BGH,
Beschl. v. 23.8.2005 - 1 StR 262/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 262/05
vom
23.08.2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23.08.2005 beschlossen:
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Tübingen vom 21.02.2005 werden verworfen.
2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten E. W. wegen gefährlicher
Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen und
wegen Körperverletzung in
zwei tateinheitlichen Fällen zu der Jugendstrafe von drei
Jahren und sechs
Monaten verurteilt. Den Angeklagten A. W. hat es wegen
gefährlicher
Körperverletzung zu der Jugendstrafe von zwei Jahren und neun
Monaten und
K. wegen des gleichen Delikts zu der Jugendstrafe von zwei Jahren
verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt
hat.
Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge
hat keinen die Angeklagten
beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Senat sieht Anlass für folgende Ausführungen:
Nach den Feststellungen waren die Geschädigten gegen
Mitternacht auf
dem Weg nach Hause, als es zu einer lautstarken Auseinandersetzung mit
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dem Angeklagten E. W. kam, der „offensichtlich Streit
suchte“. Die Geschädigte
Sch. rief zwei Zeuginnen, die die Auseinadersetzungen aus
geöffneten
Fenstern beobachteten, sie sollten die Polizei rufen. E. W.
ließ
sich dadurch nicht abhalten und versetzte Sch. u. a. einen gezielten
Faustschlag aufs Kinn und G. gezielt mit der linken Faust auf das
rechte Auge, so dass dieser zu Boden ging und das Bewusstsein verlor
und auf
der rechten Körperseite auf dem Gehweg liegen blieb. Frau Sch.
, die laut
um Hilfe schrie, kniete sich neben G. und barg seinen Kopf auf ihren
Knien. E. W. flüchtete und traf am Bahnhof die Mitangeklagten
A.
W. , K. und den ebenfalls verurteilten R. . Er erzählte
ihnen, er sei angegriffen worden. Ohne konkrete Absprache liefen die
vier Angeklagten
zurück und bemerkten, dass G. regungslos auf dem Boden
lag und dass sich Frau Sch. über ihn beugte und sich um ihn
kümmerte.
Sie tauschten kurz ein paar Worte auf russisch aus und begannen
gemeinsam
mit ihren Füssen auf den am Boden liegenden G. einzutreten.
Die Angeklagten, die schwere Turnschuhe trugen, traten, obwohl ihnen
Frau
Sch. zurief, dass der Schädel von G. schon gebrochen sei,
mehrfach gezielt und mit voller Wucht auf den rechten und linken
Hinterkopf
und auf den Rücken. Es war ihnen gleichgültig, ob G.
überleben
würde.
Bei G. wurde ein geschlossenes Schädel-Hirntrauma 3. Grades
mit traumatischen Epiduralhämatomen und einer Hirnkontusion
mit beginnendem
Hirnödem festgestellt; im Schläfenbereich fand sich
eine Kalottenfraktur.
Das Schädel-Hirntrauma war akut lebensgefährlich und
hätte ohne die
noch in der Nacht durchgeführte Operation sehr wahrscheinlich
zum Tod geführt.
Bis heute leidet G. an den Folgen der Tat, insbesondere sind
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sein Geruchs- und Geschmackssinn fast vollständig aufgehoben;
er befindet
sich in ständiger psychotherapeutischer Behandlung.
Das Landgericht hat einen strafbefreienden Rücktritt vom
unbeendeten
Versuch vom Versuch des Totschlags angenommen. Die Jugendkammer hat zu
Gunsten der Angeklagten letztlich nicht ausschließen
können, dass die Angeklagten
freiwillig mit den Tritten aufgehört hätten, weil sie
sich völlig unbeeindruckt
gezeigt hätten, dass ihr Tun von mehreren anderen Personen
beobachtetet
worden sei.
Bei dieser Sachlage ist die Annahme eines Rücktritts vom
versuchten
Tötungsdelikt nicht nachvollziehbar. Aber selbst auf der
Grundlage der von der
Jugendkammer vorgenommenen Bewertung sind die Strafen nicht
schuldangemessen,
sondern unvertretbar milde und verfehlen daher den Erziehungszweck.
Nack Wahl Boetticher
Kolz Elf |