BGH,
Beschl. v. 23.5.2000 - 4 StR 135/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 135/00
vom
23. Mai 2000
in der Strafsache gegen
wegen Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 23. Mai 2000
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bochum vom 27. September 1999 im Schuld-spruch dahin geändert,
daß der Angeklagte des Mordes in Tateinheit mit
Vergewaltigung, der Vergewaltigung, der Nötigung in Tateinheit
mit Körperverletzung in zwei Fällen und der
unerlaubten Ausübung der tatsächlichen Gewalt
über eine halbautomatische Selbstladekurzwaffe schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Mordes, Vergewaltigung in 2
Fällen, Nötigung in Tateinheit mit
Körperverletzung in 2 Fällen und wegen
Ausübens der tatsächlichen Gewalt über eine
halbautomatische Selbstladekurzwaffe von nicht mehr als 60 cm
Länge ohne die erforderliche Erlaubnis" unter Einbeziehung
einer rechtskräftig verhängten Strafe zu lebenslanger
Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt und die besondere Schwere
seiner Schuld festgestellt; es hat ferner seine Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung angeordnet.
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts
gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der
Beschlußformel ersichtlichen Teilerfolg; im übrigen
ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Annahme des Landgerichts, im Fall II 2 der
Urteilsgründe (Tatgeschehen zum Nachteil von Stefanie K.)
stünde die Vergewaltigung im Verhältnis der
Tatmehrheit zu dem danach begangenen Mord, hält rechtlicher
Prüfung nicht stand.
Nach den Feststellungen brachte der Angeklagte am Abend des 7. August
1998 die damals 16jährige Stefanie K. in seinen
Firmenräumen in seine Gewalt, führte mit ihr gegen
ihren Willen den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguß durch,
fesselte sie mit Klebeband an einen Fernsehsessel und tötete
sie schließlich in den Mittagsstunden des nächsten
Tages zur Verdeckung der vorangegangenen Vergewaltigung.
Ausgehend von diesen Feststellungen hat sich der Angeklagte damit
zugleich der Freiheitsberaubung mit Todesfolge (§ 239 Abs. 4
StGB) schuldig gemacht; denn wenn der Täter einer
Freiheitsberaubung sein Opfer vorsätzlich tötet, so
ist dies eine "während der Tat begangene Handlung" im Sinne
des § 239 Abs. 4 StGB (so - bei innerem Zusammenhang zwischen
der Freiheitsberaubung und der Tötungshandlung - bereits zu
§ 239 Abs. 3 Satz 1 StGB a.F. BGHSt 28, 18 f.; BGHR StGB
§ 239 Abs. 3 Behandlung 1; vgl. auch Tröndle/ Fischer
StGB 49. Aufl. § 239 Rdn. 13 m.w.N.). Dieses Delikt trifft mit
dem Mord und der Vergewaltigung tateinheitlich zusammen. Mit seiner
Strafandrohung von drei bis fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe
wiegt es schwerer als die Vergewaltigung und verklammert daher den Mord
mit dem Sexualdelikt zur Tateinheit (BGHSt 31, 29; BGHR StGB §
52 Abs. 1 Klammerwirkung 4, 6 und 7). Daran ändert sich auch
nichts dadurch, daß sich das Landgericht mit der
Möglichkeit, daß auch der Tatbestand des §
239 Abs. 4 StGB verwirklicht ist, in dem angefochtenen Urteil nicht
auseinandergesetzt hat (vgl. BGH bei Holtz MDR 1982, 102; NStZ 1984,
262).
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265
StPO steht nicht entgegen, weil der Angeklagte sich insoweit nicht
wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall
der für die Vergewaltigung im Fall II 2 der
Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe von acht Jahren
Freiheitsstrafe. Der Gesamtstrafenausspruch und die Anordnung der
Sicherungsverwahrung werden hierdurch nicht berührt.
3. Bei dem im Hinblick auf die Gesamtverurteilung geringen Erfolg der
Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den
gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels sowie den den
Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Maatz Kuckein Athing
Solin-Stojanovic Ernemann |