BGH,
Beschl. v. 23.4.2010 - AK 2/10
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
___________
AK 2/10
vom
23. April 2010
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
______________________________
AWG § 34 Abs. 4 Nr. 2 idF vom 26. Juni 2006
EG-VO 423/2007 Art. 7 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3
Zur Strafbarkeit nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF wegen
Zuwiderhandelns gegen das Umgehungsverbot des Art. 7 Abs. 4 i. V. m.
Abs. 3 Verordnung (EG) 423/2007 vom 19. April 2007
(Iran-Embargo-Verordnung).
BGH, Beschluss vom 23. April 2010 - AK 2/10 - Ermittlungsrichter des
Bundesgerichtshofs
- 2 -
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz
- 3 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts sowie des Angeschuldigten und seines Verteidigers
am 23. April 2010 gemäß §§ 121,
122 StPO beschlossen:
1. Der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes vom
17. Oktober 2009 (1 BGs 240/09) wird aufgehoben.
2. Der Angeschuldigte ist unverzüglich freizulassen.
Gründe:
Der Angeschuldigte wurde am 16. Oktober 2009 vorläufig
festgenommen und befindet sich aufgrund des Haftbefehls des
Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 2009 - 1 BGs
240/09 - seit diesem Tag in Untersuchungshaft. Mit Anklageschrift vom
19. März 2010 hat der Generalbundesanwalt gegen den
Angeschuldigten und den Mitangeschuldigten Dr. S. Anklage zum
Oberlandesgericht Düsseldorf erhoben. Über die
Eröffnung des Hauptverfahrens und den Antrag des
Generalbundesanwalts auf Erlass eines Haftbefehls nach
Maßgabe des Anklagesatzes hat das Oberlandesgericht noch
nicht entschieden.
1
Der dem Haftbefehl zugrunde liegende Sachverhalt kann die Fortdauer der
Untersuchungshaft nicht rechtfertigen. Der Haftbefehl des
Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs ist deshalb aufzuheben.
2
- 4 -
I.
1. Im Haftbefehl wird dem Angeschuldigten zur Last gelegt,
gewerbsmäßig handelnd einer in Anhang IV zur
Verordnung (EG) Nr. 423/2007 vom 19. April 2007 (im Folgenden:
Iran-Embargo-VO) gelisteten Einrichtung eine wirtschaftliche Ressource
zur Verfügung gestellt und damit einem im Bundesanzeiger
veröffentlichten, unmittelbar geltenden Bereitstellungsverbot
eines Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaft
zuwidergehandelt zu haben, der der Durchführung einer vom Rat
der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen
Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen
Sanktionsmaßnahme dient; die Tat sei geeignet gewesen, die
auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland
erheblich zu gefährden (strafbar gemäß
§ 34 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 6 Nr. 2 und Nr. 4 Buchst. c AWG i. V.
m. Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO). Dem Angeschuldigten wird
vorgeworfen, gemeinschaftlich mit dem gesondert verfolgten K. und dem
Mitangeschuldigten Dr. S. der Shahid Hemmat Industrial Group (im
Folgenden: SHIG) - einer Beschaffungsstelle des iranischen
Raketenprogramms - im Juli 2007 einen in der F. GmbH (im Folgenden: F.
) in Deutschland hergestellten Keramiksinterofen im Wert von 1,1 Mio.
€ geliefert zu haben.
3
2. Die weiteren Ermittlungen haben eine Auslieferung des Ofens an die
SHIG nicht bestätigt. Vielmehr ist - in
Übereinstimmung mit der Anklageschrift, auf deren
Ausführungen zur Verdachtslage der Senat Bezug nimmt - von
folgendem Sachverhalt auszugehen:
4
Der im Iran ansässige Angeschuldigte, der allein die iranische
Staatsangehörigkeit besitzt, erhielt im Frühjahr 2004
von V. , dem Verantwortlichen einer getarnten Forschungseinrichtung
für die iranische Raketenproduktion, den Auftrag,
über die von ihm betriebene Gesellschaft E.
5
- 5 -
(im Folgenden: E. ), einen Vakuumofen zu beschaffen.
Vakuumöfen werden zum Sintern von keramischen Werkstoffen
eingesetzt und sind für eine Verwendung bei der Entwicklung
und Herstellung von Raketenteilen geeignet. Innerhalb des iranischen
Raketenprogramms hatten sich die Verantwortlichen darauf
verständigt, solche Keramiktechnologie bei der Fortentwicklung
weit reichender Raketensysteme einzusetzen. Endempfänger des
Ofens sollte, was der Angeschuldigte wusste, die SHIG sein. Diese ist
eine Unterorganisation der zentralen Beschaffungsstelle des iranischen
Raketenprogramms, der Aerospace Industries Organisation, von der V.
einen dementsprechenden Beschaffungsauftrag erteilt bekommen hatte.
Über den in Deutschland ansässigen Mitangeschuldigten
Dr. S. wandte sich der Angeschuldigte an den gesondert verfolgten K. ,
den Geschäftsführer der F. , die solche Öfen
herstellt. Die zunächst im Jahr 2004 ins Stocken geratenen
Verhandlungen, in deren Verlauf der Angeschuldigte dem gesondert
verfolgten K. eine unzutreffende, auf eine zivile Nutzung des Ofens
hinweisende Endverbleibserklärung der E. übersandt
hatte, wurden ab dem Jahr 2006 fortgesetzt. Der Angeschuldigte traf
sich im August 2006 und am 14. März 2007 mit Dr. S. und K. in
Deutschland; beim zweiten Treffen schlossen der Angeschuldigte und K.
einen Vertrag über die Lieferung eines Vakuumofens der F. an
die E. . Bereits zuvor, im Januar 2007, hatte die F. auf ihren Antrag
zur Genehmigung der Ausfuhr vom zuständigen Bundesamt
für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) den Bescheid
erhalten, dass die Lieferung des Ofens, der ausweislich des Antrags der
F. in der Porzellanindustrie Verwendung finden sollte, an die E. nicht
genehmigungspflichtig sei (sog. Nullbescheid). Während es der
Mitangeschuldigte Dr. S. bereits von Beginn der Ge-
6
- 6 -
schäftsanbahnung an für möglich hielt, dass
der Ofen für das iranische Raketenprogramm bestimmt war, und
dies im Hinblick auf die in Aussicht genommene Provision billigend in
Kauf nahm, hatte der gesondert verfolgte K. keine Kenntnis von der
Bestimmung des Ofens für die Herstellung von Raketenteilen.
Nach Vertragsabschluss und Erteilung des Nullbescheids trat am 20.
April 2007 das Iran-Embargo in Kraft, das am 8. Mai 2007 im
Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. Gleichwohl
führte die F. , ohne beim BAFA nochmals um eine Genehmigung
nachzusuchen, den Ofen im Juli 2007 an die E. in den Iran aus.
7
In der Folgezeit bemühte sich der Angeschuldigte in einer
Industriehalle in Teheran, die Voraussetzungen für die
Inbetriebnahme des Ofens zu schaffen. Vom 3. bis 14. März 2008
reisten Mitarbeiter der F. auf Veranlassung des Angeschuldigten in den
Iran, um den Ofen bei der E. in den vertraglich vereinbarten
Probebetrieb zu nehmen. Die dafür nach der Iran-Embargo-VO
erforderliche Genehmigung hatte K. zuvor nicht eingeholt. Die Techniker
stellten den Ofen vor Ort auf; die für den Funktionsbetrieb
erforderliche Software installierten sie dabei jedoch nicht. Nachdem
das BAFA den gesondert verfolgten K. mit Schreiben vom 13.
März 2008 darauf hingewiesen hatte, dass die E. im Verdacht
stehe, Beschaffungen für das iranische
Trägertechnologieprogramm durchzuführen, leistete die
F. keine weitere technische Unterstützung mehr. Deshalb
scheiterte letztlich auch die vom Angeschuldigten geplante
Weiterveräußerung des noch nicht
funktionsfähigen Ofens an die SHIG.
8
- 7 -
II.
1. Ausgehend von dieser gegenüber dem Zeitpunkt des Erlasses
des Haftbefehls geänderten Verdachtslage hat sich der
Angeschuldigte im Zusammenhang mit der Lieferung des Ofens an die E.
nicht wegen eines Verstoßes gegen das AWG strafbar gemacht.
9
a) Es besteht kein dringender Verdacht, dass sich der Angeschuldigte
als Mittäter oder Teilnehmer an einem Ausfuhrdelikt beteiligt
hat. Die von dem gesondert verfolgten K. veranlasste Ausfuhr des Ofens
in den Iran war - wovon auch der Generalbundesanwalt in seiner
Anklageschrift ausgeht - weder nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 AWG noch
nach § 34 Abs. 2 AWG (jew. idF vom 26. Juni 2006, im Folgenden
aF) strafbar.
10
Zwar hatte der der F. im Januar 2007 erteilte Nullbescheid durch das
Inkrafttreten der Iran-Embargo-VO am 20. April 2007 formal seine
Wirkung verloren und war die Ausfuhr des von der Position II.A.2.005
des Anhangs II der Verordnung erfassten Ofens in den Iran fortan -
unabhängig vom Empfänger - gemäß
Art. 3 Abs. 1 Iran-Embargo-VO genehmigungspflichtig. Eine Genehmigung
hatte der gesondert verfolgte K. beim BAFA nicht eingeholt. Ein
Verstoß gegen diese Genehmigungspflicht war im Zeitpunkt der
Ausfuhr indes nicht unter Strafe gestellt. Denn die zur Tatzeit
geltende Fassung des § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG vom 26. Juni 2006
nahm lediglich auf die in den Embargovorschriften enthaltenen Verbote
(Ausfuhr-, Bereitstellungsverbote etc.) Bezug, hingegen wurde ein
Verstoß gegen einen Genehmigungsvorbehalt, wie ihn Art. 3
Abs. 1 Iran-Embargo-VO enthält, von dieser Strafvorschrift
nicht erfasst. Der Verstoß gegen den Genehmigungsvorbehalt
wurde vielmehr erst mit Einführung des § 69 o Abs. 6
AWV durch die 80. AWV-ÄnderungsVO vom 16. August 2007
(veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 22. August 2007), mithin
nach der ver-
11
- 8 -
fahrensgegenständlichen Ausfuhr über § 70 a
Abs. 2 Nr. 8 AWV der Strafbewehrung nach § 34 Abs. 4 Nr. 1
Buchst. b AWG aF unterstellt.
Bis dahin kam eine Strafbarkeit wegen eines Ausfuhrdelikts nur nach
§ 34 Abs. 2, § 33 Abs. 4 AWG aF i. V. m. §
70 Abs. 5 a (hier: Nr. 3) AWV aF in Betracht, wenn Güter mit
doppeltem Verwendungszweck entgegen den Regelungen der Verordnung (EG)
Nr. 1334/2000 (Dual-Use-VO) ohne die erforderliche Genehmigung
ausgeführt wurden. Da der hier in Rede stehende Ofen nicht in
der Dual-Use-VO gelistet ist, richtete sich die
Genehmigungsbedürftigkeit seiner Ausfuhr nach der damaligen
Rechtslage nach Art. 4 Dual-Use-VO. Gemäß der hier
allein in Betracht kommenden Regelung des Art. 4 Abs. 4 Dual-Use-VO ist
der Ausführer verpflichtet, vor der Ausfuhr nicht gelisteter
Güter, die nach seiner positiven Kenntnis für
bestimmte militärische Verwendungen bestimmt sind, das BAFA zu
unterrichten, das sodann über die Genehmigungspflicht zu
entscheiden hat. Eine solche positive Kenntnis im Sinne eines direkten
Vorsatzes ist nach den bisherigen Erkenntnissen dem für die
Ausfuhr verantwortlichen gesondert verfolgten K. jedoch nicht
nachzuweisen, so dass es im Zusammenhang mit der Ausfuhr des Ofens an
einem strafbaren Verhalten des K. , an dem sich der Angeschuldigte als
Mittäter oder Teilnehmer beteiligt haben könnte,
fehlt.
12
Die Strafvorschrift des § 34 Abs. 2 AWG aF stellt, soweit sie
in Verbindung mit Art. 4 Abs. 4 Dual-Use-VO Anwendung findet, zudem ein
Sonderdelikt dar, da der Genehmigungsvorbehalt des Art. 4 Abs. 4
Dual-Use-VO nicht an den tatsächlichen Vorgang der Ausfuhr
(vgl. BGH NJW 1992, 3114), sondern unmittelbar an die
Ausführereigenschaft anknüpft (Bieneck in Bieneck,
Handbuch AWR § 24 Rdn. 14). Gemäß Art. 2
Buchst. c Satz 1 Dual-Use-VO ist Ausführer jedoch nur
derjenige, der zum Zeitpunkt der Entgegennahme der Anmel-
13
- 9 -
dung Vertragspartner des Empfängers im Drittland ist und
über die Versendung der Güter aus dem Zollgebiet der
Gemeinschaft bestimmt. Diese Eigenschaft wies im vorliegenden Fall nur
der gesondert verfolgte K. auf, nicht hingegen der Angeschuldigte. Dem
Angeschuldigten fehlte sonach die erforderliche
Täterqualität für dieses Ausfuhrdelikt, so
dass auch aus diesem Grunde eine Strafbarkeit als Mittäter
oder mittelbarer Täter nicht in Betracht gekommen
wäre (Fischer, StGB 57. Aufl. § 25 Rdn. 6 und 16).
b) Es liegen auch keine dringenden Anhaltspunkte dafür vor,
dass der Angeschuldigte als (Mit- oder mittelbarer) Täter dem
Verbot des Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO, einer in Anhang IV der
Verordnung gelisteten Einrichtung unmittelbar oder mittelbar
wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen,
zuwidergehandelt oder sich an einer solchen Tat eines Dritten beteiligt
und sich deshalb wegen eines Verstoßes gegen § 34
Abs. 4 Nr. 2 AWG aF strafbar gemacht hat.
14
aa) Eine Strafbarkeit scheidet allerdings nicht bereits deshalb aus,
weil § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF nur Zuwiderhandlungen gegen ein
Bereitstellungsverbot pönalisiert, Art. 7 Abs. 3
Iran-Embargo-VO aber nicht das "Bereitstellen", sondern das
"Zur-Verfügung-Stellen" von wirtschaftlichen Ressourcen
untersagt. Obwohl sich insoweit der Wortlaut der Blankettnorm und der
ausfüllenden Norm nicht decken, ist der Sinngehalt der beiden
Tatbestandsmerkmale identisch, so dass Verstöße
gegen Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO der Strafbewehrung des §
34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF unterfallen.
15
Dem steht nicht entgegen, dass in Verbotsnormen der Iran-Embargo-VO
nicht nur der Begriff des "Zur-Verfügung-Stellens", sondern
auch derjenige des "Bereitstellens" - etwa in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a
und c - Verwendung findet. Zwar spricht diese Differenzierung durchaus
für einen unterschiedlichen Bedeu-
16
- 10 -
tungsgehalt der Begriffe, zumal auch in der englischen Fassung der
Iran-Embargo-VO in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und c ("to provide") und in
Art. 7 Abs. 3 ("made available") die Begriffswahl nicht identisch ist.
Indes zeigt der Blick in andere EU-Embargo-Verordnungen, dass der
unterschiedliche Wortlaut der Verbotsnormen in der deutschen Fassung
der Iran-Embargo-VO keiner Gesetzessystematik geschuldet, sondern
ersichtlich auf Ungenauigkeiten bei der Übertragung des
Verordnungstextes in die deutsche Sprache
zurückzuführen ist. Denn die englische Formulierung
"no funds or economic ressources shall be made available", wie sie auch
in Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO verwendet wird, wird in anderen
EU-Embargo-Verordnungen in vergleichbaren Zusammenhängen
gebraucht und in den jeweiligen deutschen Fassungen nicht nur mit
"Zur-Verfügung-Stellen" (so etwa auch in Art. 2 Abs. 2 und 3
Verordnung (EG) Nr. 881/2002) sondern gleichermaßen mit
"Bereitstellen" (so etwa in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Verordnung (EG) Nr.
2580/2001 und in Einl. Nr. 2 der Verordnung (EG) 881/2002)
übersetzt. Dies spricht dafür, den Begriffen des
"Bereitstellens" und des "Zur-Verfügung-Stellens" den selben
Sinngehalt zuzuschreiben (vgl. Dahme, Terrorismusbekämpfung
durch Wirtschaftssanktionen S. 113 f.).
Der das deutsche Strafrecht beherrschende Grundsatz, dass die Auslegung
eines Tatbestandsmerkmals die Grenze des äußersten
Sinngehalts seines Wortlauts nicht überschreiten darf, steht
diesem Ergebnis nicht entgegen. Vielmehr wird auch im deutschen
Sprachgebrauch "bereitstellen" gleichgesetzt mit "zur
Verfügung stellen" (vgl. Duden, Deutsches
Universalwörterbuch 6. Aufl.; Grimm, Deutsches
Wörterbuch Bd. 25), mithin den Begriffen eine
übereinstimmende Bedeutung beigemessen.
17
- 11 -
bb) Die Lieferung des Ofens an die E. erfüllt jedoch weder die
Voraussetzungen eines vollendeten noch eines versuchten unmittelbaren
oder mittelbaren Bereit- bzw. Zur-Verfügung-Stellens einer
wirtschaftlichen Ressource (vgl. BGH, Beschl. vom 8. September 2008 -
StB 19/08) an eine im Anhang IV der Iran-Embargo-VO gelistete
Einrichtung.
18
(1) Zwar ist die SHIG unter Nr. 21 des Anhangs IV in der
Iran-Embargo-VO gelistet. Eine Tatvollendung im Sinne eines
unmittelbaren Bereitstellens des Ofens an diese Einrichtung liegt indes
nicht vor. Denn das Bereitstellungsverbot des Art. 7 Abs. 3
Iran-Embargo-VO bezieht sich auf den tatsächlichen Vorgang des
Zur-Verfügung-Stellens, also auf den Realakt, der dazu
führt, dass der gelisteten Person oder der Einrichtung ein
wirtschaftlicher Vorteil zu Gute kommt (vgl. Dahme aaO S. 117 f.;
Morweiser in Wolffgang/Simonsen, AWR-Kommentar § 34 Abs. 4 AWG
Rdn. 90). Tatsächlich ist der Ofen bei der SHIG jedoch nicht
angelangt.
19
Die Lieferung des Ofens an die E. erfüllt auch nicht die
Voraussetzungen eines mittelbaren Bereitstellens im Sinne des Art. 7
Abs. 3 Iran-Embargo-VO. Ein solches kann gegeben sein, wenn
wirtschaftliche Ressourcen an nicht gelistete Dritte geliefert werden,
die zur Weitergabe an die gelisteten Personen oder Organisationen
bereit sind (vgl. Bieneck AW-Prax 2002, 348, 349). Zwar hatte der
Angeschuldigte grundsätzlich vorgesehen, den Vakuumofen
über die von ihm geführte E. an die SHIG weiter zu
veräußern; Voraussetzung war jedoch, dass der Ofen
funktionstüchtig war. Gerade am Fehlen dieser Voraussetzung
ist die Weiterveräußerung vorliegend gescheitert. In
dieser Konstellation kann die Lieferung an die E. , die ein
selbständiges Veräußerungsgeschäft
mit der SHIG nur unter bestimmten Voraussetzungen durchführen
konnte und wollte, nicht bereits als vollendetes mittelba-
20
- 12 -
res Bereitstellen im Sinne des Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO angesehen
werden. Ziel des Bereitstellungsverbots ist die Verhinderung des
Zugriffs der gelisteten Personen oder Einrichtungen auf Gelder und
wirtschaftliche Ressourcen; ihnen soll die materielle Grundlage ihrer
Tätigkeit entzogen oder vorenthalten werden (vgl. Dahme aaO S.
118). Wenn sie aber bei der Einschaltung eines
Zwischenhändlers nicht ohne weiteres auf die dort angelangten
Waren zugreifen können, fehlt es an einer Verbesserung ihrer
materiellen Grundlage. In der Lieferung an einen Dritten kann somit nur
dann ein bereits vollendetes mittelbares Bereitstellen im Sinne des
Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO liegen, wenn es im Belieben der
gelisteten Person oder Einrichtung steht, auf die Gelder oder die
wirtschaftliche Ressource zuzugreifen. Dies ergeben die Ermittlungen
nicht.
Schließlich stellt auch der Abschluss eines Kauf- oder
Liefervertrags zwischen dem Lieferanten eines Gutes und dem gelisteten
Endverwender und damit erst recht eine entsprechende vertragliche
Vereinbarung, die - wie hier - nur zwischen dem Lieferanten und einem
Zwischenhändler zustande gekommen ist, für sich
genommen kein vollendetes unmittelbares oder mittelbares Bereitstellen
einer wirtschaftlichen Ressource an die gelistete Einrichtung dar, da
der bloße vertragliche Anspruch auf Auslieferung des
erworbenen Gegenstands, dessen Erfüllung dem Dritten untersagt
ist, noch keinen materiellen Vorteil für den gelisteten
Empfänger im oben dargelegten Sinn bedeutet (Dahme aaO S. 118).
21
(2) Die Tat ist aber auch noch nicht in das Stadium des strafbaren
Versuchs gelangt, da der Angeschuldigte noch nicht zur Verwirklichung
des Tatbestandsmerkmals Bereitstellen unmittelbar angesetzt hatte.
22
- 13 -
Die Teilnahme des Angeschuldigten an Vertragsverhandlungen mit dem
gesondert verfolgten K. und dem Mitangeschuldigten Dr. S. im August
2006 und der ebenfalls in Deutschland erfolgte Abschluss des Vertrags
vom März 2007 über den Verkauf und die Lieferung des
Ofens an die E. scheiden schon deshalb als taugliche Versuchshandlungen
einer Straftat nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF i. V. m. Art. 7
Abs. 3 Iran-Embargo-VO aus, weil sie zeitlich vor dem Inkrafttreten der
Iran-Embargo-VO lagen, es mithin an einer Strafbewehrung fehlte.
23
Aber auch die von Deutschland aus veranlasste Ausfuhr und Lieferung des
Ofens in den Iran stellt in der hier gegebenen Fallkonstellation
lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung für das
geplante Bereitstellen des Ofens an die gelistete Einrichtung dar.
24
Ein unmittelbares Ansetzen zur Tat im Sinne des § 22 StGB
liegt bei Handlungen des Täters vor, die nach dem Tatplan der
Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals unmittelbar vorgelagert sind
und im Falle ungestörten Fortgangs ohne Zwischenakte in die
Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden sollen (Fischer aaO
§ 22 Rdn. 10). Nach den bisherigen Erkenntnissen nahm der
Angeschuldigte im Geltungsbereich des StGB keine Handlungen vor, durch
die er nach seinen Vorstellungen unmittelbar zum Bereitstellen des
Ofens an die SHIG ansetzte. Vielmehr ging sein Tatplan dahin, der SHIG
den Ofen in funktionsfähigem Zustand zu überlassen.
Dieser Zustand sollte jedoch erst durch den Aufbau des Ofens und nach
dessen probeweiser Inbetriebnahme in der Betriebsstätte der E.
im Iran hergestellt werden. Erst im Anschluss daran hätte nach
der Vorstellung des Angeschuldigten der Ofen durch die E. der SHIG
bereitgestellt werden sollen. Da - wie dargelegt - bei dem
Tatbestandsmerkmal des Bereitstellens von Ressourcen an den
25
- 14 -
Realakt, also den materiellen Transfer des Gutes anzuknüpfen
und es das Ziel des Bereitstellungsverbots ist, den gelisteten Personen
oder Einrichtungen in tatsächlicher Hinsicht die materiellen
Grundlagen ihrer Tätigkeit vorzuenthalten, hätte der
Angeschuldigte zu einer Tathandlung im Sinne des Art. 7 Abs. 3
Iran-Embargo-VO nach seinem Tatplan daher frühestens dann
unmittelbar angesetzt, wenn er den Ofen von der E. auf den Weg zum
gelisteten Empfänger gebracht oder für diesen zur
unmittelbaren Abholung bereit gestellt hätte. Da es nach den
bisherigen Erkenntnissen hierzu nicht kam, befand sich die Tat in Bezug
auf die geplante Bereitstellung an die gelistete Einrichtung noch im
straflosen Vorbereitungsstadium. Entsprechende
versuchsbegründende Handlungen des Angeschuldigten im Iran
wären im Übrigen als Tathandlungen eines
Ausländers im Ausland weder nach § 35 AWG noch
gemäß § 7 StGB vom Geltungsbereich des
deutschen Strafrechts erfasst.
(3) Der Angeschuldigte hat sich auch nicht täterschaftlich
oder als Teilnehmer an einer versuchten Straftat nach § 34
Abs. 4 Nr. 2 AWG aF i. V. m. Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO des
gesondert verfolgten K. beteiligt. An einem entsprechenden strafbaren
Verhalten des K. fehlt es nach den Ermittlungen bereits deshalb, weil
dieser bei Veranlassung des Transports des Ofens in den Iran weder
wusste noch es für möglich hielt und billigte, dass
Endabnehmer der Ware eine in der Iran-Embargo-VO gelistete Einrichtung
sein sollte. Darüber hinaus lag aus den oben dargelegten
Gründen nach der Vorstellung des Angeschuldigten in der
Versendung des Ofens an die E. noch kein versuchtes Bereitstellen an
die SHIG, so dass auch dem Angeschuldigten insoweit der Vorsatz
für ein strafbares Handeln als mittelbarer Täter
fehlte.
26
- 15 -
(4) Schließlich liegen auch keine dringenden Anhaltspunkte
dafür vor, dass sich der Angeschuldigte mit dem gesondert
verfolgten K. und/oder dem Mitbeschuldigten Dr. S. zur
mittäterschaftlichen Begehung eines Verbrechens des
gewerbsmäßigen Bereitstellens einer wirtschaftlichen
Ressource an eine in der Iran-Embargo-VO gelistete Einrichtung
verabredet und sich deshalb gemäß § 30 Abs.
2 StGB i. V. m. § 34 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 6 Nr. 2 (und 4 Buchst.
c) AWG aF, Art. 7 Abs. 3 Iran-Embargo-VO strafbar gemacht hat. Eine
entsprechende Verabredung während der Vertragsverhandlungen
oder bei Abschluss des Kauf- und Liefervertrags im März 2007
unterlag, da die Iran-Embargo-VO noch nicht in Kraft getreten und im
Bundesanzeiger veröffentlicht war, nicht der Strafbewehrung
nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF. Im Übrigen fehlte es -
wie bereits dargelegt - dem gesondert verfolgten K. nach den bisherigen
Erkenntnissen an dem erforderlichen Tatvorsatz. Dem Mitangeschuldigten
Dr. S. kam im Hinblick auf das vom Angeschuldigten geplante
Bereitstellen des Ofens an die SHIG nach Aktenlage nur die Rolle eines
Gehilfen zu, da ihm insoweit jegliche Tatherrschaft fehlte und sich
seine Mitwirkung im Vorbereitungsstadium des Bereitstellens nur auf
untergeordnete Vermittlungstätigkeiten beschränkte.
27
c) Entgegen der vom Generalbundesanwalt in der Anklageschrift
vertretenen Rechtsauffassung hat sich der Angeschuldigte auch nicht
deswegen eines Embargoverstoßes nach § 34 Abs. 4 Nr.
2 AWG aF schuldig gemacht, weil er dem Umgehungsverbot des Art. 7 Abs.
4 i. V. m. Abs. 3 Iran-Embargo-VO zuwidergehandelt hat.
28
Nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF wird u. a. bestraft, wer einem
im Bundesanzeiger veröffentlichten unmittelbar geltenden
Umgehungsverbot eines Rechtsakts der Europäischen
Gemeinschaften zuwiderhandelt. Eine solche
29
- 16 -
Umgehungsklausel, die sich in ähnlicher Weise in zahlreichen
Embargoverordnungen findet, enthält auch die Iran-Embargo-VO.
Gemäß Art. 7 Abs. 4 dieser Verordnung ist es u. a.
verboten, "wissentlich und vorsätzlich" an
Aktivitäten teilzunehmen, mit denen die Umgehung des in Art. 7
Abs. 3 Iran-Embargo-VO normierten Verbots, einer in Anlage IV der
Verordnung gelisteten Einrichtung wirtschaftliche Ressourcen zur
Verfügung zu stellen, bezweckt oder bewirkt wird. Die
Verweisung in § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF auf europarechtliche
Verordnungen bewirkt, dass die Voraussetzungen des Verweisungsobjekts
den Tatbestandsvoraussetzungen der Blankettnorm entsprechen, mithin ein
grundsätzlicher Gleichlauf zwischen der Strafrechtsnorm des
AWG und dem EG-Rechtsakt besteht (Morweiser aaO § 34 Abs. 4
Rdn. 71).
Der hiernach für die Frage der Strafbarkeit
maßgebliche Begriff der Umgehungshandlung bzw. der Teilnahme
an Aktivitäten, die die Umgehung bezwecken, ist gesetzlich
weder definiert noch näher umschrieben. Auch die
Gesetzesmaterialien sind für die Auslegung unergiebig
(BTDrucks.16/385 S. 5 f.). Allein seinem Wortlaut nach könnte
Art. 7 Abs. 4 Iran-Embargo-VO in objektiver Hinsicht unter Einebnung
der Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme in
geradezu uferloser Weise auf alle möglichen Verhaltensformen
ausgedehnt werden, die selbst im weitesten Vorfeld der
Rechtsgutsrelevanz dem durch Art. 7 Abs. 1 bis 3 Iran-Embargo-VO
verfolgten Interesse zuwiderlaufen. Es bestehen daher erhebliche
Bedenken, ob die im Schrifttum unternommenen Versuche einer Eingrenzung
des Umgehungsverbots auf alle Tätigkeiten, die der formalen
Scheinanpassung des Handelns an die geltenden Verbots- und Gebotsnormen
dienen (Morweiser aaO § 34 Abs. 4 Rdn. 93; Bieneck in Bieneck,
Handbuch AWR § 25 Rdn. 10 ff.), eine hinreichende, vom
Normadressaten aus der Vorschrift nachvollziehbare Konturierung
bewirken, oder ob § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF i. V. m. Art. 7
Abs. 4 Iran-Embargo-VO nicht vielmehr
30
- 17 -
dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG)
widerstreitet. Dieses Gebot ist durch die formelle Einbeziehung von
EG-Verordnungen in das nationale Strafrecht nicht
eingeschränkt; es ist auch auf Rechtsakte der
Europäischen Union anzuwenden, die die nationale Blankettnorm
ausfüllen (Morweiser aaO § 34 Abs. 4 Rdn. 68; Bieneck
aaO § 23 Rdn. 55). Das bedeutet, dass der Bürger aus
der Verbindung der strafrechtlichen Blankettvorschrift des AWG und der
sie ausfüllenden Regelung in der EG-Verordnung entnehmen
können muss, welches Verhalten verboten ist und welche
Sanktionen ihm für den Fall des Verstoßes gegen das
Verbot drohen (vgl. BVerfG NJW 1992, 2624).
Dies bedarf indes keiner näheren Vertiefung; denn hier ergibt
sich unabhängig von der verfassungsrechtlichen Problematik
schon aus systematischen Grundsätzen des einfachen Rechts,
dass die dem Angeschuldigten nachweisbaren Aktivitäten, die er
nach Inkrafttreten der Iran-Embargo-VO und deren
Veröffentlichung im Bundesanzeiger (8. Mai 2007) entfaltete,
auch dann nicht als Zuwiderhandeln gegen ein Umgehungsverbot nach
§ 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG aF, Art. 7 Abs. 4 Iran-Embargo-VO
eingestuft werden können, wenn sie der im Schrifttum
vertretenen Umschreibung einer Umgehungshandlung entsprechen sollten.
Dies ergibt sich aus Folgendem: Selbst nach dieser zitierten Ansicht
wäre jede Handlung, die mit dem Ziel unternommen wird, einer
an sich mit einer Verbots- oder Gebotsnorm eines EU-Embargos
unvereinbaren Aktivität den Schein der
Rechtmäßigkeit zu verleihen, bereits als vollendete
Straftat nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG zu ahnden. Ein derartiges
Rechtsverständnis hätte aber nicht nur eine uferlose
Ausdehnung und Vorverlagerung der Strafbarkeit zur Folge; vielmehr
würde das auch für die Strafvorschriften des AWG
geltende System der abgestuften Strafbarkeit von Vorbereitung,
Verabredung, Versuch und Vollendung für ein dem
Umgehungsdelikt zugrunde liegendes Hauptdelikt
31
- 18 -
aufgelöst. Es ist aber nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber
durch die Regelungstechnik des Blanketttatbestands, der zu seiner
Ausfüllung auf EU-Embargo-Vorschriften verweist, für
das Außenwirtschaftsstrafrecht die Systematik des deutschen
Strafrechts in Teilen aufgeben wollte. Demgemäß kann
die Strafbarkeit wegen eines Umgehungsdelikts nicht weiter gehen als
die Strafbarkeit wegen eines Verstoßes gegen das vom
Umgehungstatbestand in Bezug genommene Verbot oder Gebot. Liegt
insoweit lediglich der Versuch einer Straftat nach § 34 Abs. 4
Nr. 2 AWG aF oder sogar nur eine straflose Vorbereitungshandlung vor,
können die entsprechenden Handlungen daher nicht wegen eines
Verstoßes gegen ein Umgehungsverbot zu einer vollendeten
Straftat heraufgestuft werden.
Gemessen an diesen Grundsätzen kann dem Angeschuldigten kein
Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 34 Abs. 4
Nr. 2 AWG aF i. V. m. Art. 7 Abs. 4 Iran-Embargo-VO zur Last gelegt
werden. Soweit der Generalbundesanwalt die Umgehungshandlungen in den
Tätigkeiten des Angeschuldigten erblickt, die die Auslieferung
des Ofens an die lediglich zum Schein als Endabnehmerin auftretende E.
bewirkten, scheidet eine Strafbarkeit wegen eines Verstoßes
gegen das Umgehungsverbot aus, weil - wie oben dargelegt - die Ausfuhr
und Lieferung des Gutes an die E. lediglich eine straflose
Vorbereitungshandlung des von Art. 7 Abs. 4 Iran-Embargo-VO in Bezug
genommenen Bereitstellungsverbots darstellte. Gleiches gilt
für die im Zusammenhang mit der beabsichtigten Auslieferung
des Ofens vom Angeschuldigten zur Verschleierung entfalteten
"Aktivitäten"; auch diese bereiteten die Bereitstellung des
Ofens an die gelistete Einrichtung nur vor und sind daher straflos.
32
- 19 -
d) Soweit der Mitangeschuldigte Dr. S. im Zusammenhang mit dem Verkauf
und der im Juli 2007 erfolgten Ausfuhr des in Anhang II der
Iran-Embargo-VO gelisteten Ofens in den Iran verschiedene
Aktivitäten entfaltete, geschah dies vor
Veröffentlichung des § 69 o AWV im Bundesanzeiger
(22. August 2007), so dass ein strafbewehrtes Erbringen ungenehmigter
Maklerdienstleistungen gemäß § 34 Abs. 4
Nr. 1 Buchst. b AWG aF, § 70 a Abs. 2 Nr. 9, § 69 o
Abs. 9 AWV i. V. m. Art. 5 Abs. 2 Buchst. a Iran-Embargo-VO durch den
Mitangeschuldigten, zu dem ihn der Angeklagte angestiftet haben
könnte, nicht vorlag.
33
2. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der Angeschuldigte
über den Tatvorwurf im Haftbefehl hinaus entsprechend der
Anklageschrift dringend verdächtig ist, den gesondert
verfolgten K. durch eine Handlung nach dem 22. August 2007
(Veröffentlichung des § 69 o AWV im Bundesanzeiger)
zu einem Verbrechen gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 1
Buchst. b, Abs. 6 Nr. 2 und 4 Buchst. c AWG aF i. V. m. § 69 o
Abs. 9, § 70 a Abs. 2 Nr. 9 AWV (idF der 81.
AWV-ÄnderungsVO vom 23. Dezember 2007) angestiftet zu haben,
indem er ihn im März 2008 veranlasste, Mitarbeiter der F. ohne
Einholung der für technische Unterstützungshandlungen
erforderlichen Genehmigung in den Iran zu entsenden, um dort den
bereits ausgelieferten Ofen funktionsfähig zu machen. Es kann
auch offen bleiben, ob es ggf. im Haftprüfungsverfahren nach
§§ 121, 122 StPO zulässig wäre, den
Haftbefehl auf diesen Vorwurf umzustellen und auf dieser (neuen)
Grundlage die Haftfortdauer anzuordnen (ablehnend: OLG Hamm MDR 1975,
950; OLG Koblenz NStZ-RR 2008, 92; Schultheis in KK 6. Aufl. §
125 Rdn. 2; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 125 Rdn.
2). Denn die Verfolgung allein dieser Straftat kann die
Zuständigkeit des Generalbundesanwalts
gemäß § 142 a, § 120 Abs. 2 Nr. 4
Buchst. a GVG - die Voraussetzungen des § 120 Abs. 2 Nr. 4
Buchst. b GVG liegen insoweit ersicht-
34
- 20 -
lich nicht vor - und damit auch des Ermittlungsrichters und des
Staatsschutzsenats des Bundesgerichtshofs im
Haftprüfungsverfahren nicht begründen.
Der vorgenannte Tatvorwurf wäre für sich betrachtet
nicht geeignet, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik
Deutschland erheblich zu gefährden, so dass bereits aus diesem
Grund eine Verfolgungszuständigkeit des Generalbundesanwalts
für diese Tat ausscheidet. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs kommt bei der Prüfung, ob eine Handlung des
Täters geeignet ist, eine erhebliche Gefährdung der
auswärtigen Beziehungen herbeizuführen, dem Umstand,
ob staatlichen deutschen Stellen ein Vorwurf daraus gemacht werden
kann, dass es zu dem Verstoß gegen die
außenwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen kommen konnte, eine
wesentliche Indizwirkung zu (BGHSt 53, 238, 255 f.). Entsprechendes
ergeben die Ermittlungen nicht, denn die Entsendung der Techniker in
den Iran zum Zwecke der Inbetriebnahme des Ofens geschah ohne
Einschaltung oder Täuschung der deutschen
Exportkontrollbehörden. Zweifel an deren Effektivität
konnten daher nicht aufkommen. Dies gilt erst recht mit Blick darauf,
dass das BAFA im Tatzeitraum dafür Sorge trug, der F. umgehend
neue Hinweise auf eine Einbindung der E. in das iranische
Trägertechnologieprogramm zuzuleiten, wodurch ein weiteres
Tätigwerden der F. im Iran unterbunden werden konnte. Andere
Umstände von Gewicht, die allein diesen Tatvorwurf geeignet
erscheinen lassen, eine erhebliche Gefährdung der
auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland
herbeizuführen, sind vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.
Daher kann auch dahinstehen, ob maßgeblicher
Anknüpfungspunkt der Strafverfolgungskompetenz des Bundes nach
§ 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a GVG in Bezug auf den Angeklagten
nicht ohnehin dessen Anstiftungshandlung im Iran sein müsste,
die aber schwerlich geeignet sein kann, die auswärtigen
Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu
gefährden.
35
- 21 -
III.
Der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 17.
Oktober 2009 kann nach alledem nicht Bestand haben.
36
Becker Sost-Scheible Mayer |