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BGH, Beschluss vom 22. Juni 2004 - 4 StR 428/03


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 22.6.2004 - 4 StR 428/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 428/03
vom
22.06.2004
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung - zu Ziff. 1 mit
Zustimmung - des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 22.06.2004 gemäß §§ 154 a Abs. 2, 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Die Strafverfolgung wird in den Fällen 3 bis 5 der Anklage
auf den Vorwurf des Betruges, im Fall 14 der Anklage
auf den der Beihilfe zur wettbewerbsbeschränkenden
Absprache bei einer Ausschreibung beschränkt.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Bielefeld vom 9. Mai 2003
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte
schuldig ist
aa) in den Fällen 3 bis 5 der Anklage (Fälle II D 2
a, b und 3 der Urteilsgründe) eines Betruges
sowie
bb) im Fall 14 der Anklage (Fall II D 8 der Urteilsgründe)
der Beihilfe zur wettbewerbsbeschränkenden
Absprache bei einer Ausschreibung,
b) aufgehoben mit den zugehörigen Feststellungen
aa) in den Fällen 1, 2, 6 bis 13 und 15 der Anklage
(Fälle II D 1, 4 bis 6 der Urteilsgründe),
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bb) in den Strafaussprüchen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen wettbewerbsbeschränkender
Absprache bei Ausschreibungen in elf Fällen (Fälle 3, 4, 6 bis 14 der Anklage),
davon tateinheitlich in zwei Fällen mit Betrug (Fälle 3 und 4), in weiteren
sechs Fällen mit versuchtem Betrug (Fälle 8 bis 13), sowie wegen Betruges
(Fall 5), versuchten Betruges in zwei Fällen (Fälle 1 und 2), Anstiftung zum Betrug
(Fall 16) und Beihilfe zur Untreue (Fall 15) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten,
mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung materiellen Rechts
rügt, hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg;
im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I. Die Verfahrensrügen und die Sachrüge, soweit der Angeklagte im Fall
16 der Anklage (Fall II D 7 der Urteilsgründe) wegen Anstiftung zum Betrug
verurteilt wurde, haben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwaltes
vom 15. Oktober 2003 genannten Gründen keinen Erfolg. Der Senat hebt
jedoch die im Fall 16 verhängte Einzelfreiheitsstrafe auf, um dem neu ent-
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scheidenden Tatrichter (vgl. unten II.) Gelegenheit zu geben, die Strafen insgesamt
neu festzusetzen.
II. Im Hinblick auf die Verurteilung in den Fällen 1 bis 15 der Anklage
hält das Urteil rechtlicher Prüfung nicht stand.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts engagierte sich der Angeklagte,
der ein Installationsunternehmen besaß und von 1987 bis zum Oktober
1998 Mitglied des Deutschen Bundestages war, bei den gemeinnützigen, der
Jugendförderung und Berufsausbildung dienenden Vereinen BAJ e.V.
und INBA e.V. als ehrenamtlicher Vorsitzender bzw. als Initiator des Vereins
BAJ e.V. In den 90er Jahren gründeten diese Vereine teilweise unter
Beteiligung anderer sozialer Träger gemeinnützige Gesellschaften mit beschränkter
Haftung (BIWA gGmbH [BIWA], JBB gGmbH [JBB] und JBO
gGmbH [JBO]), die für die Vereinszwecke als Bauherren Bauvorhaben in zweistelliger
Millionenhöhe jeweils mit öffentlichen Fördermitteln sowie mit Eigenmitteln
der Vereine und Gesellschaften realisierten. Obwohl diese Gesellschaften
je zwei Geschäftsführer hatten, von denen jeweils einer der frühere Mitangeklagte
B. war, wirkte der Angeklagte bei allen maßgeblichen Entscheidungsprozessen
mit. Seine Stellung in den Vereinen, seine politische und fachliche
Kompetenz als Bundestagsabgeordneter bzw. als Inhaber eines Installationsunternehmens
verschafften ihm eine tatsächliche Machtposition und einen
Vertrauensvorschuß bei allen Beteiligten, die es ihm als starke Persönlichkeit
ermöglichten, sich auch ohne formale Funktion innerhalb der Gesellschaften
durchzusetzen (UA 48 f.). In der Folgezeit übte er für sie auch die nach außen
hin als ehrenamtlich erscheinende Tätigkeit eines Oberbauleiters aus, die er
sich - ebenso wie die Unterstützung der Geschäftsführung der JBO und die
verantwortliche Vertretung der BIWA in der Baukommission der JBB - seit En-
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de 1998/Anfang 1999 zum Teil rückwirkend im Rahmen von Verträgen mit den
Gesellschaften, insbesondere vertreten durch B. als deren Geschäftsführer,
entgelten ließ (UA 30 f., 35 ff.).
Aufgrund seiner Position konnte der Angeklagte schon Ende
1995/Anfang 1996 dem früheren Mitbeschuldigten Bl. als Geschäftsführer
und Mitinhaber des bautechnischen Planungsbüros HBB zusagen, ihm lukrative
Planungsaufträge der genannten Bauherren zu verschaffen. Als Gegenleistung
hierfür sollte Bl. dem Angeklagten Zahlungen erbringen. Dementsprechend
veranlaßte der Angeklagte, daß die gemeinnützigen Gesellschaften der
HBB in der Zeit von 1996 bis 2001 mindestens acht Ingenieur- bzw. Planungsaufträge
für ihre Bauvorhaben (UA 16, 24, 26, 29, 35, 41, 44) erteilten. Die versprochenen
Zahlungen sollten, wie es zwischen Bl. und dem Angeklagten
vereinbart war (UA 12, 17, 20), nach und nach dadurch finanziert werden, daß
Bauunternehmen, bei denen Bl. selbst Mitinhaber und Geschäftsführer war
(Fälle 1, 3, 4, 14 und 15 der Anklage) oder die zu einem kollusiven Zusammenwirken
mit ihm bereit waren und denen Bl. als Planer die Bauaufträge
der Gesellschaften verschaffte, nicht erbrachte Leistungen unauffällig in ihre
Rechnungen gegenüber der BIWA, der JBB oder der JBO einstellten. Bis zum
Jahre 2001 summierten sich die bezahlten Überhöhungsbeträge auf
365.554,54 DM netto (UA 45), wobei Bl. von den an seine Firmen geflossenen
Geldern in mehreren Teilzahlungen mindestens 338.550,- DM netto an
den Angeklagten zahlte (UA 20).
Die gemeinnützigen Gesellschaften wurden sowohl beim Abschluß der
Verträge mit dem Planungsbüro HBB als auch mit den Handwerksfirmen von
B. vertreten (UA 8); lediglich bei der JBO erfolgten Zahlungsanweisungen,
insbesondere nach überhöhter Rechnungsstellung in den Fällen 3 bis 5
- 6 -
der Anklage, durch den gutgläubigen Geschäftsführer P. (UA 30, 32). B.
hatte spätestens seit Mitte 1999 (UA 38), möglicherweise auch schon bei seinen
ersten Zahlungsanweisungen im August und Dezember 1998 (UA 26, 27),
Kenntnis von den Rechnungsüberhöhungen.
2. Das Landgericht stellt in den Fällen 3 bis 5 der Anklage für die Verurteilung
wegen mittäterschaftlichen Betruges in drei Fällen zum Nachteil der
JBO darauf ab, daß der Geschäftsführer P. vor der Auszahlung der Überhöhungsbeträge
getäuscht wurde. In den Fällen 1, 2, 8 bis 13 der Anklage, bei
denen B. die Handwerkerrechnungen mit den Überhöhungsbeträgen
bösgläubig zur Zahlung anwies, geht es von acht versuchten, mittäterschaftlich
begangenen Betrugstaten zum Nachteil der BIWA und der JBB aus. Beim letzten
Vertragsschluß im Mai 2001 (Fall 15 der Anklage) nimmt die Strafkammer
eine Beihilfe zur Untreue des B. an, da der Angeklagte inzwischen von
dessen Bösgläubigkeit Kenntnis erlangt habe.
3. Während die Bejahung des gemeinsam mit Bl. verwirklichten Betrugstatbestandes
in den Fällen 3 bis 5 der Anklage aus Rechtsgründen nicht
zu beanstanden ist (a), hält die Verurteilung wegen versuchten Betruges in
acht Fällen (b) und wegen Beihilfe zur Untreue (c) revisionsrechtlicher Überprüfung
schon deshalb nicht stand, weil die zugrunde liegende Beweiswürdigung
des Landgerichts sachlich-rechtliche Fehler aufweist.
a) Entgegen der rechtlichen Würdigung des Landgerichts, das insoweit
drei selbständige Betrugstaten angenommen hat, liegt in den Fällen 3, 4 und 5
der Anklage allerdings nur ein Fall des Betruges zum Nachteil der JBO vor.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Frage der Handlungseinheit oder
-mehrheit nach dem individuellen Tatbeitrag jedes einzelnen Mittäters zu beur-
7 -
teilen (BGH StV 2002, 73; BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 7; BGH,
Urteil vom 27. Februar 2004 - 2 StR 146/03 jeweils m.w.N.) Hier gründeten die
Auftragsvergaben der JBO an die Firmen Bü. GmbH und N. GmbH
jeweils (auch) auf dem ersten, vom Angeklagten veranlassten Ingenieurvertrag
vom 10. Oktober 1997 mit dem Planungsbüro HBB (UA 29, 31). Es liegt daher
nur eine Tat vor.
Soweit neben dem Betrug eine tateinheitliche Untreue des Angeklagten
in Betracht kommt, hat der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts
das Verfahren gemäß § 154 a Abs. 2 StPO beschränkt; zur tateinheitlichen
Verurteilung in den Fällen 3 und 4 wegen wettbewerbsbeschränkender Absprache
bei Ausschreibungen siehe unten Ziffer II 4 b.
Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung der drei für die
Fälle 3 bis 5 der Anklage verhängten Einzelfreiheitsstrafen nach sich.
b) Ein versuchter Betrug setzt voraus, daß der Täter von der Gutgläubigkeit
des zu Täuschenden ausgeht. Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte
habe die Bösgläubigkeit B. s vor Mai 2001 nicht gekannt (UA 42,
56, 62), ist weder in der Beweiswürdigung näher begründet (vgl. UA 55 f.) noch
angesichts der sonstigen Feststellungen nachvollziehbar: B. , der seit
Anbeginn im Zusammenwirken mit dem Angeklagten in allen Gesellschaften
bei der Umsetzung der Bauvorhaben leitend tätig war (UA 8, 45), sollte von
Bl. bereits im Jahr 1999 ebenso wie der Angeklagte aus einer Manipulation
mit “stillen Reserven“ Geld erhalten (vgl. UA 44), was auf ein kollusives Zusammenwirken
B. s mit Bl. hindeutet. Dieser offenbarte B.
die Beteiligung des Angeklagten an den Machenschaften, wobei eine Rücksprache
B. s auch mit dem Angeklagten von der Strafkammer als nahe lie-
8 -
gend erachtet wurde (UA 51 unten). Ein versuchter Betrug käme daher nur in
Betracht, wenn ausgeschlossen werden könnte, daß der Angeklagte weder von
Bl. noch von B. darüber informiert wurde, daß letzterer in die Manipulationen
eingeweiht war. Hierzu verhalten sich die Urteilsgründe nicht.
c) Im Fall 15 der Anklage beruht der Schuldspruch wegen Beihilfe zur
Untreue B. s darauf, daß die Strafkammer mangels sicherer Feststellungen
“zu Gunsten des Angeklagten“ nunmehr davon ausgeht, daß dem Angeklagten
die Bösgläubigkeit B. s bekannt war (UA 56). Diese Unterstellung
hat sich, wie der Beschwerdeführer zutreffend rügt, zu seinem Nachteil
ausgewirkt, weil eine Beihilfe zur Untreue B. s nur dann möglich wäre,
wenn der Angeklagte von der Bösgläubigkeit des B. Kenntnis hatte.
Die Änderung des Schuldspruchs durch den Senat wahlweise auf versuchten
Betrug oder Beihilfe zur Untreue (vgl. BGH GA 1970, 24) kommt schon
deshalb nicht in Betracht, weil der Angeklagten bisher keine Gelegenheit hatte,
sich hinsichtlich der anderen Alternative zu verteidigen, und nicht auszuschließen
ist, daß in den Fällen des versuchten Betruges bisher nicht getroffene,
eindeutige Feststellungen möglich sind. Vgl. im übrigen unten Ziffer II 5.
d) Der neue Tatrichter wird darüber hinaus - auch bei den übrigen, bisher
als versuchte Betrugstaten abgeurteilten Fällen - zu beachten haben, daß
eine Verurteilung wegen versuchten Betrugs Bedenken begegnen könnte,
wenn erneut festgestellt oder nicht ausgeschlossen wird, daß die Bösgläubigkeit
B. s zumindest dem Mittäter Bl. bekannt war (UA 44, 54 f.),
der gemäß der mit dem Angeklagten getroffenen Vereinbarung die Täuschung
B. s vornehmen sollte, die überhöhten Handwerkerrechnungen veranlaßte
und diese noch vor der Weiterleitung an B. “prüfte“ (UA 19). Wenn
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Bl. keinen vermögensschädigenden Irrtum erregen wollte, könnte ein den
Mittätern zurechenbares unmittelbares Ansetzen zu einem versuchten Betrug
fraglich sein (vgl. BGHSt 39, 236, 237 f.; BGHR StGB § 22 Ansetzen 3; s. aber
auch die Senatsentscheidungen in BGHSt 40, 299, 301 ff. und NStZ 2004, 110
f.).
4. Auch die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen 3 und 4, 6 bis 14
der Anklage wegen wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen
nach § 298 StGB begegnet rechtlichen Bedenken.
a) Nach den Feststellungen mußten die Bauaufträge der gemeinnützigen
Gesellschaften wegen ihres Umfangs und der staatlichen Förderung im
Wege der (beschränkten) Ausschreibung vergeben werden. Bl. versah daher
in Ausführung der mit dem Angeklagten getroffenen Vereinbarung als beauftragter
Planer der jeweiligen Bauherren schon die Ausschreibungsunterlagen
mit versteckten Luftpositionen (“stillen Reserven“), die er in den Fällen 6 bis 13
der Anklage einem zum kollusiven Zusammenwirken bereiten Unternehmer
mitteilte, damit dieser bei der Ausschreibung mit einem entsprechend angepassten
und insoweit günstig erscheinenden Gebot die übrigen Wettbewerber
unterbieten und den Zuschlag für den jeweiligen Bauauftrag erhalten konnte
(UA 17 f.). In den Fällen 3, 4 und 14 der Anklage nutzte Bl. als Geschäftsführer
der im Bereich Heizungs- und Sanitärinstallation tätigen Unternehmen Bü.
GmbH bzw. A. D. seine Kenntnis über die von ihm als Bauplaner geschaffenen
stillen Reserven selbst und erlangte unter Ausnutzung dieses
Wettbewerbsvorteils den Auftrag. Soweit für eine Aburteilung nach § 298 StGB
relevant, ist nur im Fall 14 der Anklage festgestellt, daß Konkurrenzunternehmen
auf Bl. s Veranlassung zusätzlich entsprechende, für die Bauherren
ungünstigere Scheinangebote abgaben (UA 18 f., 26, 45).
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b) In den Fällen 3 und 4 (Tatzeiten: Dezember 1997) sowie 6 bis 13
(Tatzeiten im Jahr 1999), bei denen jeweils nur ein Wettbewerber in die Manipulationen
Bl. s involviert war, ist der Tatbestand der wettbewerbsbeschränkenden
Absprachen bei Ausschreibungen nicht erfüllt.
aa) § 298 Abs. 1 StGB, der mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Korruption
von 13. August 1997 (BGBl I 2038) neu in das Strafgesetzbuch eingefügt
wurde, setzt bei einer Ausschreibung über Waren oder gewerbliche Leistungen
die Abgabe eines Angebots voraus, das auf einer rechtswidrigen Absprache
beruht, die darauf abzielt, den Veranstalter zur Annahme eines bestimmten
Angebotes zu veranlassen. Dabei ist die in der Literatur streitige Frage höchstrichterlich
bisher nicht entschieden, ob hierfür eine - vertikale - Absprache zwischen
einem Anbieter und einer Person auf der Seite des Veranstalters genügt
(so Bartmann, Der Submissionsbetrug, Diss. Berlin 1997, S. 195 f.; Dannecker
in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 2. Aufl.
16. Kap. Rdn. 152; Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker GWB 3. Aufl.
vor § 81 Rdn. 108; Girkens/Moosmayer ZfBR 1998, 223, 224; Heine in Schönke/
Schröder, StGB 26. Aufl. § 298 Rdn. 11; Kosche, Strafrechtliche Bekämpfung
wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibung - § 298 StGB
[2001] S. 151; Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 298 Rdn. 3; Mitsch, Strafrecht BT
II Teilbd. 2 § 3 H Rdn. 202; Otto wistra 1999, 41; Rudolphi in SK-StGB § 298
Rdn. 8; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 298 Rdn. 9) oder ob § 298 Abs. 1
StGB - entsprechend § 1 GWB n. F. - eine kartellrechtswidrige - horizontale -
Absprache zwischen mindestens zwei miteinander im Wettbewerb stehenden
Unternehmen voraussetzt (so Dannecker in NK-StGB 13. Lfg. [2003] § 298
Rdn. 21; Greeve NStZ 2002, 505, 508; dies. in Greeve/Leipold, Handbuch des
Baustrafrechts [2004] § 10 Rdn. 64; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 298 Rdn. 16
- 11 -
f., 34, 35; vgl. auch Art. 1 lit. b i.V.m. Art. 2 Abs. 1 der Initiative der Bundesrepublik
Deutschland im Hinblick auf die Annahme eines Rahmenbeschlusses
des Rates über den strafrechtlichen Schutz gegen betrügerisches oder sonstiges
unlauteres wettbewerbswidriges Verhalten im Zusammenhang mit der Vergabe
von öffentlichen Aufträgen im Gemeinsamen Markt - ABl. EG Nr. C 253/3
vom 4. September 2000). Der Senat hält die letztgenannte Auffassung für zutreffend.
bb) Der Wortlaut des § 298 StGB enthält keine Einschränkung im Hinblick
auf die an der Absprache beteiligten Personen. Der im Gesetz verwendete
Begriff der Absprache ist neu und auch dem System des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) fremd (Kleinmann/Berg BB 1998, 277,
280; Greeve in Greeve/Leipold aaO § 10 Rdn. 76). Mit Blick auf die Überschrift
der Norm ("wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen“)
kann allerdings die tatbestandsmäßige Einschränkung auf "rechtswidrige“ Absprachen
nur so verstanden werden, daß solche gemeint sind, die gegen das
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (vgl. Greeve in Greeve/Leipold
aaO Rdn. 63; Kosche aaO S. 153) oder etwa gegen Art. 81 EG-Vertrag - Verbot
wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen - (vgl.
Dannecker in NK-StGB aaO § 298 Rdn. 47; Tiedemann aaO § 298 Rdn. 9, 35;
so wohl auch Rudolphi aaO § 298 Rdn. 5 aE, 8) verstoßen. Das Wettbewerbsrecht
regelt aber sowohl horizontale als auch vertikale Beschränkungen.
cc) Nach Auffassung des Senats liegt eine rechtswidrige Absprache im
Sinne des § 298 Abs. 1 StGB nur vor, wenn es sich um eine kartellrechtswidrige
Absprache zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen
(horizontale Absprache) handelt, wie dies wettbewerbsrechtlich in § 1 GWB in
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der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1998 (BGBl I 2546) ausdrücklich
bestimmt ist.
(1) Eine solche restriktive Auslegung des Begriffs der “Rechtswidrigkeit“
der Absprache wird dem Willen des Gesetzgebers gerecht. Er hat die Fälle der
rein vertikalen Absprache im Rahmen der Bestechlichkeit und Bestechung im
geschäftlichen Verkehr in § 299 StGB (zuvor in § 12 UWG i. d. F. vom 2. März
1974) sanktioniert. Es ist nicht ersichtlich, daß das Korruptionsbekämpfungsgesetz
solche Absprachen auch durch § 298 StGB erfassen wollte, wenn die
korruptive Vergabe eines Auftrags im Rahmen einer Ausschreibung erfolgt
bzw. daß vertikale Absprachen, die ohne Korruption - gefälligkeitshalber - getroffen
werden, über den bestehenden Strafrechtsschutz der Vermögensdelikte
hinaus dem Tatbestand des § 298 StGB unterfallen sollten.
Hiergegen spricht nicht, daß in der Begründung zu dem Gesetzesentwurf
(BTDrucks. 13/5584 S. 14) ausgeführt ist, daß “gerade die Fälle besonders
strafwürdig (sind), bei denen der Bieter kollusiv mit einem Mitarbeiter des
Veranstalters, dessen Kenntnis dem Veranstalter zugerechnet werden kann,
zusammenarbeitet“. Dieser Satz muß im Zusammenhang mit der unmittelbar
vorausgehende Passage gesehen werden, wonach - entgegen der Gesetzesinitiative
des Bundesrates (BTDrucks. 13/3353 S. 5, 10) - “die zugrundeliegende
rechtswidrige Absprache vor dem Veranstalter der Ausschreibung“ nicht verheimlicht
werden müsse, zumal auch in diesen Fällen der Wettbewerb zum
Nachteil der “nichtkartellangehörigen“ Unternehmen beeinträchtigt werden
könne (BTDrucks. 13/5584 S. 14). Diese Ausführungen setzen bereits eine Absprache
zwischen Kartellmitgliedern voraus. In seiner Beschlussempfehlung
und dem Bericht vom 26. Juni 1997 hat der Rechtsausschuß des Bundestages
ausdrücklich klargestellt, daß mit der Beschränkung auf rechtswidrige Abspra-
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chen nur kartellrechtswidriges Verhalten gemeint ist (BTDrucks. 13/8079
S. 14).
Zwar wurde im Gesetzgebungsverfahren auf die - zu den Tatzeiten in
den Fällen 3 und 4 der Anklage geltenden - §§ 1, 25 GWB a. F. Bezug genommen
(BTDrucks. 13/5584 S. 13, 14), die im Gegensatz zu § 1 GWB n. F.
keine Beschränkung auf miteinander im Wettbewerb stehende Unternehmen
enthielten, vielmehr nach der Rechtsprechung neben den horizontalen Vereinbarungen
(vgl. BGH NJW-RR 1986, 1486, 1487 und nunmehr auch zu § 1
GWB n. F. BGHZ 154, 21, 27 f.) ausnahmsweise auch vertikale Vereinbarungen
mit wettbewerbsbeschränkender Wirkung im Verhältnis einer Partei zu
Dritten erfassen konnten (vgl. BGH WuW 1984, 892, 894 = WuW/E BGH 2088,
2090 - Korkschrot; WuW 1997, 721, 723 = WuW/E BGH 3137, 3139 - Solelieferung;
Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen
Kartellrecht Bd. 1 9. Aufl. GWB § 1 Rdn. 117, 133; zur problematischen Beziehung
des § 298 StGB zu § 1 GWB a. F. vgl. auch Achenbach WuW 1997, 958,
960). Doch war für die Anwendung des § 1 GWB a. F. jedenfalls dann kein
Raum, wenn sich - wie hier - die Beziehung der Parteien in einem Austauschvertrag
über eine Ware oder gewerbliche Leistung erschöpfte und darüber hinaus
keine der Parteien in ihrer wettbewerblichen Handlungsfreiheit im Verhältnis
zur begünstigten Partei oder zu Dritten beschränkt wurde (vgl. BGHZ 68, 6,
7 f.; BGH WuW 1997, 611 = WuW/E BGH 3115 - Druckgußteile; WuW 1997,
617 = WuW/E BGH 3121 - Bedside-Testkarten; Bunte in Langen/Bunte aaO
GWB § 1 Rdn. 133).
(2) Da der Gesetzgeber mit § 298 StGB nur einen "Teilbereich der bisherigen
[Kartell-]Ordnungswidrigkeiten" kriminalisieren, d.h. strafrechtlich erfassen
wollte (BTDrucks. 13/5584 S. 13 f.; Korte NStZ 1997, 513, 516), wird die
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- nach Auffassung des Senats - auf horizontale Absprachen beschränkte Anwendung
der Vorschrift nicht dadurch berührt, daß unter Umständen auch vertikale
Vereinbarungen wettbewerbsrechtlich verboten sind (vgl. Art. 81 EGVertrag
nunmehr i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung [EG]
Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 [ABl. EG 2003 Nr. L 1/7 f.]; s.
auch den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Siebten Gesetz zur Änderung
des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 28. Mai 2004 -
BRDrucks. 441/04, S. 5, 35 f., 39 f., 75); durch sie werden möglicherweise
Bußgeldtatbestände (§ 81 GWB) erfüllt.
(3) Der Senat verkennt nicht, daß beim kollusiven Zusammenwirken eines
einzelnen Anbieters mit einer Person auf der Seite des Veranstalters der
Ausschreibung (vertikale Absprache) der durch das Institut der Ausschreibung
geschützte freie Wettbewerb, die Vermögensinteressen des Veranstalters und
die der unbeteiligten Mitwettbewerber im Einzelfall ebenso betroffen sein können
wie bei einer Kartellabsprache zwischen mehreren Bietern. Dennoch ist
der strafrechtliche Schutz begrenzt; denn rein vertikalen Absprachen fehlt die
für horizontale Submissionsabsprachen, insbesondere für Ringvereinbarungen
im Bauwesen, typische, wirtschaftspolitisch gefährliche Tendenz zur Wiederholung,
die mit § 298 StGB bekämpft werden sollte (vgl. BTDrucks. 13/5584 S.
13; s. auch BRDrucks. 441/04 S. 40 [grundsätzlich geringere wettbewerbspolitische
Schädlichkeit vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen]; Tiedemann aaO
§ 298 Rdn. 6 [“Gegenseitigkeitsprinzip“ bei Submissionsabsprachen]; ders. in
FS für Müller-Dietz [2001] S. 905, 910 f.). Beteiligt sich eine Person auf der
Seite des Veranstalters an der Tat, so kann sie sich allerdings nach § 298
StGB strafbar machen (vgl. dazu unten II 4 c).
- 15 -
c) Im Fall 14 der Anklage liegt eine wettbewerbsbeschränkende Absprache
bei einer Ausschreibung zwischen Bl. als geschäftsführendem Gesellschafter
der A. D. und den Firmen R. GmbH und S. GmbH
als zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen vor (vgl.
auch BGH WuW 1999, 1103 - Beschränkte Ausschreibung). Hieran war der
Angeklagte jedoch nicht als Täter, sondern als Gehilfe beteiligt.
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob nur Kartellmitglieder Täter des
§ 298 StGB sein können, wie dies von einem Teil der Literatur (Dannecker in
NK-StGB § 298 Rdn. 63; Greeve in Greeve/Leipold aaO § 10 Rdn. 100; Tiedemann
aaO § 298 Rdn. 16 ff., 47 f.; aA aber Gierkens/Moosmayer aaO S.
223; Grützner, Die Sanktionierung von Submissionsabsprachen [2003] S. 534
f.; Heine aaO § 298 Rdn. 17; Joecks, StGB Studienkommentar 4. Aufl. § 298
Rdn. 5, 7; König JR 1997, 397, 402; Kosche aaO S. 158 ff.; Mitsch aaO Rdn.
207; Otto wistra 1999, 41, 42; Rössner/Guhra Jura 2001, 403, 410; Schroth,
Strafrecht BT 2. Aufl. S. 155; Tröndle/Fischer aaO Rdn. 17 m.w.N.) vertreten
wird. Denn im Fall 14 ist schon nach den allgemeinen Grundsätzen zur Abgrenzung
zwischen Täterschaft und Teilnahme nur von einer Beihilfe des Angeklagten
auszugehen.
Ob ein Tatbeteiligter eine Tat als Mittäter begeht, ist nach den gesamten
Umständen des Falles in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche
Anhaltspunkte dafür sind der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat,
der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille
dazu (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 2, 14; § 26 Bestimmen
6).
- 16 -
Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe (UA 17 f., 33) ist zu entnehmen,
daß der Angeklagte, der die Abläufe bei manipulativer Erhöhung von
Rechnungen kannte, nicht nur mit den Rechnungsüberhöhungen, sondern
auch mit Kartellabsprachen bei den notwendigen Ausschreibungen rechnete
und diese angesichts seiner Absicht, sich selbst zum Nachteil der gemeinnützigen
Gesellschaften zu bereichern, auch billigend in Kauf nahm. Die Art und
Weise der “Erwirtschaftung“ der ihm zufließenden Gelder überließ er jedoch
Bl. , so daß auch im Fall 14 davon auszugehen ist, daß der Angeklagte
zwar “in den Grundzügen“ über Rechnungsüberhöhungen zum Nachteil der
BIWA als Bauherrin informiert war (UA 20a f., 24, 44, 46), er aber keine Kenntnis
davon hatte, bei welchem der ausgeschriebenen Gewerke eines Bauvorhabens
eine Absprache zwischen Bietern erfolgt war. Daß der Angeklagte neben
Bl. und B. im Submissionstermin das Protokoll mit unterzeichnet hat, ist
insoweit ohne Bedeutung (vgl. § 22 Nr. 4 Abs. 2 Halbs. 2 VOB/A Abschn. 1).
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte im Hinblick auf die konkrete
wettbewerbsbeschränkende Absprache - die ein “verfahrensgebundenes Delikt“
ist (vgl. Walter GA 2001, 131, 140) - weder Tatherrschaft noch den Willen
zur Tatherrschaft. Er war daher nicht Täter.
Bei der Beihilfe muß die Haupttat nur der Art nach, nicht aber konkret
bestimmt sein (vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2 Tatbeitrag 5; BGH, Beschluß vom
2. Dezember 2003 - 4 StR 477/03 [zur Anstiftung]). Da zwar die Idee zur Manipulation
der Rechnungen von Bl. kam (UA 65), der Angeklagte diese aber
dem Tatplan entsprechend erst ermöglichte, indem er die Vergabe des Ingenieurvertrages
an das Planungsbüro von Bl. veranlaßte, hat er sich der Beihilfe
zur wettbewerbsbeschränkenden Absprache bei einer Ausschreibung schuldig
gemacht.
- 17 -
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht
dem nicht entgegen; denn der Angeklagte hätte sich gegen den Vorwurf der
Beihilfe nicht erfolgreicher als gegen den der Mittäterschaft verteidigen können.
Soweit neben der Verurteilung wegen §§ 298, 27 StGB die Beteiligung
an einer Untreue in Betracht kommt, hat der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts
das Verfahren nach § 154 a Abs. 2 StPO beschränkt.
Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs
im Fall 14 der Anklage.
5. In den Fällen 1, 2, 6 bis 13 und 15 der Anklage bedarf die Sache insgesamt
neuer Verhandlung und Entscheidung, wobei die nunmehr erkennende
Strafkammer die angeklagten Taten insbesondere unter dem Gesichtspunkt
einer eigenen Untreue des Angeklagten (vgl. BGHSt 47, 187, 200 ff.) bzw. einer
Beteiligung an Untreuehandlungen des Bl. (vgl. BGH bei Dallinger MDR
1969, 534; BayObLG NJW 1996, 268, 271) zu würdigen haben wird.
Bei der Prüfung der Vermögensbetreuungspflicht und des Vermögensschadens
im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB ist auf die gemeinnützigen Gesellschaften
mbH als selbständige juristische Personen und deren unmittelbaren
Vermögensnachteil abzustellen, wobei als schadensgleiche Vermögensgefährdung
der Bauherren - außer im Fall 5 der Anklage - nicht erst die Bezahlung
der überhöhten Rechnungen in Betracht kommt, sondern vermögensgefährdend
schon die mit den Handwerksunternehmen geschlossenen Verträge (vgl.
BGH NStZ 2003, 540, 541) sein können, soweit sie die von Bl. in die Leistungsverzeichnisse
eingestellten und von den kollusiv mitwirkenden Unternehmen
in ihren Angeboten übernommenen "Luftpositionen“ für tatsächlich
- 18 -
nicht zu erwartende, aber nach dem gemeinsamen Tatplan abzurechnende
Bauleistungen enthielten (vgl. BGH wistra 2003, 457, 458).
Nach den bisherigen Feststellungen ist bei den Taten zum Nachteil der
BIWA von einer Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten auszugehen,
bei den Taten zum Nachteil der JBB und der JBO liegt eine solche zumindest
nahe, ohne daß es - entgegen der im gegenständlichen Verfahren vom OLG
Hamm (Beschluß vom 28. Februar 2002 - 3 Ws 102/02) vertretenen Rechtsauffassung
- darauf ankommen würde, ob der Angeklagte als Vereinsvorstand neben
dem als Geschäftsführer aktiven B. faktischer Geschäftsführer der
gemeinnützigen Gesellschaften war (BGH NStZ 1996, 540; Tiedemann in
Scholz GmbH-Gesetz 9. Aufl. Vor § 82 Rdn. 25; einschränkend Schünemann in
LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 128 und Kohlmann in Hachenburg GmbH-Gesetz 8.
Aufl. Vor § 82 Rdn. 310); denn der Treubruchtatbestand des § 266 Abs. 1 2.
Alt. StGB knüpft nicht an die formale Position des Geschäftsführers an, sondern
an die tatsächliche Verfügungsmacht über ein bestimmtes Vermögen,
wenn damit ein schützenswertes Vertrauen in eine pflichtgemäße Wahrnehmung
der Vermögensinteressen verbunden ist (BGH NStZ 1996, 540 mit zust.
Anm. Geerds JR 1997, 340; BGH NStZ 1999, 558; Busch, Konzernuntreue
[2004] S. 78 f. m.w.N.).
a) In den Fällen 1, 2 und 15 der Anklage wurde die BIWA geschädigt.
Nach den getroffenen Feststellungen war der Verein INBA e.V. Alleingesellschafter
dieser Gesellschaft, die dem Vereinszweck des INBA e.V. diente. Deren
Geschäftsführer B. war zugleich Vorstandsmitglied des Vereins, der
die Gesellschaft beherrschte. Die Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten
als Vorstandsvorsitzender des Vereins INBA e.V. gegenüber der BIWA beruht
auf seiner in diesem Unternehmen ausgeübten Dominanz, die ihm die tat-
19 -
sächliche Möglichkeit eröffnete, auf das GmbH-Vermögen zuzugreifen und im
Rahmen der Vergabe der Ingenieurverträge zu bestimmen, wer den Auftrag
erhielt (vgl. BGH NStZ 1996, 540; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 19).
Wenn auch nach den Feststellungen nicht ersichtlich ist, daß die Existenz der
BIWA durch das Verhalten des Angeklagten gefährdet war (vgl. hierzu BGHZ
149, 10, 17; 150, 61, 67; 151, 181, 186; BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - 5 StR
73/03 S. 22, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt), so kann der Tatbestand
des § 266 Abs. 1 StGB jedenfalls dann vorliegen, wenn - wie hier - ein vertretungsberechtigtes
Organ des herrschenden Unternehmens (hier: des Vereins
INBA e.V.) dem Gesellschafterinteresse zuwider das Vermögen des dienenden
Unternehmens (hier: der BIWA) eigenmächtig und eigennützig vorsätzlich
schädigt (vgl. hierzu BGHZ 65, 15, 20; 150, 61, 68).
b) Auch bei den Fällen 8 bis 13 der Anklage, in denen die JBB geschädigt
wurde, könnte eine entsprechende Treuepflicht des Angeklagten vorliegen.
Gesellschafter dieser GmbH war zwar neben der BIWA auch das Deutsche
Jugendherbergswerk (DJH). Doch selbst wenn die BIWA keine Mehrheitsgesellschafterin
gewesen sein sollte, kann sie allein (vgl. BGHZ 90, 381, 394 ff.;
135, 107, 114) oder gemeinsam mit dem Mitgesellschafter (vgl. BGHZ 62, 193,
199 ff.; Emmerich in Scholz GmbH-Gesetz 9. Aufl., Anhang Konzernrecht
Rdn. 27 f.) aufgrund ihrer Gesellschafterstellung namentlich im Rahmen der
Baukommission JBB beherrschend gewesen sein. Bei der Baukommission
handelte es sich nach den Feststellungen um eine Konsensgruppe der BIWA
und des DJH, die bei Beginn des Bauprojekts zur Durchführung der Investitionsmaßnahmen
gegründet wurde. Der Angeklagte, der an allen maßgeblichen
Entscheidungsprozessen beteiligt war (UA 8), übernahm dabei im Hinblick auf
die BIWA vertraglich deren “verantwortliche Vertretung und Mitwirkung in der
- 20 -
Baukommission“ (UA 35 f.). Ihre Einflußmöglichkeit auf die Geschäftsführung
der JBB sowie der dem Angeklagten bei der Vertretung der BIWA tatsächlich
zukommende Einfluß ist im Urteil nicht näher erörtert. Dies wird der neue Tatrichter
zur Feststellung einer möglichen Treuepflicht des Angeklagten gegenüber
dem Vermögen der JBB nachzuholen haben.
c) In den Fällen 6 und 7 der Anklage, in denen die JBO - trotz öffentlicher
Ausschreibung - den vom Angeklagten gewünschten und von Bl. entsprechend
instruierten Firmen N. GmbH und Sch. GmbH aufgrund
manipulierter Leistungsverzeichnisse ("stille Reserven“) den Zuschlag erteilte
(UA 33), wird die nunmehr erkennende Strafkammer, wenn keine horizontale
Absprache (§ 298 Abs. 1 StGB) feststellbar sein sollte, eine schadensgleiche
Vermögensgefährdung der JBO und damit eine Strafbarkeit wegen einer Beteiligung
an Betrug oder Untreue zu prüfen haben.
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanovi Sost-Scheible
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja (nur II 4)
Veröffentlichung: ja
StGB § 298 Abs. 1
Eine “rechtswidrige Absprache“ im Sinne des § 298 Abs. 1 StGB liegt nur bei
einer kartellrechtswidrigen Absprache zwischen miteinander im Wettbewerb
stehenden Unternehmen vor.
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BGH, Beschluß vom 22.06.2004 - 4 StR 428/03 - LG Bielefeld



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