BGH,
Beschl. v. 25.4.2006 - 1 StR 539/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 539/05
vom 25.4.2006
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25.04.2006 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Ingolstadt vom 4. Juli 2005 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der
Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt
der Senat: Die von dem Angeklagten veranlassten Leistungen zugunsten
des BRK waren pflichtwidrig im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
Dabei kann dahinstehen, ob die Strafbarkeit des Angeklagten nach dem
Missbrauchstatbestand oder, wie vom Landgericht angenommen, nach dem
Treubruchstatbestand des § 266 Abs. 1 StGB zu beurteilen ist,
was davon abhängt, ob der Angeklagte als
Bürgermeister mit Vertretungsmacht für die Gemeinde
handelte. Inwieweit die Kompetenzregelungen der Art. 29, 30 Abs. 2, 36
und 37 BayGO zivilrechtlich zu Lasten Dritter gelten und mithin zu
einer Einschränkung der Vertretungsmacht führen, ist
umstritten (vgl. die Nachweise in Hölzl/Hien/Huber,
Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung
und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern 36. Lfg. Art. 38
GO Anm. 2.1; offen gelassen in BGH NJW 1980, 115). Der Senat braucht
die Frage hier nicht zu entscheiden, da die
Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des Missbrauchs-
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tatbestandes und die Vermögensfürsorgepflicht im
Sinne des Treubruchstatbestandes vorliegend übereinstimmen
(vgl. BGHSt 47, 187, 192; BGH NJW 1984, 2539, 2540; NJW 2006, 453,
454). Hinsichtlich des Schuldumfangs sind sie hier gleich zu bewerten.
Als Bürgermeister der Stadt S. war der Angeklagte jedenfalls
verpflichtet, deren Vermögensinteressen im Sinne von
§ 266 Abs. 1 StGB eigenverantwortlich zu betreuen (vgl. BGH
NStZ 2003, 540, 541; NStZ-RR 2005, 83, 84; BayObLG JR 1989, 299, 300).
Falls der Angeklagte als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt
haben sollte, wäre infolge seiner Zahlungsanweisungen kein
Darlehensvertrag zwischen der Stadt S. und der Firma B. GmbH zustande
gekommen. Dies hindert aber die Annahme eines
Vermögensnachteils nicht, sodass auch in diesem Zusammenhang
dahinstehen kann, ob die Zuständigkeitsregelungen in der BayGO
die Vertretungsmacht des Bürgermeisters einschränken.
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Eine schadensgleiche konkrete Vermögensgefährdung ist
nämlich bereits darin zu sehen, dass die Stadt S. einem ganz
erheblichen Prozessrisiko ausgesetzt ist, von der Firma B. GmbH auf
Rückzahlung des angewiesenen Gesamtbetrages in Anspruch
genommen zu werden, ohne ihrerseits den Betrag vom BRK
zurückzuerhalten (vgl. BGHSt 44, 376, 385 f.). Dies gilt
insbesondere deshalb, weil die Tatsachen, die eine
Prozessführung ermöglichen, nicht offenkundig sind.
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