BGH,
Beschl. v. 23.4.2003 - 2 StR 65/03
2 StR 65/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
23. April 2003
in der Strafsache gegen
wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 23. April 2003 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Hanau vom 13. November 2002 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit
eine Entscheidung über die Anordnung der Unterbringung des
Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung
formellen und sachlichen Rechts.
Das Rechtsmittel ist zum Schuld- und Strafausspruch
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Aufzuheben ist das Urteil jedoch, soweit eine Entscheidung zur Frage
der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
gemäß § 64 StGB unterblieben ist.
Nach den Feststellungen ist der Angeklagte mindestens seit 1991
heroinabhängig. Nach drogenfreien Zeiten wurde er immer wieder
rückfällig. Er ist bereits wegen eines
Betäubungsmitteldelikts und wegen mehrerer Beschaffungstaten
vorbestraft, die abgeurteilte Tat steht mit seiner Sucht im
Zusammenhang. Angesichts dieser Feststellungen hätte der
Tatrichter prüfen und entscheiden müssen, ob beim
Angeklagten die Gefahr besteht, daß er auch in Zukunft
infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die
Unterbringung nach § 64 StGB ist zwingend anzuordnen, wenn die
rechtlichen Voraussetzungen der Maßregel gegeben sind (st.
Rspr. vgl. BGH bei Detter NStZ 2003, 133, 135; 2002, 415, 419). Es ist
nicht erforderlich, daß zumindest eine verminderte
Schuldfähigkeit des Täters gemäß
§ 21 StGB feststeht. Eine suchtbedingte Abhängigkeit
kann auch dann die Annahme eines Hanges im Sinne des § 64 StGB
begründen, wenn sie nicht den Schweregrad einer seelischen
Störung im Sinne der §§ 20, 21 StGB erreicht
(BGH, Beschl. v. 29. Januar 2003 - 1 StR 500/02; vgl. auch
Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 64 Rdn. 3 m. w. N.).
Daß bei dem Angeklagten keine hinreichend konkrete Aussicht
eines Behandlungserfolgs besteht, ist nicht ersichtlich. Die
festgestellte Persönlichkeitsstörung selbst
rechtfertigt ein Absehen von der Maßregel nicht. Der
Nachholung der Unterbringungsanordnung steht nicht entgegen,
daß nur der Angeklagte Revision eingelegt hat. Die
Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht hat der
Beschwerdeführer auch nicht vom Rechtsmittelangriff
ausgenommen.
Der Senat kann ausschließen, daß das Landgericht
bei Anordnung der Unterbringung eine geringere Strafe verhängt
hätte.
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