BGH,
Beschl. v. 25.2.2000 - 2 StR 555/99
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 555/99
vom
25. Februar 2000
in der Strafsache gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 25. Februar
2000 einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Köln vom 30. Juli 1999 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben, soweit Sicherungsverwahrung gegen den
Angeklagten angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen
Mißbrauchs von Kindern in fünf Fällen
jeweils in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von
Schutzbefohlenen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf
Jahren verurteilt und Sicherungsverwahrung gegen ihn angeordnet.
Seine wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte
Revision führt mit der Sachrüge zur Aufhebung der
Anordnung der Sicherungsverwahrung, im übrigen hat das
Rechtsmittel keinen Erfolg.
Der Strafausspruch enthält keinen Rechtsfehler zum Nachteil
des Angeklagten, die Revision ist deshalb insoweit unbegründet
(§ 349 Abs. 2 StPO). Die Anordnung der Sicherungsverwahrung
kann aber keinen Bestand haben. Das Landgericht hat im Rahmen der
Begründung der vom Angeklagten für die Allgemeinheit
ausgehenden Gefährlichkeit ausgeführt, daß
"die Prognose für das zukünftige Verhalten des
Angeklagten angesichts seiner fehlenden Bereitschaft, sich mit den ihm
im Verfahren Landgericht Köln, Az.: 102-49/95 und auch im
jetzigen Verfahren zur Last gelegten Taten des sexuellen
Mißbrauchs zum Nachteil seiner Töchter
auseinanderzusetzen, nur negativ ausfallen kann" (UA S. 70; vgl. auch
UA S. 77). Da der Angeklagte den Schuldvorwurf bestritten hatte, lassen
diese Ausführungen besorgen, daß zulässiges
Verteidigungsverhalten bei der Prognoseentscheidung im Rahmen von
§ 66 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 StGB rechtsfehlerhaft (vgl.
BGHR StGB § 66 Abs. 1 Gefährlichkeit 4 = NStZ 1993,
37) zu dessen Nachteil gewertet wurde. Bei der Entscheidung
über die Maßregel durfte ebensowenig wie bei der
eigentlichen Strafzumessung berücksichtigt werden,
daß ihm "Schuldeinsicht oder innere Abkehr" fehlt (BGHR StGB
§ 46 Abs. 2 Nachtatverhalten 4 und 24). Dies ist aber der
Fall, wenn ihm "fehlende Auseinandersetzung mit der Tat" angelastet
wird. Ein solches Verhalten hätte er nur unter Aufgabe der
Verteidigungsstrategie zeigen können.
Der Senat kann nicht ausschließen, daß die
Anordnung der Sicherungsverwahrung auf dieser rechtsfehlerhaften
Erwägung beruht. Sie ist nämlich neben der Tatsache,
daß der Angeklagte für eine ähnlich
gelagerte Straftat in Haft war und die Taten während eines
Hafturlaubs begangen hat, eine der tragenden Begründungen
für die von ihm ausgehende Gefahr für die
Allgemeinheit.
Über die Frage der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
muß daher neu verhandelt und entschieden werden.
Die neu entscheidende Strafkammer wird sich angesichts des im Gegensatz
zu der vorherigen Straftat wesentlich geringeren Schuldgehalts der
neuen Taten und der Länge der verhängten
Gesamtfreiheitsstrafe mit der Frage der
Verhältnismäßigkeit der Maßregel
(§ 62 StGB) auseinandersetzen müssen.
Jähnke Niemöller Detter Bode Otten |