BGH,
Beschl. v. 25.7.2001 - 5 StR 287/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 25. Juli 2001
in der Strafsache gegen
wegen versuchter schwerer Brandstiftung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2001
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 16. Februar 2001 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den
Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum
äußeren Tatgeschehen und zum Vorsatz des Angeklagten
aufrechterhalten.
Insoweit wird die weitergehende Revision nach § 349 Abs. 2
StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer
Brandstiftung in drei Fällen und wegen
Sachbeschädigung in zwei Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit
der erhobenen Sachrüge hat die Revision des Angeklagten den
aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Erfolg.
Die Überprüfung des Schuldspruchs hat zu den
Feststellungen zum Tatablauf und zur subjektiven Tatseite keinen den
Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben; jedoch halten die
Ausführungen des Landgerichts zur Schuldfähigkeit
rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Der Angeklagte beging nach den Feststellungen zweimal durch
Brände Sachbeschädigungen und legte dreimal Feuer in
Wohnhäusern in der Umgebung seiner eigenen Wohnung. Bei den
Taten, die innerhalb weniger Monate begangen wurden, war der Angeklagte
jeweils leicht- bis mittelgradig alkoholisiert. Ein nachvollziehbares
Motiv für die Begehung der Taten hat der Tatrichter nicht
festgestellt. Wegen des Vorwurfs von neun weiteren Brandlegungen ist
das Verfahren vorläufig eingestellt worden.
Zur Schuldfähigkeit des Angeklagten hat das Landgericht auf
der Grundlage des Gutachtens des psychiatrischen
Sachverständigen hinsichtlich sämtlicher Taten eine
uneingeschränkte strafrechtliche Verantwortlichkeit des
Angeklagten trotz seiner Alkoholisierung und der teilweise
zusätzlichen Einnahme von Psychopharmaka angenommen. Dabei hat
es maßgeblich auf sein Leistungsverhalten abgestellt. Eine
andere schwere seelische Abartigkeit hat es mit der Begründung
verneint, der Angeklagte sei "neurologisch und psychisch
unauffällig", ohne Denk- und Wahrnehmungsstörungen
und "querulatorisch ohne jeglichen Krankheitswert".
Die Begründung des Landgerichts trägt die Annahme
uneingeschränkter Schuldfähigkeit nicht. Insbesondere
hat das Landgericht die zur Feststellung einer schweren anderen
seelischen Abartigkeit erforderliche Ganzheitsbetrachtung nicht
angestellt (vgl. BGHR StGB § 21 - Seelische Abartigkeit 4).
Schon im Blick auf die Art der Kriminalität (vgl. BGH,
Beschluß vom 17. Oktober 1995 - 5 StR 530/95 -) und wegen des
in der Tatserie des Angeklagten deutlich zutage getretenen erheblichen
Anstiegs seiner Gefährlichkeit bedurfte all dies eingehender
Erörterung. Weder das Fehlen eines nachvollziehbaren Tatmotivs
noch die aktuelle Belastungssituation des Angeklagten (vgl. BGHR StGB
§ 21 - Seelische Abartigkeit 5) noch seine
auffälligen Reaktionen anläßlich zweier
Festnahmen (UA S. 10, 18) wurden in die Prüfung einbezogen.
Offenbar hat der psychiatrische Sachverständige den
näheren Umständen der Taten wegen des Bestreitens des
Angeklagten bei seiner Begutachtung allzu geringe Beachtung geschenkt.
Die aufgezeigten Mängel bei der Beurteilung der Frage
uneingeschränkter Schuld führen - bei
Aufrechterhaltung der Feststellungen zu den sämtlich
fehlerfrei getroffenen tatbezogenen Umständen - zur Aufhebung
des Schuldspruchs. Der neue Tatrichter muß Gelegenheit haben,
die strafrechtliche Verantwortung des Angeklagten
einschließlich der sich daraus ergebenden Rechtsfolgen
umfassend neu zu beurteilen (vgl. BGHR StGB § 21 - Seelische
Abartigkeit 26).
Tepperwien Häger Basdorf
Gerhardt Brause
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