BGH,
Beschl. v. 23.6.2006 - 2 StR 135/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 135/06
vom
23.6.2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zur bandenmäßigen unerlaubten Einfuhr
von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 23.06.2006 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das Urteil des Landgerichts
Gera vom 13. Dezember 2005 im Rechtsfolgenausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten A. wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die Revision des Angeklagten M. wird als unbegründet
verworfen.
5. Der Angeklagte M. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16
Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit
bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge, und wegen Verabredung zu einem Verbrechen (der
banden-
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mäßigen unerlaubten Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) unter Einbeziehung
von drei Einzelstrafen aus einer früheren Verurteilung zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt;
überdies hat es gegen ihn den Verfall von Wertersatz in
Höhe von 60.000 € angeordnet.
Den Angeklagten M. hat das Landgericht wegen Beihilfe zur
bandenmäßigen Einfuhr von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge in vier Fällen, jeweils in Tateinheit
mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge, zur Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
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Die Revision des Angeklagten A. führt mit der
Sachrüge zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs. Im
Übrigen sind die Revision dieses Angeklagten sowie die
Revision des Angeklagten M. unbegründet.
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1. Soweit sich die Revision des Angeklagten A. gegen den Schuldspruch
wendet, ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2
StPO. Der Rechtsfolgenausspruch hält hingegen rechtlicher
Prüfung nicht stand.
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a) Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts
führen eine Reihe von Gesichtspunkten auf, deren
straferhöhende Berücksichtigung rechtsfehlerhaft ist.
Das betrifft zum einen moralisierende und eher auf eine
"Lebensführungsschuld" abstellende Erwägungen (vgl.
dazu BGH NStZ-RR 2005, 70; Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl.
§ 46 Rdn. 37 a, 42 m.w.N.) wie die, der Angeklagte habe keine
Anstrengungen unternommen, um seinen Lebenswandel zu ändern
(UA S. 23); er zeige eine "ignorante Grundhaltung gegenüber
der Rechtsordnung" (UA S. 24); er habe "sein persönliches
Schicksal ignoriert" (UA S. 21).
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Bedenken begegnet aber insbesondere, dass das Landgericht die auf Grund
eines Motorradunfalls im Jahr 2004 erlittene schwere
Schädel-Hirn-
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Verletzung des Angeklagen, die mit längerem Koma und
stationärer Behandlung von insgesamt fünf Monaten
einherging, zu einem hirnorganischen Psychosyndrom und zur Anordnung
der vorläufigen Betreuung führte, nicht zum Anlass
genommen hat, sich mit der Möglichkeit einer gegebenenfalls
schuldmindernden Persönlichkeitsveränderung des
Angeklagten oder sonstigen, für das Schuldmaß
bedeutsamen Auswirkungen dieser Verletzung auseinander zu setzen.
Vielmehr hat der Tatrichter ausdrücklich
strafschärfend gewertet, dass "auch sein persönliches
Schicksal, die schwere gesundheitliche Beeinträchtigung durch
den Motorradunfall, von ihm ignoriert wurde (…). Mit dem
Drogenhandel ging es nach seiner Genesung erst richtig los. Dies zeigt
eine Unbelehrbarkeit …" (UA S. 21). Diese
ausdrückliche strafschärfende
Berücksichtigung eines regelmäßig
schuldmindernden Umstands ist offensichtlich rechtsfehlerhaft.
Ein Beruhen der Zumessungsentscheidungen kann weder für die
Einzelstrafen noch für die Gesamtstrafe ausgeschlossen werden,
da die genannten Erwägungen des Landgerichts sich auf beide
beziehen. Da nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs nur die bestimmenden Strafzumessungsgründe
ausdrücklich in die schriftlichen Urteilsgründe
aufzunehmen sind, ist davon auszugehen, dass die genannten
Erwägungen für die Zumessungsentscheidung des
Landgerichts von erheblicher Bedeutung waren.
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b) Eine Entscheidung des Senats nach § 354 Abs. 1 a Satz 1
StPO kam hier nicht in Betracht, weil die Strafzumessung weitere
Feststellungen sowie eine intensive Auseinandersetzung mit der
Persönlichkeit des Angeklagten voraussetzt; sie ist daher dem
neuen Tatrichter vorbehalten (vgl. BGH, Beschl. vom 17. März
2005 - 3 StR 39/05, NJW 2005, 1813; BGH, Urt. v. 20. September 2005 - 1
StR 86/05).
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c) Auch die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe von
60.000 € ist nicht rechtsfehlerfrei und war aufzuheben.
Angesichts der festgestellten persönlichen
Verhältnisse des Angeklagten ist nicht nahe liegend, dass sich
der vom Tatrichter errechnete Erlös aus den
Rauschgiftverkäufen noch im Vermögen des Angeklagten
befindet. Daher wäre hier § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB
zu prüfen gewesen (vgl. BGHSt 48, 40, 41; BGH NStZ-RR 2003,
144, 145; Senatsbeschl. vom 11.08.2004 - 2 StR 184/04;
Tröndle/Fischer aaO § 73 a Rdn. 2, § 73 c
Rdn. 4 m.w.N.).
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2. Der Schuldspruch gegen den Angeklagten M. ist im Ergebnis nicht zu
beanstanden. Dass der Angeklagte nur wegen Beihilfe und nicht wegen
Mittäterschaft verurteilt worden ist, beschwert ihn nicht;
ebenso nicht, dass das Landgericht eine Beteiligung an der Bande nur
hinsichtlich der Einfuhr von Betäubungsmitteln, nicht aber
hinsichtlich des tateinheitlichen Handeltreibens in nicht geringer
Menge angenommen hat.
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Auch die Strafzumessungsausführungen des Landgerichts
hinsichtlich dieses Angeklagten zeigen eine bedenkliche Tendenz zu
moralisierenden und unsachlichen Erwägungen. Rechtsfehlerhaft
ist namentlich die strafschärfende Berücksichtigung
des Umstands, dass den Angeklagten "weder die Existenz seiner Verlobten
noch seines Kindes" an der Begehung der Taten gehindert haben (UA S.
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Auch wenn der Strafausspruch auf dieser rechtsfehlerhaften
Erwägung beruht, kann der Senat hier aber die Revision
gemäß §§ 349 Abs. 2, 354 Abs. 1 a
Satz 1 StPO verwerfen, weil die vom Landgericht festgesetzten Ein-
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zelstrafen ebenso wie die Gesamtstrafe angemessen sind. Weitere
Feststellungen zu den Strafzumessungstatsachen sind für diese
Entscheidung nicht erforderlich.
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