidung eigener Bestrafung dienten, welchen Umfang sie hatten,
und
aus welchen Motiven heraus das Opfer bekundet hat, an einer Bestrafung
des
Angeklagten nicht interessiert zu sein, hat der neue Tatrichter zu
prüfen. Wenn
ein Opfer (aus autonomen Motiven heraus) dem Täter den
Täter-Opfer-
Ausgleich in der Weise leicht macht, daß es an das
Maß der Wiedergutmachungsbemühungen
keine hohen Anforderungen stellt und schnell zu einer
Versöhnung bereit ist, steht dies der Bejahung der
Voraussetzungen des
§ 46 a Nr. 1 StGB jedenfalls nicht grundsätzlich im
Wege.
Sollte der neue Tatrichter die Voraussetzungen des § 46 a Nr.
1 StGB
bejahen, wird er zu prüfen haben, ob bei einer
Gesamtbetrachtung ein minder
schwerer Fall auch ohne Berücksichtigung des vertypten
Milderungsgrunds
anzunehmen wäre; (nur) in diesem Fall könnte der
Täter-Opfer-Ausgleich zu
einer weiteren Strafrahmenmilderung (Strafrahmen: drei Monate bis sieben
Jahre sechs Monate) führen.
Kutzer Miebach Winkler
Pfister von Lienen |