BGH,
Beschl. v. 23.4.2002 - 5 StR 122/02
5 StR 122/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 23. April 2002
in der Strafsache gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. April 2002
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S wird das Urteil des Landgerichts
Dresden vom 26. November 2001 gemäß § 349
Abs. 4 StPO im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben, soweit es diesen Angeklagten betrifft.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349
Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei
Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubter
Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine hiergegen
eingelegte Revision ist hinsichtlich des Schuldspruchs aus den
Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Seine
Revision führt jedoch im Rechtsfolgenausspruch zur Aufhebung
des landgerichtlichen Urteils.
Das Landgericht hat die Voraussetzungen des § 64 StGB nicht
geprüft. Dies hätte sich aber im vorliegenden Fall
aufgedrängt, weil der Angeklagte nach den
Urteilsfeststellungen seit 1992 - mit Unterbrechungen - in erheblichem
Umfang Drogen zu sich nahm. Innerhalb des letzten Jahres vor seiner
Verhaftung hat er den Konsum von Crystal, Ecstasy und Kokain noch
verstärkt. Die ausgeurteilten Taten dienten - jedenfalls
teilweise - auch dem Erwerb von Rauschgift zur Befriedigung seiner
Sucht. Bei dieser Sachlage hätte das Landgericht
erörtern müssen, ob bei dem Angeklagten ein Hang im
Sinne des § 64 StGB besteht (vgl. BGHR StGB § 64
Anordnung 1). Eine hinreichend konkrete Aussicht eines
Behandlungserfolges (vgl. BVerfGE 91, 1) besteht auf der Grundlage der
Feststellungen des Landgerichts jedenfalls. Der Umstand, daß
sich der Angeklagte schon in der Untersuchungshaft um einen
Therapieplatz bemüht hat, kann für seine Bereitschaft
sprechen, sich einer Drogentherapie zu unterziehen.
Der Erörterungsmangel nötigt im vorliegenden Falle
zur Aufhebung des gesamten Strafausspruches, weil nicht ausgeschlossen
werden kann, daß dadurch auch die Strafzumessung
beeinflußt wurde. Der neue Tatrichter wird eingehend zu
prüfen haben, ob angesichts des Gewichts der
angeführten Milderungsgründe bei dem Angeklagten
jeweils von dem Strafrahmen eines minder schweren Falles auszugehen
sein wird (vgl. BGHR BtMG § 30 Abs. 2 Strafrahmenwahl 1 bis 4).
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