BGH,
Beschl. v. 24.11.2009 - 4 ARs 18/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 ARs 18/09
vom
24. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u. a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. November 2009
beschlossen:
Der beabsichtigten Rechtsprechung des 2. Strafsenats steht
Rechtsprechung des 4. Strafsenats nicht entgegen.
Gründe:
1. Der 2. Strafsenat beabsichtigt zu entscheiden:
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"Die Aufhebung eines Urteils wegen eines Rechtsfehlers bei der
Anwendung des § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB i.d.F. des
Gesetzes vom 16. Juli 2007 (BGBl. I 1327) ist auf einen nicht
revidierenden Mitangeklagten gemäß § 357
Satz 1 StPO zu erstrecken, wenn sich die vom Tatrichter festgestellte
voraussichtliche Dauer der Unterbringung nach § 64 StGB auch
für den Mitangeklagten aus den Urteilsgründen ergibt
und der Tatrichter bei dem Mitangeklagten ebenso wie beim
Revisionsführer sich bei der Bemessung des vorab zu
vollstreckenden Teils der Freiheitsstrafe entgegen § 67 Abs. 2
Satz 3 StGB nicht am Halbstrafenzeitpunkt orientiert hat."
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Er hat daher bei den übrigen Strafsenaten angefragt, ob
dortige Rechtsprechung der beabsichtigten Entscheidung entgegen steht
und ob gegebenenfalls an ihr festgehalten wird.
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2. Rechtsprechung des 4. Strafsenats steht der beabsichtigten
Entscheidung bisher nicht entgegen.
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Der Senat hat jedoch Bedenken gegen eine solche Erstreckung.
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a) Bei § 67 Abs. 2 StGB handelt es sich um eine dem
Vollstreckungsrecht zuzuordnende Vorschrift. Schon deshalb ist
zweifelhaft, ob seine fehlerhafte Anwendung eine "Gesetzesverletzung
bei Anwendung des Strafgesetzes" darstellt, wie sie § 357 Satz
1 StPO voraussetzt.
Anders als in den Fällen etwa des § 51 Abs. 1 Satz 1,
Abs. 4 Satz 2 StGB (vgl. BGH Beschl. v. 1. September 2009 - 3 StR
264/09 m.w.N.) ist es dem (Vollstreckungs-)Gericht
gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1 StGB
möglich, die Entscheidung nach § 67 Abs. 2 Satz 1, 2
StGB schon dann zu ändern, wenn "Umstände in der
Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen". Der nur
ausnahmsweise zulässige Eingriff in die Rechtskraft eines
Urteils mit Hilfe des § 357 StPO (vgl. BGHSt 51, 34, 41) ist
daher zur "Wahrung der materiellen Gerechtigkeit" (vgl. Wohlers/Gaede
NStZ 2004, 9, 10, 15 [zur Entstehungsgeschichte des § 357
StPO]) bzw. zur Durchsetzung der "Idee der materiellen Gerechtigkeit"
(BGH aaO S. 43; KK-Kuckein StPO 6. Aufl. § 357 Rdn. 1 m.w.N.)
nicht geboten.
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b) Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 357 StPO ist aber
auch aus einem weiteren Grund zweifelhaft.
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Dem 2. Strafsenat ist zwar darin zuzustimmen, dass - wenn der
Tatrichter die erforderliche Therapiedauer festgestellt hat -
§ 67 Abs. 2 Satz 3 StGB dem Gericht bei der Bestimmung des
vorab zu vollziehenden Teils der Strafe
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grundsätzlich keinen Ermessensspielraum zugesteht, so dass das
Revisionsgericht gegebenenfalls nur einen Berechnungsfehler des
Tatrichters korrigiert. Die Entscheidung darüber, in welcher
Reihenfolge die Maßregel und die Strafe oder ein Teil
derselben vollstreckt werden sollen, und die Feststellung der
voraussichtlichen Therapiedauer beruhen aber auf individuellen, (nur)
den jeweiligen Angeklagten betreffenden Erwägungen. Diese
dürfen beim Nichtrevidenten vom Revisionsgericht nicht
überprüft werden (§ 352 Abs. 1 StPO; vgl.
zur alten Fassung von § 67 Abs. 2 StGB auch Senat, Beschl. v.
23. April 1991 - 4 StR 121/91, NJW 1991, 2431, 2432). Deshalb erscheint
es auch nicht angezeigt, eine auf der Grundlage solcher individueller
Faktoren getroffene, aus einem anderen Grund rechtsfehlerhafte
Entscheidung zum Anlass für eine Erstreckung zu nehmen.
Tepperwien Maatz Solin-Stojanović
Franke Mutzbauer |