BGH,
Beschl. v. 24.2.2010 - 1 StR 260/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 260/09
vom
24. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
hier: Vorlage an den Großen Senat für Strafsachen
gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG
- 2 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Februar 2010
beschlossen:
Dem Großen Senat für Strafsachen wird
gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG folgende
Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Genügt, wenn einem Angeklagten eine große Zahl von
Vermögensdelikten zur Last gelegt wird, die einem
einheitlichen modus operandi folgen, der Anklagesatz den Anforderungen
des § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m. § 200 Abs. 1 Satz
1 StPO, wenn in diesem, der allein in der Hauptverhandlung nach
§ 243 Abs. 3 Satz 1 StPO zu verlesen ist, neben der
Schilderung der gleichartigen Tatausführung, die die Merkmale
des jeweiligen Straftatbestandes erfüllt, die Gesamtzahl der
Taten, der Tatzeitraum sowie der Gesamtschaden bezeichnet werden und
die Einzelheiten der Taten, d.h. die konkreten Tatzeitpunkte, die
Tatorte, die Tatopfer und die jeweiligen Einzelschäden,
ergänzend in einem anderen nicht zu verlesenden Teil der
Anklageschrift detailliert beschrieben sind?
Gründe:
I.
Das Landgericht Mannheim hat den Angeklagten K. wegen Betruges in zwei
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren
und den Angeklagten M. wegen Betruges in 369 Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen
sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen.
1
Die Revisionen beanstanden mit einer im Wesentlichen inhaltsgleichen
Verfahrensrüge, dass der in der Hauptverhandlung verlesene
Anklagesatz kei-
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- 3 -
ne ausreichende Konkretisierung der einzelnen Tatvorwürfe und
Tatumstände enthalte und daher nicht den Anforderungen des
§ 243 Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m. § 200 Abs. 1 Satz 1
StPO genüge. Insoweit sei zwar kein die Umgrenzungsfunktion
berührender Mangel der Anklageschrift gegeben, indes
genüge die Anklage nicht der ihr zukommenden
Informationsfunktion. Wegen der weiteren Einzelheiten des
Sachverhaltes, der dieser Rüge zu Grunde liegt, wird auf den
Anfragebeschluss des Senats in dieser Sache vom 2. September 2009 (Rdn.
4 bis 10) verwiesen. Klarstellend wird der Sachverhalt insoweit
ergänzt, dass die als „Anlagen“
bezeichneten Tabellen, in denen die einzelnen Taten hinsichtlich der
Person der jeweils Geschädigten, der Tatorte und der Tatzeit
sowie der Einzelschäden konkretisiert werden, ein Teil der
Anklageschrift sind. Dies wird insbesondere dadurch bestätigt,
dass die Anlagen von dem die Anklage verfassenden Oberstaatsanwalt
unterschrieben sind.
Der Senat hält die Rüge für
zulässig und das diesbezügliche Sachvorbringen
für erwiesen.
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Der Senat möchte die Revisionen - dem Beschlussantrag des
Generalbundesanwalts folgend - im Wesentlichen verwerfen. Lediglich
soweit sowohl im Original der Anklage als auch in den Anlagen, die den
Schöffen ausgehändigt wurden, einzelne Seiten der
Tabellen fehlten und aufgrund dieses Versehens einzelne Taten nicht in
der zugelassenen Anklage angeführt waren, beabsichtigt der
Senat, das Verfahren teilweise einzustellen bzw. die Verfolgung nach
§ 154a Abs. 2 StPO zu beschränken. Gleiches ist
hinsichtlich der Tat Nr. 287 des Angeklagten M. beabsichtigt. Nach den
bisherigen Feststellungen trat bei dieser Tat eine G. und nicht der
Angeklagte M. als Vermittlerin auf, so dass die Tat dem Angeklagten
nicht ohne weiteres zugerechnet werden kann.
4
- 4 -
Im Übrigen erachtet der Senat die Sachrüge und die
sonstigen Verfahrensrügen für unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. An der Verwerfung der vorstehend
geschilderten Verfahrensrüge, die auf Verletzung von
§ 243 Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m. § 200 Abs. 1 Satz 1
StPO gestützt ist und die der Senat ebenfalls für
unbegründet hält, sieht er sich nach
Durchführung des Anfrageverfahrens ohne Vorlage an den
Großen Senat für Strafsachen
gemäß § 132 Abs. 2 GVG aufgrund des Urteils
des 2. Strafsenats vom 28. April 2006 (2 StR 174/05 = NStZ 2006, 649)
gehindert. In dieser Entscheidung hatte der 2. Strafsenat erkannt, dass
bei einer Serie von Straftaten grundsätzlich erforderlich sei,
dass die dem Angeklagten im einzelnen vorgeworfenen Tathandlungen nach
Tatzeit, Tatort, Tatausführung und anderen
individualisierenden Merkmalen ausreichend beschrieben und dargelegt
werden. Dies sei nach der genannten Entscheidung nicht der Fall, wenn
bei einer Tatserie im Anklagesatz nur der Tatplan sowie die
Tatausführung allgemein beschrieben und die
individualisierenden Merkmale der Einzeltat im wesentlichen Ergebnis
der Ermittlungen aufgeführt sind. Danach wäre hier
ein Verfahrensfehler gegeben. Da der 2. Strafsenat in dem vorgenannten
Urteil entschieden hat, dass in Fällen wie dem vorliegenden
aufgrund des Umfanges des Verfahrensstoffes ein Beruhen des Urteils
regelmäßig nicht ausgeschlossen werden kann,
wäre auf der Grundlage dieser Entscheidung die Rüge
auch im vorliegenden Fall begründet.
5
Mit dem vorgenannten Beschluss vom 2. September 2009 hat der Senat bei
dem 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs angefragt, ob er an seiner
entgegenstehenden Entscheidung festhält, bei den
übrigen Strafsenaten, ob der beabsichtigten Entscheidung
dortige Rechtsprechung entgegensteht und ob gegebenenfalls an dieser
festgehalten wird.
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Der 2. Strafsenat hat mit Beschluss vom 25. November 2009 (2 ARs
455/09) ausgesprochen, dass er an seiner bisherigen Rechtsprechung
festhält.
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Die übrigen Strafsenate des Bundesgerichtshofs haben
mitgeteilt, dass dortige Rechtsprechung der beabsichtigten Entscheidung
nicht entgegensteht. Während der 4. Strafsenat (Beschl. vom 8.
Dezember 2009 - 4 ARs 17/09) und der 5. Strafsenat (Beschl. vom 28.
Oktober 2009 - 5 ARs 53/09) der Rechtsansicht des Senats zustimmen, hat
der 3. Strafsenat mit Beschluss vom 17. November 2009 (3 ARs 16/09)
Zweifel geäußert, ob sich die beabsichtigte
Verfahrensweise ohne Tätigwerden des Gesetzgebers allein auf
der Grundlage des geltenden Strafprozessrechts umsetzen lässt.
II.
1. Der Senat legt die streitige Rechtsfrage dem Großen Senat
für Strafsachen zur Entscheidung vor. Die Vorlage erfolgt
sowohl aus Gründen der Divergenz zur Rechtsprechung des 2.
Strafsenats (§ 132 Abs. 2 GVG) als auch nach § 132
Abs. 4 GVG, da die Rechtsfrage nach Auffassung des Senats auch zur
Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung erforderlich ist.
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a) In Abweichung von dem Rechtssatz, der in dem Anfragebeschluss
aufgestellt wurde, konkretisiert der Senat die Rechtsfrage in zwei
Punkten. Im Hinblick auf die Bedenken des 2. Strafsenats, wonach der
Begriff der „zahlreichen Vermögensdelikte“
einen „Quell zukünftiger Unklarheiten,
Auslegungsbedürfnisse und Rechtsstreitigkeiten
enthalte“, wird nunmehr - in Anlehnung an die vom Gesetzgeber
in § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 2 StGB; § 267 Abs.
3 Satz 2 Nr. 3 StGB; § 306b Abs. 1 Alt. 2 StGB; § 330
Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB gewählten Tatbestandsmerkmale -
vorausgesetzt, dass eine „große Zahl“ von
Vermögensdelikten gegeben ist [vgl. dazu nachfolgend 2. c)
aa]. Zudem wird klargestellt, dass es sich bei der -
regelmäßig tabellarisch erfolgenden - Auflistung der
Einzelheiten der Taten, d.h. den konkreten Tatzeitpunkten, der Tatop-
9
- 6 -
fer und der jeweiligen Einzelschäden, um einen Teil der
Anklageschrift handelt, der lediglich - wie das wesentliche Ergebnis
der Ermittlungen - nicht nach § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO zu
verlesen ist.
b) In Abkehr von der Rechtsprechung des 2. Strafsenats genügt
nach Auffassung des Senats, wenn einem Angeklagten eine große
Zahl von Vermögensdelikten zur Last gelegt wird, die einem
einheitlichen modus operandi folgen, die Anklageschrift den
Anforderungen des § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m. §
200 Abs. 1 Satz 1 StPO, wenn im konkreten Anklagesatz, der allein in
der Hauptverhandlung nach § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO zu verlesen
ist, neben der Schilderung der gleichartigen Tatausführung,
die die Merkmale des jeweiligen Straftatbestandes erfüllt, die
Gesamtzahl der Taten, der Tatzeitraum sowie der Gesamtschaden
bezeichnet werden und die Einzelheiten der Taten, d.h. die konkreten
Tatzeitpunkte, die Tatorte, die Tatopfer und die jeweiligen
Einzelschäden, ergänzend in einem
eigenständigen Abschnitt der Anklageschrift, der nicht nach
§ 243 Abs. 3 Satz 1 StPO zu verlesen ist, detailliert
beschrieben sind.
10
2. Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats aus folgendem:
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a) Insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Verfolgungsdichte im
Bereich der Wirtschaftskriminalität (z.B. im Bereich des
ärztlichen Abrechnungsbetruges) einerseits und neuer Formen
der Tatbegehung - namentlich unter Ausnutzung der
Möglichkeiten des Internets - andererseits, besteht in
Verfahren, bei denen massenweise und gleichförmig begangene
Vermögensdelikte zur Anklage kommen, das praktische
Bedürfnis, die Hauptverhandlung von der
zeitaufwändigen Verlesung der Aufstellung der einzelnen Taten
zu entlasten (so ausdrücklich der 3. Strafsenat im
Antwortbeschluss vom 17. November
12
- 7 -
2009 - 3 ARs 16/09 - unter Hinweis auf die Anm. vom Wilhelm NStZ 2007,
358 zur Entscheidung des LG Mühlhausen NStZ aaO; vgl. insoweit
auch die Fallschilderung von Müller NJW 2009, 3745, 3746).
Dem Senat ist darüber hinaus zum Beispiel ein Verfahren
bekannt, in dem der zu verlesende Anklagesatz auf der Grundlage des
Urteils des 2. Strafsenats einen Umfang von knapp 6.000 Seiten
hätte. Die insoweit erforderliche Verlesung würde
mehrere Verhandlungstage in Anspruch nehmen, was eine erhebliche
Beeinträchtigung der Ressourcen der Justiz sowie der weiteren
Verfahrensbeteiligten mit sich bringen würde. Dem kann nach
Auffassung des Senats mit einer sinnhaften Auslegung von § 243
Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m. § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO nach
Maßgabe der Vorlagefrage begegnet werden.
13
b) Entgegen der Zweifel, die der 3. Strafsenat in seinem
Antwortbeschluss geäußert hat und entgegen der
Rechtsauffassung von Teilen des 2. Strafsenats, die eine konzentrierte
Fassung des konkreten Anklagesatzes nicht mit den Vorschriften des
§ 243 Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m. § 200 Abs. 1 Satz 1
StPO für vereinbar erachten (2. Strafsenat, Beschl. vom 25.
November 2009 - 2 ARs 445/09 - dort Rdn. 8 ff.), ist die Auffassung des
Senats zwanglos sowohl mit Wortlaut als auch mit Sinn und Zweck der
einschlägigen Vorschriften in Einklang zu bringen, die der
Gesetzgeber bei der Neufassung von § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO
i.V.m. § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO im Blick hatte (nachfolgend
aa). Es bedarf daher weder einer Gesetzesänderung, noch ist -
wie andere Teile des 2. Strafsenats erwägen (Beschl. vom 25.
November 2009 - 2 ARs 445/09 - dort Rdn. 12) - eine entsprechende
Anwendung des § 249 Abs. 2 StPO erforderlich. Vielmehr wird
die Auffassung des Senats den Funktionen, die der Fassung des
Anklagesatzes und dessen Verlesung im Strafverfahren zukommt, gerecht
(nachfolgend bb).
14
- 8 -
aa) § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO und § 200 Abs. 1 Satz 1
StPO in ihrer heutigen Fassung gehen zurück auf das Gesetz zur
Änderung der Strafprozessordnung und des
Gerichtsverfassungsgesetzes vom 19. Dezember 1964 (BGBl. I 1067). Mit
diesem wurde § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO dahingehend
geändert, dass die Verlesung des
Eröffnungsbeschlusses, in dem nach der Neufassung des Gesetzes
nur noch über die Zulassung der Anklage zu entscheiden ist,
durch die Verlesung des Anklagesatzes ersetzt wurde. Gleichzeitig wurde
§ 200 Abs. 1 Satz 1 StPO neugefasst. An Stelle der bisherigen
Formulierung, wonach „die dem Angeschuldigten zur Last
gelegte Tat unter Hervorhebung ihrer gesetzlichen Merkmale und des
anzuwendenden Strafgesetzes zu bezeichnen“ war, trat die noch
heute gültige Legaldefinition des Begriffes
„Anklagesatz“, der sich auch in § 243 Abs.
3 Satz 1 StPO wieder findet.
15
Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt dabei dem Anklagesatz besondere
Bedeutung zu (vgl. Anlage zur Kabinettsvorlage des BMJ vom 10. Juni
1960 - 4100/1B - O - 22 872/60 - S. 76). Demgemäß
forderte die damalige Kommentarliteratur im Anschluss an die
Gesetzesänderung, dass die Tat als klarer Lebensvorgang so
geschildert werden müsse, dass dem Leser (auch dem juristisch
nicht vorgebildeten) erkennbar werde, welches Tun oder Unterlassen
Gegenstand der Aburteilung sein soll (Kohlhaas in LR 22. Aufl.
§ 200 Anm. 4). Weiter wurde als erforderlich angesehen, dass
die rechtliche Subsumtion klar und erschöpfend sein soll, was
aber nicht auf Kosten der allgemeinen Verständlichkeit gehen
dürfe. Namentlich im Hinblick auf die Fortsetzungstat wurde
als notwendig, aber auch ausreichend angesehen, dass die Einzelakte aus
der Anklageschrift zu erkennen sind, wobei es als ausreichend angesehen
wurde, wenn einzelne Akte konkret bezeichnet werden und auf den
Fortsetzungszusammenhang verwiesen wird (Kohlhaas aaO Anm. 5). Insoweit
hatte sich die Literatur an der bereits vor der
Gesetzesänderung ergangenen Recht-
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- 9 -
sprechung und Literatur orientiert, nach der nicht notwendig war, bei
fortgesetzter Handlung jeden Einzelakt in individualisierter Eigenart
anzugeben (vgl. OLG Oldenburg NJW 1952, 990; Schmidt Lehrkommentar zur
Strafprozessordnung 1957 § 200 Erl. 10).
bb) Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass es der
Gesetzgeber bei der Neufassung der einschlägigen Vorschriften
für erforderlich erachtete, bei Serientaten sämtliche
Einzeltaten in den Teil der Anklage aufzunehmen, der in der
Hauptverhandlung zu verlesen ist (Anklagesatz). Vielmehr ist - auch
gemessen an der Funktion und der Stellung der Verlesung des
Anklagesatzes in der Hauptverhandlung - davon auszugehen, dass der zu
verlesende Anklagesatz nach dem Willen des Gesetzgebers geeignet sein
soll, die wesentlichen Gesichtpunkte der zur Aburteilung stehenden
Lebenssachverhalte für alle Verfahrensbeteiligten und die
Öffentlichkeit in einer solchen Form zu präsentieren,
dass der weitere Gang der Hauptverhandlung nachvollzogen werden kann.
Hierfür ist die Mitteilung aller Einzeltaten in der Verlesung
weder erforderlich, noch geeignet, zumindest in den Fällen, in
denen die zu verlesenden Details allein aufgrund der schlichten Menge
der Information intellektuell nicht erfasst und gespeichert werden
können. Der Zweck, der mit der Verlesung des Anklagesatzes
nach § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO verbunden ist, gebietet
vielmehr, den konkreten Anklagesatz so zu fassen, dass er bei Verlesung
in der Hauptverhandlung für alle Verfahrensbeteiligte sowie
die Öffentlichkeit verständlich und erfassbar ist
(vgl. auch Nr. 110 Abs. 1 RiStBV, im Ansatz ebenso Britz in FS
Müller, 2008, S. 107, 111 f., der zutreffend von der
„Hörverständlichkeit“ des zu
verlesenden Anklagesatzes spricht). Verständlichkeit und
Erfassbarkeit des Inhaltes ist bei Tabellenwerken, die mehrere hundert
Seiten füllen und über viele Stunden oder Tage
verlesen werden, aber gerade nicht gegeben.
17
- 10 -
cc) Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trug diesen
Gesichtspunkten in der Folge Rechnung, indem sie bei der Anklage einer
fortgesetzten Handlung anerkannte, dass bei ausreichender
Konkretisierung eines Lebenssachverhaltes innerhalb der gesamten
Anklage nicht einmal die Darstellung der Einzelakte erforderlich war
(BGH, Urt. vom 27. Mai 1975 - 5 StR 184/75; Urt. vom 2. Mai 1985 - 4
StR 142/85).
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dd) Ein solches Verständnis vom Wesen des Anklagesatzes steht
auch im Einklang mit dem allgemeinen Wortsinn des Begriffes
„Satz“, der eine knappe, alle wesentlichen
Gesichtspunkte erfassende Schilderung des angeklagten
Lebenssachverhaltes nahe legt. Mit der Neufassung des § 200
Abs. 1 Satz 1 wollte der Gesetzgeber einen zu schleppenden und zu
schwer verständlichen Aufbau vermeiden.
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ee) In Anbetracht der in der Praxis aufgrund der bisherigen Auslegung
von § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m. § 200 Abs. 1 Satz
1 StPO bestehenden Probleme, die sich nicht bei der Abfassung der
Anklage, sondern vielmehr bei deren Verlesung in der Hauptverhandlung
stellen, reduziert sich die aufgeworfene Rechtsfrage im Ergebnis
letztlich darauf, ob die Verlesung der Einzelheiten der Taten, d.h. die
konkreten Tatzeitpunkte, die Tatorte, die Tatopfer und die jeweiligen
Einzelschäden, im Hinblick auf die Funktionen, die dem
Anklagesatz zukommen, geboten ist. Insoweit ist folgendes zu sehen:
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(1) Die Anklage dient zunächst dazu, die dem Angeklagten zur
Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu
bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs
klargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist; sie
muss sich von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen desselben
Täters unterscheiden lassen. Es darf nicht unklar blei-
21
- 11 -
ben, über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der
Staatsanwaltschaft urteilen soll (Umgrenzungsfunktion, vgl. BGHSt 40,
390, 392).
Dieser Umgrenzungsfunktion wird die Anklage, die in der nach Auffassung
des Senats gebotenen Art und Weise abgefasst (oben 1. b) ist, gerecht.
Durch die Angabe der Zahl der Einzeltaten, die in einem umgrenzten
Tatzeitraum begangen wurden und die zudem in den Tabellen der
Einzeltaten konkretisiert werden, ist eine hinreichende
Individualisierung der Taten gegeben. Für die Beteiligten des
konkreten Verfahrens bleibt bei einer solchen Vorgehensweise nicht
unklar, welche Einzeltaten nach dem Willen der Staatsanwaltschaft zur
Aburteilung stehen. Auch in anderen Verfahren, in denen der Umfang der
angeklagten Taten im Hinblick auf Fragen des Strafklageverbrauchs
o.ä. bedeutsam sein könnte, kann zweifelsfrei
festgestellt werden, welche Einzeltaten von der Anklage umfasst sind.
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In diesem Sinn machen die Revisionen im vorliegenden Verfahren auch zu
Recht kein Verfahrenshindernis geltend, das gegeben wäre, wenn
die vorliegende Anklage nicht der Umgrenzungsfunktion entsprechen
würde. Auch der 2. Strafsenat erachtete in der Entscheidung,
von der abgewichen werden soll, die Umgrenzungsfunktion noch als
hinreichend gewahrt. Den durchgreifenden Rechtsfehler erkennt der 2.
Strafsenat vielmehr darin, dass der Informationsfunktion der Anklage
nicht entsprochen wurde, da die Einzelheiten, die die dem Angeklagten
zur Last gelegten Taten konkretisieren, nicht nach § 243 Abs.
3 Satz 1 StPO in der Hauptverhandlung verlesen wurden (2. Strafsenat,
Urt. vom 28. April 2006 - 2 StR 174/05 - Rdn. 7).
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(2) Entscheidend ist daher, ob im Hinblick auf die Informationsfunktion
der Anklage über die Verlesung des Anklagesatzes hinaus, in
dem neben der
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Schilderung der gleichartigen Tatausführung, die die Merkmale
des jeweiligen Straftatbestandes erfüllt, die Gesamtzahl der
Taten, der Tatzeitraum sowie der Gesamtschaden bezeichnet werden, die
Verlesung der Einzelheiten der Taten, d.h. die konkreten Tatzeitpunkte,
die Tatorte, die Tatopfer und die jeweiligen Einzelschäden,
geboten ist. Dies ist nach der Auffassung des Senats zu verneinen.
Im Hinblick auf die Informationsfunktion kommt der Anklage die Aufgabe
zu, den Angeklagten und die übrigen Verfahrensbeteiligten
über weitere Einzelheiten des Vorwurfs zu unterrichten, um
ihnen Gelegenheit zu geben, ihr Prozessverhalten auf den mit der
Anklage erhobenen Vorwurf einzustellen (vgl. BGHSt 40, 44, 47 f.).
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(a) Der Informationsfunktion gegenüber dem Angeklagten
entspricht das Gesetz dabei zunächst insoweit, als die
Anklageschrift dem Angeschuldigten nach § 201 Abs. 1 StPO
zugestellt wird. Bereits dadurch soll die umfassende und
zuverlässige Unterrichtung des Angeschuldigten
gewährleistet werden, um ihm rechtliches Gehör
bereits vor der Eröffnung des Hauptverfahrens und die
Möglichkeit zur Vorbereitung seiner Verteidigung zu geben
(vgl. Schneider in KK 6. Aufl. § 201 Rdn. 1 m.w.N.). Diese,
die Informationsfunktion gegenüber dem Angeklagten
prägenden Gesichtspunkte, werden durch die Abfassung der
Anklage in der vorliegenden Art und Weise aber nicht
beeinträchtigt, da dem Angeklagten die gesamte Anklage
zugestellt wird. Insoweit ist auch - verfassungsrechtlich unbedenklich
(vgl. BVerfG NStZ 2004, 214) - anerkannt, dass die Übersetzung
der Anklage in der Hauptverhandlung nicht erforderlich ist, wenn dem
des Lesens Kundigen eine schriftliche Übersetzung
überlassen wird (Schneider in KK 6. Aufl. § 243 Rdn.
21, Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 243 Rdn. 13).
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- 13 -
Soweit darüber hinaus dem Angeklagten in der Hauptverhandlung
durch die Verlesung nochmals die gegen ihn erhobenen Vorwürfe
verdeutlicht werden sollen, wird diesem Zweck durch die Verlesung (und
ggfs. Übersetzung) der - quasi vor die Klammer gezogenen -
Kernvorwürfe ausreichend Rechnung getragen. Eine
Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des
Angeklagten ist hierin nicht zu sehen.
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(b) Auch gegenüber den weiteren Verfahrensbeteiligten, die die
gesamte Anklage ausgehändigt erhalten, wird der
Informationsfunktion durch die Überlassung der Anklage
entsprochen. Der Fassung des zu verlesenden Anklagesatzes kommt daher
im Hinblick auf die Informationsfunktion nur noch insoweit Bedeutung
zu, als die Schöffen über den Verfahrensgegenstand
informiert werden. Daneben tritt die Information der
Öffentlichkeit. Insoweit ist die relevante Problematik weiter
darauf einzugrenzen, ob durch die Verlesung eines
unüberschaubaren Anklagesatzes, der auch die Tateinzelheiten
in Tabellen umfasst, der Information der Schöffen und der
Öffentlichkeit besser entsprochen werden kann. Dies ist im
Hinblick auf die eingeschränkte Verständlichkeit und
Erfassbarkeit der in Rede stehenden Tabellenwerke zu verneinen.
28
(aa) Die Schöffen sollen durch die Verlesung des Anklagesatzes
mit dem Gegenstand der Verhandlung und mit den Grenzen, in denen sich
diese und die Urteilsfindung zu bewegen hat, bekannt gemacht werden.
Sie sollen so über den erhobenen Tatvorwurf informiert werden,
dass sie ihr Amt ausüben können. An diesen Funktionen
gemessen ist der Informationswert einer gruppierten Darstellung
gegenüber der bloß chronologischen Auflistung der
Einzeltaten weitaus höher. Die für die Beurteilung
der Sachverhalte maßgeblichen Gesichtspunkte können
von allen Verfahrensbeteiligten schneller erfasst und bewertet werden.
Demgegenüber bringt die stunden- oder tagelange Verlesung
(vgl. oben II. 2. a) hunderter, zuweilen tausender von
Datensätzen, bei dem die
29
- 14 -
Aufmerksamkeit der Verfahrensbeteiligten und der
Öffentlichkeit regelmäßig rasch erlahmt,
keinen weitergehenden Erkenntnisgewinn. Hierbei ist auch zu
berücksichtigen, dass die Einzeltaten im Laufe der
Hauptverhandlung ohnehin im Detail eingeführt werden
müssen. Bereits dadurch ist ausgeschlossen, dass die
Schöffen bei der Urteilsfindung nicht über die
Tateinzelheiten informiert sind.
Daneben können die - nicht zu verlesenden - Tabellenwerke den
Schöffen ausgehändigt werden (s.a. Krehl NStZ 2008,
525, 526), ohne dass dies freilich für eine hinreichende
Anklageverlesung i.S.v. § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m.
§ 200 Abs. 1 Satz 1 StPO erforderlich wäre. So kann
den Schöffen das Nachvollziehen der einzelnen Feststellungen
in der Hauptverhandlung erleichtert werden. Die Aushändigung
des Anklagesatzes wird grundsätzlich als zulässig
angesehen (vgl. Häger in GedSchr. für Karlheinz
Meyer, 1990, S. 171, 172 ff.; Schneider in KK 6. Aufl. § 243
Rdn. 21; Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 243 Rdn. 13)
und auch seitens des 2. Strafsenats im Antwortbeschluss
befürwortet. Sie widerspricht auch nicht dem Grundsatz des
fairen Verfahrens (EGMR NJW 2009, 2871, 2873). Durch die
Aushändigung der gesamten Anklage einschließlich der
Tabellen mit den Einzeltaten wird den Schöffen
ermöglicht, der weiteren Hauptverhandlung - namentlich der
Beweisaufnahme - anhand der schriftlich vorliegenden Anklage zu folgen.
Jeweils dann, wenn der Gang der Hauptverhandlung dies erforderlich
macht, kann der Schöffe auf die maßgeblichen Punkte
zurückgreifen. Gerade dann wird er auch die Einzelheiten des
konkret nachzuweisenden Falles am besten erfassen können.
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Deshalb ist - orientiert an den Zwecken, die der Anklage zukommen - die
Auffassung des Senats auch vorzugswürdig gegenüber
einer Einführung der Anklage in entsprechender Anwendung des
§ 249 Abs. 2 StPO, wie sie ein Teil
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- 15 -
des 2. Strafsenats befürwortet (2. Strafsenat, Beschl. vom 25.
November 2009 - 2 ARs 445/09 - dort Rdn. 12). Denn die
Einführung der Anklage in entsprechender Anwendung des
§ 249 Abs. 2 StPO müsste - den Vorgaben des
§ 243 Abs. 3 StPO folgend - vor Eintritt in die Beweisaufnahme
erfolgen. Zu diesem Zeitpunkt bestehen indes die nämlichen
Bedenken im Hinblick auf die intellektuelle Erfassbarkeit der
Einzeldaten der Taten, wie sie im Hinblick auf die Verlesung des
gesamten Anklagesatzes bestehen. Der eigentliche Erkenntnisgewinn kommt
den Daten der Einzeltaten erst dann zu, wenn diese Gegenstand der
Beweisaufnahme sind.
(bb) Auch die Öffentlichkeit wird durch die Verlesung des
konkreten Anklagesatzes, wie er nach Auffassung des Senats gefasst sein
kann, hinreichend informiert. Eine Bekanntgabe der Daten, die die
Einzelfälle konkretisieren, ist demgegenüber nicht
erforderlich (so wohl auch Krehl aaO). Denn Zweck des
Öffentlichkeitsprinzips ist einerseits die Kontrolle des
Verfahrensgangs durch die Allgemeinheit. Daneben dient sie dem
Informationsinteresse des Publikums sowie spezial- und
generalpräventiven Zwecken (vgl. Diemer in KK 6. Aufl. GVG
§ 169 Rdn. 2). Diese Zwecke werden aber auch gewahrt, ohne
dass eine dem Formalismus, nicht mehr aber dem eigentlichen Sinn der
Vorschriften Rechnung tragende langatmige Verlesung des Anklagesatzes
erfolgt, die allenfalls dessen akustische Wahrnehmung, nicht aber seine
Aufnahme oder ein intellektuelles Verarbeiten durch die
Zuhörer bewirkt. Zudem ist auch an dieser Stelle zu
berücksichtigen, dass die Einzeltaten im Laufe der
Hauptverhandlung ohnehin im Detail eingeführt werden
müssen. Auch die Öffentlichkeit wird dadurch
hinreichend über die weiteren Tateinzelheiten informiert.
32
Daher erweist sich auch im Hinblick auf die Information der
Öffentlichkeit eine Einführung der Anklage in
entsprechender Anwendung des § 249 Abs. 2
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StPO gerade nicht als die geeignetere Verfahrensweise. Die
vollständige Ersetzung der Verlesung würde dazu
führen, dass jegliche Information der Öffentlichkeit
über den Verfahrensgegenstand entfiele. Sollte nur die
Verlesung der Einzeldaten ersetzt werden, ergäbe sich kein
weitergehender Erkenntnisgewinn.
c) Nach Auffassung des Senats bestehen daher weder im Hinblick auf den
Wortlaut des Gesetzes noch auf den Zweck, den das Gesetz mit der
Fassung und der Verlesung des Anklagesatzes verfolgt, Bedenken gegen
die vom Senat vertretene Auslegung von § 243 Abs. 3 Satz 1
StPO i.V.m. § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO. Vor diesem Hintergrund
ist - entgegen der Vorbehalte des 3. Strafsenats (Beschl. vom 17.
November 2009 - 3 ARs 16/09 - Rdn. 7) - eine sinnhafte Auslegung auch
möglich, so dass es einer Gesetzesänderung nicht
bedarf.
34
Darüber hinaus erachtet der Senat auch die weiteren
Gesichtspunkte, die der 2. Strafsenat in seinem Antwortbeschluss vom
25. November 2009 und der 3. Strafsenat in seinem Antwortbeschluss vom
17. November 2009 anführen, nicht als durchschlagend:
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aa) Soweit in den Antwortbeschlüssen das im Anfragebeschluss
angeführte Abgrenzungskriterium der
„zahlreichen“ Vermögensdelikte als zu
unbestimmt erachtet wird, kann dem nach Auffassung des Senats dadurch
begegnet werden, dass in Anlehnung an § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr.
2 Alt. 2 StGB; § 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 StGB; § 306b
Abs. 1 Alt. 2 StGB; § 330 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB auf eine
große Zahl von Vermögensdelikten abgestellt wird.
Diese wird ab 20 Taten gegeben sein (vgl. Fischer StGB 57. Aufl.
§ 267 Rdn. 40; § 330 Rdn. 8). Werden insoweit bereits
im materiellen Strafrecht keine Bedenken ge-
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gen die hinreichende Bestimmtheit der dortigen Tatbestandsmerkmale
erhoben, können nach Auffassung des Senats auch keine
weitergehenden Bedenken gegen die Bestimmtheit der für die in
strafprozessualer Hinsicht erforderlichen Voraussetzungen bestehen. Die
Anforderungen an den Begriff der „großen
Zahl“ kann daher durch die Rechtsprechung hinreichend
konkretisiert werden.
bb) Auch der als weiteres Abgrenzungsmerkmal aufgenommene Begriff des
„einheitlichen modus operandi“ ist nach Auffassung
des Senats hinreichend bestimmt, um in der Praxis eine sachgerechte
Handhabung zu ermöglichen. Denn ein einheitlicher modus
operandi ist nur dann gegeben, wenn die vom Senat für
erforderlich erachtete Gruppierung möglich ist. Nur dann, wenn
für die große Zahl von Taten eine
allgemeingültige Beschreibung der Tatbegehung, die quasi vor
die Klammer gezogen wird, erfolgen kann, ist eine Konkretisierung des
Anklagesatzes einerseits möglich und andererseits auch
sinnvoll.
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cc) Durch das Erfordernis der Gruppierungsmöglichkeit aufgrund
eines einheitlichen modus operandi ist zuletzt nach Auffassung des
Senats auch den seitens des 2. Strafsenats gehegten
Befürchtungen, dass die Aufstellungen der Einzeltaten in
tabellarischer Form besonders fehleranfällig seien,
hinreichend begegnet. Ohnehin ist für die Frage, welchen
Umfang der nach § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m. § 200
Abs. 1 Satz 1 StPO zu verlesende Anklagesatz im Hinblick auf die
Informationsfunktion aufweisen muss, die Frage der
Fehleranfälligkeit des Erstellens von Tabellen ohne Belang.
Allenfalls für die Frage, ob Einzeltaten überhaupt in
der Anklage tabellarisch erfasst werden dürfen, kann die
Fehlerhaftigkeit eines solchen Vorgehens von Bedeutung sein. Dessen
ungeachtet ist aber gerade dadurch, dass die Gruppierung der einzelnen
Taten einerseits dazu zwingt, die Besonderheiten des Einzelfalles
genauer in den Blick zu nehmen, andererseits aber auch die
Möglichkeit schafft, die für mehre-
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re Taten übereinstimmenden Gesichtspunkte herauszustellen,
eine sachgerechte tatsächliche und rechtliche Erfassung des
Einzelfalles möglich.
Nack Wahl Rothfuß
Jäger Sander |