BGH,
Beschl. v. 22.1.2003 - 2 StR 515/02
2 StR 515/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
22. Januar 2003
in der Strafsache gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 22.
Januar 2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bonn vom 16. Juli 2002
a) im Schuldspruch abgeändert:
der Angeklagte ist des sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in
fünf Fällen jeweils in Tateinheit mit sexueller
Nötigung schuldig,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Der Urteilsspruch wird ferner wie folgt ergänzt:
Im übrigen wird der Angeklagte freigesprochen. Insoweit fallen
die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten erwachsenen
notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen
Mißbrauchs eines Kindes in acht Fällen jeweils in
Tateinheit mit sexueller Nötigung zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete, auf die Verletzung sachlichen
Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der
Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im
übrigen ist das Rechtsmittel im Sinne des § 349 Abs.
2 StPO unbegründet.
Nach den Feststellungen hat der die Taten bestreitende Angeklagte in
den Jahren 1992 bis 1994 seinen am 8. April 1983 geborenen Neffen R. S.
in acht Fällen zum Oralverkehr gezwungen. Das Landgericht ist
davon ausgegangen, daß das Tatopfer dreimal in der Wohnung
seiner Eltern, viermal in der Wohnung des Angeklagten und einmal in
dessen Auto mißbraucht wurde. In der Beweiswürdigung
(UA S. 17) heißt es zu der Zahl der Taten, das Tatopfer habe
im Rahmen seiner Vernehmung durch den Ermittlungsrichter nach einiger
Zeit nähere Einzelheiten beschreiben können, seine
Bekundungen seien zunächst ungeordnet gewesen. Er sei
sichtlich um eine wahrheitsgemäße Aussage
bemüht gewesen. Besonderes Augenmerk habe der
Ermittlungsrichter auf die Konkretisierung der Tatorte und der Anzahl
der Fälle gerichtet. Dabei sei das Tatopfer "bei seiner in dem
Vernehmungsprotokoll vom 22.02.2002 niedergelegten Aussage, es habe
sich insgesamt um 20-30 Fälle gehandelt, sehr sicher gewesen.
Bei der Verurteilung zugrundegelegten Anzahl der Fälle handelt
es sich daher - zugunsten des Angeklagten - um die Mindestanzahl der
begangenen Straftaten".
Diese Ausführungen belegen nicht die vom Landgericht
angenommene Anzahl von drei und vier Taten in der Wohnung des Tatopfers
und in der des Angeklagten. Denn es fehlt jegliche Begründung,
warum es einerseits zu drei Vorfällen, andererseits zu vier
Vorfällen gekommen sein soll und warum dies die "Mindestzahl"
sein sollte.
Der Senat hat, um dem Tatopfer eine neuerliche Vernehmung zu ersparen,
den Schuldspruch geändert und bei den Vorfällen in
den Wohnungen des Tatopfers und des Angeklagten jeweils zwei Taten
zugrundegelegt, die bei mehrfacher Tatbegehung in den beiden Wohnungen
jedenfalls sicher belegt sind.
Damit entfallen die für drei Taten verhängten
Einzelstrafen (einmal 3 Jahre sowie zweimal 2 Jahre und 9 Monate), die
übrigen Einzelstrafen sind davon nicht betroffen und
können bestehen bleiben. Aufgehoben werden mußte
aber der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe, da der
Senat nicht völlig ausschließen kann, daß
das Landgericht angesichts des Wegfalls von drei Einzelstrafen eine
geringere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
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