BGH,
Beschl. v. 22.1.2009 - 3 StR 594/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 594/08
vom
22. Januar 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 22. Januar 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Kiel vom 19. September 2008 aufgehoben
a) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafen mit den
zugehörigen Feststellungen;
b) soweit von der Anordnung der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls unter Einbeziehung
der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Neumünster vom 15.
Februar 2007 (27 Ls 108/06) und unter Auflösung der dort
gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren
und drei Monaten sowie wegen Diebstahls in zwei Fällen unter
Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts
Neumünster vom 11. März 2008 (27 Ls 12/08) und unter
Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer weiteren
Gesamtfrei-
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heitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine Revision ist zu den
Schuld- und Einzelstrafaussprüchen unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Sie führt jedoch mit der
Sachrüge zur Aufhebung der verhängten
Gesamtfreiheitsstrafen; aufzuheben ist das Urteil auch, soweit eine
Entscheidung zur Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Zutreffend hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:
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"Keinen Bestand haben können dagegen die verhängten
Gesamtfreiheitsstrafen. Das Landgericht hat es unterlassen, die jeweils
nach § 55 Abs. 1 StGB einbezogenen Einzelstrafen aus den
Urteilen des Amtsgerichts Neumünster vom 15. Februar 2007 und
11. März 2008 mitzuteilen, so dass das Revisionsgericht anhand
der Urteilsgründe nicht prüfen kann, ob die
Gesamtfreiheitsstrafen rechtsfehlerfrei zugemessen wurden.
Der Aufhebung unterliegt das Urteil auch, soweit das Landgericht von
der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB
abgesehen hat. Zweck dieser Maßregel der Besserung ist die
Heilung von stoffgebundenen Abhängigkeiten (Fischer StGB 56.
Auflage § 64 Rdn. 2 m.w.N.). Sie konnte daher vorliegend nicht
mit der Begründung, der Angeklagte habe lediglich seine
ADHS-Erkrankung im Blick und sei deshalb nicht bereit, an seinem
Kokainkonsum zu arbeiten (UA S. 15), verneint werden. Dies ergibt sich
zum einen daraus, dass ausweislich der Urteilsgründe der
Angeklagte das von ihm regelmäßig eingenommene
Kokain auch als 'Selbstmedikation' einsetzt (UA S. 15).
Darüber hinaus hat auch das vom Angeklagten gegen ADHS
eingenommene und von ihm zeitweise auch auf dem Schwarzmarkt beschaffte
Medikament Ritalin ebenfalls ein hohes Suchtpotential (UA S. 7). Es ist
daher vorliegend nicht ohne Weiteres ersichtlich, weshalb die Anordnung
der Maßregel nicht zur Heilung der stoffgebundenen
Abhängigkeit führen kann."
Ergänzend bemerkt der Senat, dass für den Fall, dass
die gesamtstrafenfähigen Vorverurteilungen keine Einzelstrafen
enthalten, § 55 StGB keine Anwendung findet. Der Tatrichter
hat dann einen Härteausgleich bei der Be-
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messung der neuen Strafe vorzunehmen (BGHSt 43, 34; auch Rissing-van
Saan in LK 11. Aufl. § 55 Rdn. 26).
Der Schriftsatz des Verteidigers vom 20. Januar 2009 hat vorgelegen.
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Becker Miebach von Lienen
Sost-Scheible Schäfer |