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BGH, Beschluss vom 24. Mai 2006 - 5 StR 158/06


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 24.5.2006 - 5 StR 158/06
5 StR 158/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
24.5.2006
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung mit Todesfolge
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24.05.2006
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 12.10.2005 nach § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten, die insbesondere geltend macht, das Landgericht habe ihm Notwehr, hilfsweise eine Überschreitung der Notwehr unter den Voraussetzungen des § 33 StGB zugute halten müssen, erweist sich aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 12. April 2006 als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet. Das Rechtsmittel erzielt aber hinsichtlich des Strafausspruchs einen Teilerfolg.
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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts waren der 60 Jahre alte Angeklagte und der 42 Jahre alte E. seit November 2000 verfeindet. Sie trafen in der Nacht des 2. April 2004 - zunächst auf gegen-
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über liegenden Bürgersteigen - aufeinander, beleidigten sich lautstark gegenseitig und forderten den jeweiligen Gegner auf, doch auf die andere Stra-ßenseite herüber zu kommen. Beide trafen dann auf der Fahrbahn aufeinander. Der mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ alkoholisierte Angeklagte erlitt einen heftigen Schlag gegen die Brust und stürzte rückwärts schmerzhaft zu Boden. Er erhob sich wieder, zog ein Messer aus seiner Tasche, öffnete dieses und stach fünf Mal von vorn und hinten gegen Hals und Oberkörper des E. , der dem Angeklagten seinerseits noch heftige Faustschläge versetzte. E. verstarb infolge eines in den Herzbeutel geführten Messerstichs.
2. Das Landgericht hat die Annahme eines minder schweren Falles gemäß § 227 Abs. 2 StGB im Wesentlichen mit folgenden Erwägungen verneint: „…der Getötete (hat) durch sein eigenes aggressives Verhalten einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung der Auseinandersetzung geleistet, indem er auf den Angeklagten zustürmte und ihn niederschlug, nachdem er sich zuvor an wechselseitigen Beleidigungen beteiligt bzw. diese möglicherweise sogar begonnen hatte. Weil der Angeklagte in erheblichem Umfang Alkohol zu sich genommen hatte, war seine Hemmschwelle zur Begehung der Tat zudem herabgesetzt. Gegen die Annahme eines minder schweren Falles spricht jedoch, dass der Angeklagte von Beginn der Auseinandersetzung an ein hohes Maß an Aggressivität gezeigt hat, das ihn sogleich zum Messer greifen und ohne Vorwarnung wiederholt zustechen ließ.“
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Solches stößt auch eingedenk des eingeschränkten revisi-onsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. BGHSt 29, 319, 320) auf durchgreifende Bedenken.
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Die Erwägung, der Angeklagte habe „sogleich“ zum Messer gegriffen und deshalb ein hohes Maß an Aggressivität gezeigt, findet in den Feststellungen keine Stütze (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler
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16). Danach wurde der Angeklagte zunächst in schmerzhafter Weise vom späteren Opfer niedergeschlagen. Erst danach habe er sein Messer eingesetzt.
Auch der Umstand, dass der Angeklagte „ohne Vorwarnung“ wiederholt zugestochen hat, ist nicht geeignet, hier einen maßgeblich erhöhten Schuldvorwurf zu belegen. Mit einer Warnung hätte der Angeklagte vielmehr einen die Schuld mindestens weiter herabsetzenden Umstand begründet, weil der Täter dem Opfer noch Gelegenheit gegeben hätte, seine körperliche Integrität durch Beendigung der eigenen Aggression zu bewahren.
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Schließlich stößt hier auch die schulderhöhende Bewertung der Anzahl der vom Angeklagten geführten Stiche auf Bedenken. Zwar manifestieren sie grundsätzlich eine in der Tatausführung zum Ausdruck kommende erhöhte kriminelle Energie (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsversuch 1). Vorliegend hätte das Landgericht aber auch den dieser Wertung entgegenstehenden Umstand erwägen müssen, dass der Angeklagte nicht nur „aus Wut über die vorausgegangenen Beleidigungen“ gehandelt hat, sondern auch „um sich den wieder auf ihn zukommenden Getöteten vom Leib zu halten“ (UA S. 9), mithin auch mit dem Willen, sich zu verteidigen.
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Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich eine zutreffende Bewertung der dargelegten Umstände bei Strafrahmenwahl und Straffestsetzung zugunsten des Angeklagten ausgewirkt hätte. Neben der Aufhebung des Strafausspruchs bedarf es einer Aufhebung von Feststellungen bei dem hier vorliegenden bloßen Wertungsfehler nicht.
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