BGH,
Beschl. v. 24.7.2008 - 3 StR 243/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 243/08
vom
24.7.2008
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 24.7.2008 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Düsseldorf vom 30. Oktober 2007, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der
Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in drei Fällen und der
Beihilfe zum versuchten schweren Bandendiebstahl schuldig ist,
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "schweren Bandendiebstahls in
fünf Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch
blieb", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit
seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen
Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel
ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Nach den Feststellungen brachen die Mitangeklagten R. , H. und M. in
Tankstellen oder Lebensmittelmärkte ein und entwendeten daraus
Tresore sowie Zigaretten. In einigen Fällen blieb es beim
Versuch. Fünf dieser Taten förderte der Angeklagte
dadurch, dass er absprachegemäß die zu ihm
gebrachten Tresore in seiner Werkstatt aufschweißte und
anschließend entsorgte bzw. - im Fall des Versuchs - einen
solchen Tatbeitrag zuvor zugesagt hatte. Für zwei
Einbruchsdiebstähle stellte er zudem seinen Transporter zur
Verfügung. Die jeweils in den Tresoren enthaltenen
Geldbeträge zwischen 4.000 und 25.000 Euro teilten die
Mitangeklagten R. , H. und M. unter sich auf, während der
Angeklagte für das Aufschweißen und Entsorgen der
Tresore jeweils einen Betrag zwischen 400 und 500 Euro erhielt. In
einer Nacht (Fälle II. 7. und 8. der Urteilsgründe)
entwendeten die Mitangeklagten nacheinander aus zwei Tankstellen
jeweils einen Tresor. Anschließend brachten sie beide Tresore
zu dem Angeklagten, der sie gegen die übliche Entlohnung
aufschweißte und entsorgte.
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Das Landgericht hat dem Angeklagten alle Taten, an denen er beteiligt
war, als Mittäter zugerechnet. Außerdem hat es in
den Fällen II. 7. und 8. der Urteilsgründe das
Aufschweißen der zwei aus verschiedenen
Einbruchsdiebstählen stammenden Tresore als in Tatmehrheit
(§ 53 Abs. 1 StGB) zueinander stehende Einzeltaten bewertet.
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2. Die rechtliche Wertung des Landgerichts hält zum Teil der
revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Auf der
Grundlage der getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte lediglich
der Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl (§ 242 Abs. 1,
§ 244 a Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB) in drei
Fällen sowie der Beihilfe zum versuchten schweren
Bandendiebstahl (§ 242 Abs. 1, § 244 a Abs. 1,
§§ 22, 27 Abs. 1 StGB) schuldig.
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a) Schließen sich mehrere Täter - wie vom
Landgericht auch hinsichtlich des Angeklagten rechtsfehlerfrei
angenommen - zu einer Bande zusammen, um fortgesetzt
Diebstähle nach § 242 Abs. 1, § 244 a Abs. 1
StGB zu begehen, hat dies nicht zur Folge, dass jede von einem der
Bandenmitglieder aufgrund der Bandenabrede begangene Tat den anderen
Bandenmitgliedern ohne weiteres als gemeinschaftlich begangene Straftat
im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann.
Vielmehr ist für jede einzelne Tat nach den allgemeinen
Kriterien festzustellen, ob sich die anderen Bandenmitglieder hieran
als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt oder ob sie
gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Tatbeitrag
geleistet haben. Die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft an
bzw. Beihilfe zu der jeweiligen Einzeltat ist in wertender Betrachtung
unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen,
die von der Vorstellung des jeweiligen Bandenmitglieds umfasst sind.
Maßgeblich sind dabei insbesondere sein Interesse an der
Durchführung der Tat sowie der Umfang seiner Tatherrschaft
oder jedenfalls sein Wille Tatherrschaft auszuüben, d. h. ob
objektiv oder jedenfalls aus seiner Sicht die Ausführung der
Tat wesentlich von seiner Mitwirkung abhängt (vgl. BGH NStZ-RR
2003, 265, 267; Fischer, StGB 55. Aufl. § 25 Rdn. 12 und
§ 244 Rdn. 19 a).
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Nach diesen Kriterien sind die festgestellten Tatbeiträge des
Angeklagten als Beihilfehandlungen zu werten. Diese
beschränkten sich mit dem Aufschweißen der
angelieferten Tresore und dem Überlassen des Transporters auf
unterstützende Tätigkeiten. Die Einbrüche in
die Tankstellen und die Lebensmittelmärkte sowie die
Entwendung der Tresore erfolgten durch andere Bandenmitglieder, die
über deren Durchführung und die Auswahl der
Tatobjekte ohne den Angeklagten entschieden, der nur über die
bevorstehende Anlieferung der Tresore unterrichtet wurde. Für
das Aufschweißen bekam der Angeklagte jeweils nur einen
angesichts der Tatbeute vergleichsweise geringen Betrag als
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Entlohnung. Unter diesen Umständen ist eine Tatherrschaft des
Angeklagten ebenso wenig erkennbar wie sein Wille hierzu.
b) In den Fällen II. 7. und 8. der Urteilsgründe hat
der Angeklagte die zwei selbständigen Haupttaten durch eine
Unterstützungshandlung gefördert, so dass auch nur
eine Beihilfe vorliegt. Sind an einer Deliktsserie mehrere Personen als
Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen
beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Straftaten tateinheitlich
oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden der
Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden (BGH
NStZ-RR 2003, 265, 267). Hat ein Gehilfe, der an der unmittelbaren
Ausführung der Taten nicht beteiligt war, einen mehrere
Einzeldelikte fördernden einheitlichen Tatbeitrag erbracht,
werden ihm insoweit die jeweiligen Taten der Haupttäter nur
als tateinheitlich begangen zugerechnet, weil sie in seiner Person
durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des
§ 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die
Haupttäter die ihnen zurechenbaren Taten tatmehrheitlich
begangen haben, ist demgegenüber ohne Belang (vgl. BGH wistra
2001, 336, 337 m. w. N; Fischer aaO vor § 52 Rdn. 34, 36).
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Ein die zwei Einbruchsdiebstähle fördernder
einheitlicher Tatbeitrag des Angeklagten ist festgestellt. Er sagte -
wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt -
vor deren Durchführung zu, die Tresore, die in dieser Nacht
erbeutet werden, aufzuschweißen. Die Tresore wurden zusammen
angeliefert und vom Angeklagten unmittelbar nacheinander
geöffnet.
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3. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen
Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können,
die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Taten führen.
Er ändert deshalb den Schuldspruch entsprechend (§
354 Abs. 1 StPO). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen,
weil sich der
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geständige Angeklagte gegen den geänderten
Schuldvorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen
können.
4. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung
der Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe. Die Feststellungen zum
Strafausspruch sind rechtsfehlerfrei getroffenen und können
deshalb bestehen bleiben. Ergänzende weitere Feststellungen,
die hierzu nicht in Widerspruch stehen, sind zulässig.
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Becker Miebach von Lienen
Sost-Scheible Hubert |