BGH,
Beschl. v. 25.4.2007 - 1 StR 156/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 156/07
vom
25.4.2007
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäbungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25.4.2007 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Konstanz vom 19. Dezember 2006 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten als Mittäter wegen
unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der
Freiheitsstrafe von vier Jahren und elf Monaten verurteilt. Die
Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Die
Urteilsgründe tragen die Bewertung, der Angeklagte habe
(mit-)täterschaftlich gehandelt, nicht.
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I.
Zum Tatgeschehen hat die Strafkammer folgende Feststellungen getroffen:
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„Am 19.05.2006 gegen 17.30 Uhr wurden der gesondert verfolgte
N. B. als Kurier und der in demselben anderen Verfahren angeklagte F.
G. als zum Empfang Erschienener bei der Übergabe von 2675
Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 794,623 CHC und 539,4 Gramm
Kokain mit einem solchen von 220,294 Gramm THC, die zuvor von Ersterem
von den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland verbracht worden
waren, in D. festgenommen und das Rauschgift, das ansonsten
gewinnbringend weiterverkauft worden wäre, sichergestellt.
Zuvor hatte der Angeklagte zur Durchführung des
Drogentransports aus dem Nachbarland hierher gegen Zahlung eines Lohnes
von mindestens 2000,00 Euro durch einen den Behörden
unbekannten Hintermann in der Türkei den Kontakt zwischen N.
B. und F. G. hergestellt. Der Angeklagte war sich hierbei bewusst, dass
N. B. , der mit dem LKW einer legale Geschäfte betreibenden
Speditionsfirma unterwegs war, eine solch große Menge
Rauschgift aus den Niederlanden nach Deutschland zum gewinnbringenden
Verkauf verbringen wird. Eine behördliche Erlaubnis
hierfür bestand nicht, was allen Beteiligten bekannt
war.“
Zur Beweiswürdigung hat die Strafkammer ausgeführt:
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„Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung den gegen ihn
erhobenen Vorwurf in dem … [oben] …
aufgeführten Umfang eingeräumt. In der Anklage ist er
weiterhin beschuldigt worden, während der Fahrt die Route N.
B. s fernmündlich gesteuert zu haben. Dies wurde nicht
festgestellt.“
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Rechtlich hat die Strafkammer den festgestellten Sachverhalt wie folgt
gewürdigt:
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„Der Angeklagte hat sich somit nach §§ 30
Abs. 1 Nr. 4, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 52, 25 Abs. 2 StGB strafbar
gemacht.“
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II.
Auf dieser Grundlage hat die Verurteilung des Angeklagten wegen
(mit-)täterschaftlicher Einfuhr und
(mit-)täterschaftlichen Handeltreibens keinen Bestand.
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Ob die Beteiligung an unerlaubtem Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln oder an deren Einfuhr als
Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich
nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung
zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht
nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag
derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein
Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt
dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint.
Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist
nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung
umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen (BGH NStZ 2006,
454). Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen
Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die
Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein, so dass
die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich
auch vom Willen des Beteiligten abhängen (st. Rspr.; vgl.
BGHSt 37, 289, 291 m.w.N.; BGHSt - GS - 50, 252, 266 m.w.N.; BGH NStZ
2000, 482, 483). Dabei deutet eine ganz untergeordnete
Tätigkeit schon objektiv darauf hin, dass der Beteiligte nur
Gehilfe ist (st. Rspr.; vgl. BGHR BtMG
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§ 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 39, 56 und 58; zum Kurier vgl.
BGH, Beschl. v. 28. Februar 2007 - 2 StR 516/06 -, zur
Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
In Grenzfällen hat der Bundesgerichtshof dem Tatrichter
für die ihm obliegende Wertung einen Beurteilungsspielraum
eröffnet. Lässt das angefochtene Urteil erkennen,
dass der Tatrichter die genannten Maßstäbe erkannt
und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, so
kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als
rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche
Beurteilung möglich gewesen wäre (vgl. BGH NStZ 1984,
413, 414; 1985, 165; BGH NJW 1997, 3385, 3387; 2004, 3051, 3053 f.; BGH
NStZ-RR 2005,71).
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Gemessen an diesen Maßstäben ist die Entscheidung
der Strafkammer, den Angeklagten aufgrund der bislang getroffenen
Feststellungen als (Mit-)Täter zu verurteilen, nicht
rechtsfehlerfrei. Die Rolle des Angeklagten beschränkte sich
darauf, dass er - nicht einmal selbst, sondern über einen
unbekannten „Hintermann“ in der Türkei -
den Kontakt zwischen dem Kurier und dem Empfänger der
Betäubungsmittel in Deutschland herstellte. Dafür
erhielt er den in Anbetracht der Handelsmenge eher geringen Betrag von
2.000,-- €. Ein weitergehendes Tatinteresse des Angeklagten
ist nicht festgestellt. Mit dem An- und Verkauf des Rauschgifts hatte
er nichts zu tun. Auf die Gestaltung des Transports und des
Transportweges hatte er, wie die Strafkammer in der
Beweiswürdigung ausdrücklich betont hat, keinen
Einfluss. Der bislang festgestellte Tatbeitrag des Angeklagten ist
lediglich unterstützend und kann nur als Beihilfe zum
Handeltreiben beziehungsweise zur Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bewertet werden.
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Dem Senat ist eine Schuldspruchberichtigung verwehrt, da es nicht
ausgeschlossen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung - unter
Ausnutzung der von der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift
angebotenen Beweismittel, insbesondere der Ergebnisse der
Telefonüberwachung - noch Feststellungen getroffen werden
können, die zu einer tragfähigen Bewertung des
Tatbeitrags des Angeklagten als (mit-)täterschaftlich
führen.
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Nack Wahl Kolz
Frau Richterin am BGH Elf
befindet sich in Urlaub und
ist deshalb an der Unterschrift
gehindert.
Hebenstreit Nack |