BGH,
Beschl. v. 23.6.2006 - 2 StR 217/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 217/06
vom
23.6.2006
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 23.06.2006 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bonn vom 24. Februar 2006
a) im Schuldspruch in den Fällen 1 bis 8 der
Urteilsgründe (Taten im Mai und Juni 2004) dahin
geändert, dass der Angeklagte insoweit jeweils der Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
schuldig ist;
b) im Strafausspruch über die Einzelstrafen in den
Fällen 1 bis 8 sowie im Ausspruch über die
Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben;
c) in der Liste der angewendeten Vorschriften um die Vorschriften
§ 29 a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG,
§ 52 StGB ergänzt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- 3 -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
bandenmäßigen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf
Fällen zu Einzelstrafen von jeweils sechs Jahren und zur
Gesamtstrafe von acht Jahren verurteilt und den Verfall von Wertersatz
in Höhe von 38.500 Euro angeordnet. Die Revision des
Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der
Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist
sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts ließ der
Angeklagte im Zeitraum von Mai bis Juli 2004 in insgesamt elf
Fällen jeweils mindestens 100 Gramm Heroingemisch mit einem
Wirkstoffgehalt von mindestens 30 % aus den Niederlanden nach
Deutschland bringen, um es in B. gewinnbringend zu verkaufen. Er wirkte
dabei mit der gesondert verfolgten H., die das Rauschgift für
den Angeklagten absetzte, und wechselnden als Kuriere eingesetzten
Personen zusammen. Zu einem nicht näher festgestellten
Zeitpunkt verabredete er mit H. und der gesondert verfolgten J., dass
letztere zukünftig regelmäßig entsprechende
Kurierfahrten für den Angeklagten durchführen solle.
Ab Juli 2004 bestand insoweit eine "feste Struktur"; die drei
für den Monat Juli festgestellten Kurierfahrten wurden jeweils
von J. durchgeführt. Zu den Kurieren zählten im
Übrigen eine nicht näher bekannte "K." sowie ein "R."
sowie weitere unbekannte Personen; ob und wann diese Personen Fahrten
im Mai und Juni 2004 durchführten, ist nicht festgestellt.
2
2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen
bandenmäßigen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den
Fällen 1 bis 8 (Taten im Mai und Juni 2004) nicht, weil
für diesen Zeitraum das Bestehen einer Bande im Sinne von
§ 30 a Abs. 1 BtMG nicht festgestellt ist.
3
- 4 -
a) Eine Bande ist ein Zusammenschluss von mindestens drei Personen mit
dem Ziel, künftig für eine gewisse Dauer im
gemeinsamen Zusammenwirken eine Mehrzahl von selbständigen
Straftaten des jeweils im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen (vgl.
BGHSt 46, 321, 325 ff.; BGHR BtMG § 30 a Bande 10; BGH, Urt.
v. 9. Dezember 2004 - 4 StR 164/04; st. Rspr.; vgl. auch
Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 244 Rdn. 18 f.
m.w.N.). Es reicht nicht aus, dass lediglich zwei Personen durch eine
solche Verabredung verbunden sind und für die Begehung der
Einzeltaten jeweils unterschiedliche, in die Bandenabrede nicht
einbezogene Dritte gewinnen. Zwar setzt das Bestehen einer Bande keine
Mittäterschaft zwischen den (mindestens) drei Tatbeteiligten
voraus; die Bande ist keine besondere oder "gesteigerte" Form der
(Mit-)Täterschaft (vgl. Tröndle/Fischer aaO Rdn. 18).
Bandenmitgliedschaft setzt aber stets voraus, dass der jeweilige
Täter oder Teilnehmer in die Bandenabrede einbezogen ist; das
gilt auch dann, wenn er an einzelnen der Bandentaten nicht beteiligt
ist.
4
b) Vorliegend sind diese Voraussetzungen nur für den
Tatzeitraum Juli 2004 festgestellt; in dem es auf Grund der
Bandenabrede zwischen dem Angeklagten, H. und J. zu drei Einfuhrfahrten
kam. Für die vorangehenden acht Taten im Zeitraum Mai und Juni
2004 ist dagegen eine absprachegemäße dauerhafte
Zusammenarbeit nur zwischen dem Angeklagten und H. belegt. Die
Feststellungen lassen offen, wie viele und welche Kuriere angeworben
wurden, ob sie jeweils nur eine oder mehrere Fahrten unternahmen und ob
zwischen ihnen und dem Angeklagten sowie H. eine Bandenabrede bestand.
Die Verurteilung wegen bandenmäßigen Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat daher in
diesen Fällen keinen Bestand.
5
c) Der Senat schließt aus, dass insoweit noch weitergehende
Feststellungen möglich sind; er hat daher den Schuldspruch
geändert. Da der Tatbe-
6
- 5 -
stand der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) von dem des nicht
bandenmäßigen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 a
Abs. 1 Nr. 2 BtMG) nicht verdrängt wird (vgl. BGHR BtMG
§ 30 a Bande 8; BGH, Urt. v. 1. März 2005 - 5 StR
499/04), stehen diese Taten in Tateinheit.
Die Änderung des Schuldspruchs führt insoweit zur
Aufhebung der Aussprüche über die Einzelstrafen in
diesen Fällen sowie der Gesamtstrafe mit den
zugehörigen Feststellungen.
7
3. Hinsichtlich der Taten 9 bis 11 begegnen weder der Schuldspruch noch
die Strafaussprüche über die Einzelstrafen
rechtlichen Bedenken. Auch die Anordnung des Wertersatzverfalls ist
rechtsfehlerfrei und kann bestehen bleiben.
8
Rissing-van Saan Rothfuß Fischer
Roggenbuck Appl |