BGH,
Beschl. v. 23.8.2002 - 2 StR 263/02
2 StR 263/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
23. August 2002
in der Strafsache gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 23. August 2002 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gera
vom 5. März 2002 wird mit der Maßgabe verworfen,
daß
a) in den Fällen II 1 bis 217 der Urteilsgründe die
Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen sexuellen
Mißbrauchs von Schutzbefohlenen entfällt;
b) in der Urteilsformel das Wort "Freiheitsstrafe" durch das Wort
"Gesamtfreiheitsstrafe" ersetzt wird und
c) die Urteilsformel dahin ergänzt wird, daß der
Angeklagte im übrigen freigesprochen wird und die Staatskasse
insoweit die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des
Angeklagten trägt.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der
Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu
tragen.
Gründe:
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen
Mißbrauchs von Kindern in 217 Fällen jeweils in
Tateinheit mit sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen
sowie wegen Vergewaltigung in vier Fällen jeweils in
Tateinheit mit schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern zu
einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der allgemein
die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird.
Das Rechtsmittel führt zu der aus dem Beschlußtenor
ersichtlichen Änderung und Ergänzung der
Urteilsformel; im wesentlichen ist es unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
II.
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen tateinheitlich begangenen
sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen
gemäß § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB hat keinen
Bestand, da insoweit Verfolgungsverjährung eingetreten ist.
Die Taten wurden zwischen Ende 1991 und Juni 1994 begangen. Die
Verjährungsfrist für dieses Vergehen beträgt
fünf Jahre (§ 78 Abs. 1 Nr. 4 StGB). Die
Verjährung wurde erstmals durch die erste Vernehmung des
Beschuldigten am 6. Februar 2002 unterbrochen (§ 78 c Abs. 1
Nr. 1 StGB) und somit mehr als fünf Jahre nach dem
spätesten Tattag. Allerdings verjährt die Verfolgung
von Taten, die - wie hier - in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages
genannten Gebiet begangen worden sind und die im
Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mehr als einem
Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, frühestens mit
Ablauf des 2. Oktober 2000 (Art. 315 a Abs. 2 EGStGB). Doch erfolgte im
vorliegenden Fall die erste Unterbrechungshandlung nach dem Stichtag,
so daß an diesem die Verfolgungsverjährung
eingetreten ist. Auf die vom Generalbundesanwalt erwogene Unterbrechung
durch die richterliche Anhörung des Angeklagten im
familiengerichtlichen Verfahren am 13. Dezember 2000 kommt es schon
deshalb nicht an, weil auch diese nach dem 2. Oktober 2000 stattfand.
Der Verjährung steht nicht entgegen, daß das
Vergehen nach § 174 StGB tateinheitlich mit sexuellen
Mißbrauch von Kindern zusammentrifft. Auch bei Tateinheit
unterliegt jede Gesetzesverletzung einer eigenen Verjährung
(vgl. u.a. BGHR StGB § 78 Abs. 1 Tat 1 m.w.Nachw.).
Die Einschränkung des Schuldspruchs hat keinen
Einfluß auf den Strafausspruch. Das Landgericht hat nicht
strafschärfend gewertet, daß der Angeklagte jeweils
zwei Straftaten in Tateinheit begangen hat. Im übrigen kann
der Senat im Hinblick auf die maßvollen Strafen
ausschließen, daß der Tatrichter niedrigere Strafen
verhängt hätte, wenn insoweit die Verjährung
berücksichtigt worden wäre, zumal verjährte
Taten, wenn auch mit geringerem Gewicht, straferschwerend
berücksichtigt werden können (vgl. u.a.
Senatsbeschluß vom 10. Oktober 2001 - 2 StR 405/01).
Der Senat hat in der Urteilsformel das Wort "Freiheitsstrafe" durch das
Wort "Gesamtfreiheitsstrafe" ersetzt, weil es sich um einen
offensichtlichen Schreibfehler handelt; der Tatrichter ist selbst von
einer Gesamtfreiheitsstrafe ausgegangen (UA S. 17).
2. Soweit die Anklage und die Nachtragsanklage dem Angeklagten weitere
Taten vorwerfen, deretwegen er nicht verurteilt wurde und für
die das Landgericht in den Urteilsgründen hinreichend zum
Ausdruck gebracht hat, daß er insoweit freizusprechen sei,
hat der Senat - entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts - den
versehentlich unterbliebenen Freispruch nachgeholt (vgl. auch BGH,
Beschluß vom 25. Oktober 2001 - 1 StR 429/01).
Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es
nicht, den Angeklagten - auch nur teilweise - von den durch sein
Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§
473 Abs. 4 StPO).
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