BGH,
Beschl. v. 23.10.2007 - 5 StR 334/07
5 StR 334/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
23.10.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23.10.2007
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 12. März 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO im
Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die
Kostenentscheidung wird auf seine Kosten nach § 464 Abs. 3
StPO als unbegründet verworfen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich
der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen
und sachlichen Rechts rügt. Sein Rechtsmittel hat mit der
Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.
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Der Strafausspruch kann keinen Bestand haben, da sich die Wertung, der
Angeklagte sei uneingeschränkt schuldfähig gewesen,
insbesondere ha-
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be bei ihm keine tiefgreifende Bewusstseinsstörung vorgelegen,
als rechtsfehlerhaft erweist.
Das Landgericht hat in die gebotene Gesamtbetrachtung für und
gegen die Annahme eines schuldrelevanten Affekts sprechender Kriterien
einbezogen, dass bei dem Angeklagten eine leichte alkoholische
Enthemmung vorgelegen habe. Dies begegnet angesichts der festgestellten
Tatzeitblutal-koholkonzentration von 2,1 Promille durchgreifenden
Bedenken. Dieser Wert nähert sich bereits dem Grenzwert des
Blutalkoholgehalts, von dem an eine allein alkoholbedingt erheblich
verminderte Steuerungsfähigkeit auch bei
Tötungsdelikten naheliegt (BGHR StGB § 21
Blutalkoholkonzentration 35 m.w.N.). Die Feststellungen belegen auch
keine psychodiagnostischen Beweisanzeichen, welche die Auswirkungen der
schon beträchtlichen Alkoholisierung als untypisch gering
kennzeichnen würden.
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An diese fehlerhafte Bewertung des Ausmaßes der alkoholischen
Enthemmung anknüpfend lassen die Feststellungen eine
hinreichende Auseinandersetzung damit vermissen, ob die beachtliche
Alkoholisierung des Angeklagten im Zusammenwirken mit seiner affektiven
Erregung eine die Schuldfähigkeit erheblich
beeinträchtigende tiefgreifende Bewusstseinsstörung
begründet hat (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 31. Januar 2007
- 5 StR 504/06 m.w.N.). Die Strafkammer hat dies zwar erwogen, dem
Alkohol aber allein mit der Begründung keine
affektbegünstigende Relevanz zuerkannt, dass der Angeklagte
seit eineinhalb Jahren vermehrt Alkohol konsumiere. Abgesehen von der
fehlerhaften Unterbewertung des Alkoholisierungsgrades fehlt es bei
diesen Erwägungen an weiteren Feststellungen zum Umfang des
zuletzt gesteigerten Alkoholkonsums des Angeklagten und zu dessen
Einfluss auf sein individuelles Leistungsvermögen.
Auch das von der Strafkammer gegen die Annahme eines Affekts verwendete
Kriterium der sehr detailreichen Erinnerung an das Tatgeschehen wird
von den Feststellungen nicht getragen. So deckt sich die Einlas-
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sung des Angeklagten zum Tatablauf gerade nicht mit den Feststellungen.
Woher die Strafkammer dennoch die Überzeugung gewinnt, das
Erinnerungsvermögen des Angeklagten sei
unbeeinträchtigt, erschließt sich nicht.
Der Senat kann zwar eine völlige Aufhebung der
Steuerungsfähigkeit ausschließen, nicht jedoch, dass
das Landgericht bei umfassender Prüfung des Gesamtverhaltens
des Angeklagten eine dem Zusammenwirken der affektiven Erregung und der
alkoholischen Beeinträchtigung geschuldete tiefgreifende
Bewusstseinsstörung angenommen und diese dann naheliegend
unter Anwendung von §§ 21, 49 Abs. 1 StGB trotz der
für sich nicht überhöhten Freiheitsstrafe
weiter strafmildernd berücksichtigt hätte.
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Die Kostenbeschwerde bleibt erfolglos (§ 465 Abs. 1 Satz 1
StPO).
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