BGH,
Beschl. v. 22.2.2007 - 4 StR 49/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 49/07
vom
22.2.2007
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 22.02.2007
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bielefeld vom 28. September 2006 - mit Ausnahme der Feststellungen, die
bestehen bleiben - aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten des "gemeinschaftlichen"
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge für schuldig befunden und aus der
dafür erkannten Einzelstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe
im Wege nachträglicher Gesamtstrafenbildung unter Einbeziehung
der siebenmonatigen Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts
Bielefeld vom 23. August 2005 eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei
Jahren und vier Monaten gebildet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte
mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts
rügt. Das Rechtsmittel hat zum Schuld- und Strafausspruch
Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
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1. Der Schuldspruch kann nicht bestehen bleiben. Zu Recht beanstandet
die Revision, dass das Landgericht seine Auffassung, der Angeklagte sei
bei dem (letztlich gescheiterten) Kokaintransport von Brasilien nach
Europa als (Mit-)Täter des von Susan L. und
niederländischen Hintermännern organisierten
Rauschgifthandels beteiligt gewesen, nicht begründet hat.
Dessen hätte es aber schon deshalb bedurft, weil nach der
neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Rauschgiftkurieren,
die - wie vorliegend das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung
selbst angenommen hat (UA 19) - lediglich eine untergeordnete Rolle
spielen, grundsätzlich nur von Beihilfe zum unerlaubten
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auszugehen ist (vgl. BGHSt
- GS - 50, 252, 266; BGH, Beschl. v. 17. Januar 2007 - 2 StR 568/06
m.w.N.). Das gilt zumal dann, wenn der Kurier - wie hier - mit dem An-
und Verkauf des Rauschgifts nichts zu tun und auch keinerlei Einfluss
auf die Bestimmung von Art und Menge des zu transportierenden
Rauschgifts hat und ihm auch die Gestaltung des Transports vorgegeben
wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Juni 2006 - 2 StR 150/06 -
und vom 25. Oktober 2006 - 2 StR 359/06). Die Abgrenzung von Beihilfe
und (Mit-)Täterschaft vorzunehmen war vorliegend auch nicht
deshalb entbehrlich, weil der Angeklagte in Brasilien nach Empfang des
Rauschgifts seine Begleiterin veranlasste, den Transport
durchzuführen, weil er selbst das Risiko scheute. Ob er
dadurch statt seiner bis dahin lediglich untergeordneten Rolle die
Tatherrschaft in Bezug auf den Handel mit der zum Transport bestimmten
Kokainmenge erlangte, ist eine Tatfrage, über die
grundsätzlich der Tatrichter zu entscheiden hat. Gegen die
Wertung (mit-)täterschaftlicher Beteiligung kann hier zumal
sprechen, dass der Angeklagte in Brasilien in telefonischem Kontakt mit
Susan L. stand, "die ihm im Einzelnen mitteilte, was er zu tun hatte"
(UA 9), und er sie dementsprechend auch davon unterrichtete, dass er
den Transport nicht selbst durchführen werde.
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Über die Sache ist deshalb neu zu entscheiden. Von dem
aufgezeigten Rechtsfehler sind die getroffenen Feststellungen nicht
berührt; diese können deshalb bestehen bleiben, was
ergänzende Feststellungen durch den neuen Tatrichter nicht
ausschließt.
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2. Die Aufhebung des angefochtenen Urteils im Schuldspruch hat
notwendigerweise die Aufhebung des an sich milden Strafausspruchs zur
Folge. Deshalb ist auch über die nachträgliche
Gesamtstrafenbildung neu zu entscheiden. Dies gibt dem neuen Tatrichter
Gelegenheit, gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2
i.V.m. § 56 f Abs. 3 Satz 2 StGB auch über die
Anrechnung erbrachter Bewährungsleistungen zu befinden. Der
Senat könnte auf die von dem Beschwerdeführer allein
erhobene Sachrüge das Unterbleiben dieser
Anrechnungsentscheidung in dem angefochtenen Urteil nicht beachten.
Denn das Landgericht hat zu der einbezogenen, zur Bewährung
ausgesetzten Freiheitsstrafe gerade keine Feststellungen zu
Bewährungsauflagen und ihrer Erfüllung getroffen. Bei
dieser Sachlage hätte es einer Verfahrensrüge bedurft
(BGHSt
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35, 238; BGH, Beschl. v. 7. März 2001 - 2 StR 43/01), wenn
nicht der Strafausspruch bereits - wie aufgezeigt - aus anderen
Gründen der Aufhebung unterläge.
Tepperwien Maatz Kuckein
Ernemann Sost-Scheible |