BGH,
Beschl. v. 22.7.2004 - 4 StR 184/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 184/04
vom
22. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 22. Juli 2004
gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Stralsund vom 19. Januar 2004 im Schuldspruch
dahin geändert, daß in den Fällen II 1 und
2 der
Urteilsgründe die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen
sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen
entfällt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und
die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen
Mißbrauchs eines
Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer
Schutzbefohlenen in
zwei Fällen (Fälle II 1 und 2), sexuellen
Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in
Tateinheit mit Beischlaf zwischen Verwandten in zwei Fällen
(Fälle II 3 und 4)
und Beischlafs zwischen Verwandten (Fall II 5) zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe
von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit
seiner
Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts
rügt. Das
Rechtsmittel führt lediglich zu einer Änderung des
Schuldspruchs hinsichtlich
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der Fälle II 1 und 2; im übrigen ist es
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO.
1. In den Fällen II 1 und 2 der Urteilsgründe bedarf
der Schuldspruch
der Änderung dahin, daß der Angeklagte jeweils nur
des sexuellen Mißbrauchs
eines Kindes schuldig ist. Die Verurteilung wegen tateinheitlich
verwirklichten
sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen (§ 174
Abs. 1 Nr. 3 StGB) muß
entfallen, weil insoweit Strafverfolgungsverjährung
eingetreten ist. Die Verjährungsfrist
für § 174 Abs. 1 StGB beträgt fünf
Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB).
Die erste verjährungsunterbrechende Handlung (Erlaß
eines Haftbefehls) erfolgte
am 29. April 2003, so daß die Verstöße
gegen § 174 StGB in den Fällen
II 1 und 2 (Tatzeiten: Dezember 1995 bis zum 25. März 1997)
verjährt sind.
Daß diese Vorwürfe jeweils mit dem
nichtverjährten sexuellen Mißbrauch eines
Kindes in Tateinheit stehen, steht der Annahme von Verjährung
nicht entgegen;
denn die Verjährung bestimmt sich bei tateinheitlichem
Zusammentreffen
für jede Gesetzesverletzung gesondert (vgl. BGH NStZ 1990, 80,
81; StV 1990,
404, 405; BGH, Beschluß vom 7. April 2004 - 2 StR 4/04;
Tröndle/Fischer,
StGB 52. Aufl. § 78a Rdn. 5 m.w.N.). Durch Art. 1 Nr. 4 des
Gesetzes zur Änderung
der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung
vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3007), durch den bestimmt ist,
daß
nach § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB nunmehr auch bei Straftaten nach
§ 174 StGB
die Verjährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des
Opfers ruht, hat
sich an dieser Rechtslage für den vorliegenden Fall nichts
geändert, weil zum
Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (1. April 2004) bereits
Strafverfolgungsverjährung
eingetreten war (vgl. hierzu den Senatsbeschluß vom 24. Juni
2004 - 4 StR 165/04).
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2. Trotz der Änderung des Schuldspruchs können die in
den Fällen II 1
und 2 des Urteils festgesetzten Einzelstrafen bestehen bleiben; denn
der Senat
kann aufgrund der Strafzumessungserwägungen des Landgerichts,
bei denen
sich die tateinheitliche Verwirklichung des § 174 StGB nicht
strafbestimmend
zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, ausschließen,
daß der Tatrichter
auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte, wenn er die
Verfolgungsverjährung
beachtet hätte.
Maatz Kuckein Athing
Ernemann Sost-Scheible |