BGH,
Beschl. v. 24.9.2009 - 3 StR 294/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 294/09
vom
24. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 24. September 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Oldenburg vom 10. März 2009
a) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der
Angeklagte des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge in fünf Fällen, der Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
sieben Fällen, des Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei
Fällen sowie des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in 35 Fällen schuldig ist,
b) im Strafausspruch aufgehoben; jedoch werden die zugehörigen
Feststellungen aufrechterhalten.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in 38 Fällen, davon in drei
Fällen in nicht geringer Menge, sowie wegen unerlaubter
Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 12
Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wobei er in
fünf Fällen als Mitglied einer Bande handelte, die
sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hatte" zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Ferner hat es den
Verfall von Wertersatz in Höhe von 5.000 € angeordnet
und verschiedene Gegenstände sowie Bargeld in Höhe
von 300 € eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der
Angeklagte mit seiner auf die Verletzung sachlichen Rechts
gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der
Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen hat die
Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung
keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten
ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
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1. In den Fällen II. B. 2., 3., 6. bis 8. hat die jeweils
tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen
bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge neben der - aus den
Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts
rechtsfehlerfreien - Verurteilung wegen
bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 a
Abs. 1 BtMG) keinen Bestand. Der Bandenhandel verbindet in den
Fällen des § 30 a BtMG die im Rahmen ein und
desselben Güterumsatzes aufeinander folgenden Teilakte,
insbesondere auch den Teilakt der unerlaubten Einfuhr, zu einer
einzigen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit (Weber, BtMG 3. Aufl.
§ 30 a Rdn. 36 m. w. N.). Als unselbständigem Teilakt
des Handeltreibens kommt der Bandeneinfuhr neben dem Bandenhandel daher
keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu.
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Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert und den
Tenor im Übrigen aus Gründen der Klarstellung neu
gefasst.
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2. Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand.
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Das Landgericht hat bei allen Taten gleichermaßen sowohl bei
der Wahl des Strafrahmens als auch bei der Strafzumessung im engeren
Sinne zu Lasten des Angeklagten u. a. gewertet, dass der
(Betäubungsmittel-) "Handel... nur dem eigenen Gewinnstreben,
insbesondere nicht der Finanzierung einer eigenen
Abhängigkeit" gedient habe. Diese Erwägung
lässt besorgen, dass das Landgericht das zum Tatbestand des
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gehörende
Gewinnstreben entgegen § 46 Abs. 3 StGB bei der Strafzumessung
rechtsfehlerhaft zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt
hat.
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Zwar ist es dem Tatrichter nach der bisherigen - allerdings keineswegs
einheitlichen - Rechtsprechung nicht verwehrt, die
ausschließlich gewinnorientierte Motivation eines Angeklagten
als verwerflicher zu bewerten als den häufig vorkommenden
Fall, dass der Täter nur deshalb Handel mit
Betäubungsmitteln treibt, weil er keinen anderen Weg sieht,
die Mittel für die Befriedigung seiner eigenen
Rauschgiftabhängigkeit aufzubringen (BGHR StGB § 46
Abs. 3 Handeltreiben 2; BGH NStZ-RR 1997, 50; BGH, Urt. vom 11.
September 2003 - 1 StR 146/03, insoweit in NStZ 2004, 398 nicht
abgedruckt; einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB
bejahend dagegen BGH, Beschl. vom 7. November 2000 - 4 StR 456/00,
insoweit in StV 2001, 68 nicht abgedruckt). Der Senat hat mit Blick auf
das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB Bedenken, an
dieser - soweit ersichtlich von ihm selbst begründeten (BGHR
aaO) - Rechtsprechung festzuhalten. Denn das Tatbestandsmerkmal des
Handeltreibens setzt stets voraus, dass der Täter nach Gewinn
strebt. Deshalb kann ihm dieses Gewinnstreben, jedenfalls solange es
den Rahmen des Tatbestandsmäßigen
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nicht deutlich übersteigt (BGHR StGB § 46 Abs. 3
Handeltreiben 1), bei der Strafzumessung nicht zum Nachteil, sondern
allenfalls bei Vorliegen einer weniger verwerflichen Tatmotivation zum
Vorteil gereichen. Mit der strafschärfenden
Berücksichtigung einer rein gewinnorientierten Motivation wird
dem Täter deshalb auch - rechtsfehlerhaft - das Fehlen eines
Strafmilderungsgrundes angelastet (ebenso BGHR StGB § 46 Abs.
2 Lebensumstände 11). Der Senat braucht die Rechtsfrage jedoch
nicht zu entscheiden. Denn ein Fall eines rein gewinnorientierten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist hier nicht belegt.
Vielmehr hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte seit
seinem 16. Lebensjahr Kontakt zu Drogen hat und bis zu seiner Festnahme
in vorliegender Sache selbst regelmäßig Haschisch
und Kokain konsumierte. In Anbetracht dieser Feststellungen ist nicht
auszuschließen, dass die Gewinne aus den
Drogengeschäften auch der Finanzierung des eigenen
Betäubungsmittelkonsums des ansonsten einkommenslosen
Angeklagten dienten und deshalb kein hiervon gänzlich
unabhängiges Gewinnstreben des Angeklagten vorlag. Ein
Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46
Abs. 3 StGB scheidet auch nicht deshalb aus, weil ein besonders
verwerfliches, den Rahmen des tatbestandsmäßigen
deutlich übersteigendes Gewinnstreben des Angeklagten bei
Begehung der Taten gegeben war. Entsprechende Anhaltspunkte lassen sich
den Urteilsgründen nicht entnehmen.
Da sich der Rechtsfehler bei Bemessung sämtlicher
Einzelstrafen ausgewirkt hat, unterliegt der Strafausspruch insgesamt
der Aufhebung. Jedoch handelt es sich lediglich um einen
Wertungsfehler, so dass die zugehörigen
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Feststellungen bestehen bleiben können. Im Rahmen der neuen
Strafzumessung sind ergänzende Feststellungen
möglich, sofern sie den bisher getroffenen nicht
widersprechen. Die Anordnungen des Wertersatzverfalls und der
Einziehung sind von der Aufhebung nicht betroffen.
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