BGH,
Beschl. v. 23.11.2000 - 4 StR 460/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 460/00
vom
23. November 2000
in der Strafsache gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 23. November 2000
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Saarbrücken vom 11. Juli 2000 im Strafausspruch mit den
Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer
räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von
fünf Jahren verurteilt. Mit seiner Revision gegen dieses
Urteil rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.
Das Rechtsmittel hat zum Strafausspruch Erfolg; im übrigen ist
es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Hierzu
hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 17. Oktober
2000 ausgeführt:
"Das Landgericht hat die gegen den Angeklagten verhängte
Strafe dem Strafrahmen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB entnommen.
Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. § 250 Abs.
2 Nr. 1 StGB setzt beim Einsatz einer geladenen
Schreckschußpistole voraus, daß der Täter
durch Aufsetzen auf Kopf oder Körper mit der Abgabe eines
Schusses droht (BGH, Beschluß vom 12. Januar 1999 - 4 StR
688/98 - mit weiteren Nachweisen; Boetticher/Sander NStZ 1999, 292,
293/294). Eine derartige Verwendung hat die Strafkammer ebenso wenig
dargelegt wie die Androhung einer anderen konkreten Anwendung des
Tatmittels, die geeignet ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen
(BGH aaO). Nach den Feststellungen richtete der Angeklagte die Tatwaffe
"aus nächster Nähe" auf die Filialleiterin und den
Kassierer (UA S. 6). Nähere Angaben zur Entfernung zwischen
dem Angeklagten und den bedrohten Personen fehlen, so daß es
dem Revisionsgericht nicht möglich ist, die
Schlußfolgerung des Landgerichts, die Pistole sei angesichts
dieser Verwendung geeignet gewesen, erhebliche
Körperverletzungen zuzufügen (UA S. 6), zu
überprüfen. Das Verhalten des Angeklagten
erfüllt daher nur den Tatbestand des § 250 Abs. 1 Nr.
1 b StGB (BGH, Beschluß vom 23. Juni 1998 - 4 StR 245/98).
Darüber hinaus hält auch die Begründung, mit
der das Landgericht einen minder schweren Fall der schweren
räuberischen Erpressung nach § 255 i.V.m. §
250 StGB verneint hat, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die Strafkammer hat zwar einerseits ausgeführt (UA S. 8),
daß für die Prüfung der Frage , ob der
Ausnahmetatbestand anzuwenden ist, alle für die Wertung der
Tat und des Täters in Betracht kommenden Umstände zu
berücksichtigen sind. Sie hat dann allerdings unter Hinweis
auf die erhebliche kriminelle Energie, die der Angeklagte bei der
Tatplanung und -durchführung aufgewendet hat, einen minder
schweren Fall verneint, ohne in diesem Zusammenhang die erlittene
Untersuchungshaft und die stabilen persönlichen
Lebensverhältnisse des Angeklagten sowie den Umstand zu
erörtern, daß der Angeklagte nicht vorbestraft ist
(vgl. BGH NStZ 1983, 119; BGH StV 1993, 245). Dies
läßt besorgen, daß die Strafkammer -
worauf die Revision zu Recht hinweist - dem Gebot der
Gesamtwürdigung aller strafzumessungserheblichen
Umstände (BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall,
Gesamtwürdigung, unvollständige 1 bis 3;
Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 46 Rdn. 42 mit
weiteren Nachweisen) nicht gerecht geworden ist. ..."
Dem schließt sich der Senat an. Er bemerkt ergänzend:
Daß das Landgericht die Maskierung des Angeklagten bei der
Tat strafschärfend gewertet hat, ist - entgegen der Auffassung
des Generalbundesanwalts - rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit aus
einer früheren Entscheidung des Senats (BGH,
Beschluß vom 11. März 1997 - 4 StR 25/97)
Gegenteiliges hätte entnommen werden können, hat der
Senat hieran nicht festgehalten (vgl. BGH, Beschluß vom 11.
Januar 2000 - 4 StR 611/99). Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Wertung
des Landgerichts, schon der Umstand, daß der Angeklagte bei
der Ausführung der Tat maskiert gewesen sei,
schließe in der Regel die Annahme eines minder schweren
Falles aus ( vgl. BGH NStZ 1998, 188 f. ).
Der neue Tatrichter wird sich auch mit der Frage auseinanderzusetzen
haben, ob eine Strafmilderung nach §§ 46 a , 49 Abs.
1 StGB vorzunehmen ist. Das Landgericht hat nicht geprüft, ob
die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen, obwohl es festgestellt
hat, daß der Angeklagte sich bei der Filialleiterin
für seine Tat schriftlich entschuldigt hatte und der
Versicherung der Sparkasse die Kosten eines "Auslobungsbetrages"
ersetzt hat, den diese an den Motorradfahrer gezahlt hatte.
Meyer-Goßner Tolksdorf Athing
Solin-Stojanovic Ernemann |