BGH,
Beschl. v. 22.7.2009 - 2 StR 240/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 240/09
vom
22. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 22. Juli 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Kassel vom 2. Februar 2009 im Rechtsfolgenausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen
Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen und wegen sexuellen
Missbrauchs von Kindern zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs
Monaten verurteilt; außerdem hat es seine Unterbringung in
einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
1
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und
materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachrüge zum
Rechtsfolgenausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie
unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Das Landgericht hat auf die Taten des zu den Tatzeiten 18 Jahre und
einen Monat alten Angeklagten Jugendstrafrecht angewendet. Wird aus
Anlass
3
- 3 -
der Straftat eines nach Jugendstrafrecht zu beurteilenden
Heranwachsenden gemäß § 63 StGB dessen
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, so ist
grundsätzlich zu prüfen, ob die angeordnete
Maßregel die Ahndung mit Jugendstrafe entbehrlich macht
(§ 5 Abs. 3 JGG; vgl. Senat BGH NStZ-RR 2003, 186; NStZ 2002,
186).
Dass die zusätzliche Verurteilung zu Jugendstrafe erforderlich
sei, erörtert die Jugendkammer nicht. Es ergibt sich auch
nicht aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe von selbst, dass
eine Anwendung des § 5 Abs. 3 JGG ausscheidet. Die
Prüfung dieser Regelung lag vielmehr nahe, da die Jugendkammer
die Ablehnung einer Strafaussetzung mit Bewährung damit
begründet hat, dass "bei dem Angeklagten im jetzigen,
psychiatrisch noch weitgehend unbehandelten Zustand die Begehung
weiterer Sexualstraftaten hochgradig wahrscheinlich erscheint." Dieser
Gefahr soll aber gerade mit der Unterbringung nach § 63 StGB
entgegengewirkt werden, so dass sich nicht ohne ein
ausdrückliches Eingehen auf § 5 Abs. 3 JGG
erschließt, inwieweit ein zusätzliches
Bedürfnis für die Verhängung einer
Jugendstrafe gegeben ist.
4
- 4 -
Der Rechtsfolgenausspruch kann insgesamt keinen Bestand haben, da
angesichts des Sachzusammenhangs zwischen Jugendstrafe und
Unterbringung auch der - für sich gesehen - rechtsfehlerfrei
begründete Ausspruch über die Unterbringung nach
§ 63 StGB aufzuheben ist.
5
Rissing-van Saan Athing Rothfuß
Appl Schmitt |