BGH,
Beschl. v. 25.6.2004 - 2 StR 205/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 205/04
vom
25.06.2004
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO am
25.06.2004 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bonn vom 19. Januar 2004 mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II 1 der Urteilsgründe wegen
vollendeten Raubes verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
c) soweit von der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt
abgesehen ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes in zwei
Fällen und
schweren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei
Mo-
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naten verurteilt. Die Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil, mit
der er
die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat in dem aus der
Beschlußformel ersichtlichen
Umfang Erfolg. Im übrigen hat die auf Grund der
Revisionsrechtfertigung
gebotene Prüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil
des Angeklagten
ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Der Schuldspruch im Fall II 1 der Urteilsgründe
hält rechtlicher Nachprüfung
nicht stand, soweit das Landgericht den Angeklagten wegen vollendeten
Raubes verurteilt hat. Nach den Feststellungen wollte der Angeklagte
sich
durch seine Tat "Geld für die Beschaffung von Heroin
besorgen". Die erbeutete
Handtasche enthielt aber "nicht - wie erhofft - Geld sondern nur ein
paar Zigaretten,
ein Feuerzeug sowie ein Inhaliergerät". Ob sich der Angeklagte
auch
die Tasche und die darin befindlichen Gegenstände zueignen
wollte, ist nicht
festgestellt. Demzufolge ist nicht auszuschließen,
daß es dem Angeklagten
ausschließlich auf das in der Tasche vermutete Geld ankam. In
diesem Fall
läge lediglich der Versuch eines Raubes vor (vgl. BGHR StGB
§ 249 Abs. 1
Zueignungsabsicht 4; BGH NStZ 2000, 531 jeweils m.w.N.).
Die Verurteilung wegen vollendeten schweren Raubs im Fall II 1 der
Urteilsgründe
kann daher keinen Bestand haben. Da nicht ausgeschlossen erscheint,
daß weitere Feststellungen hinsichtlich einer etwaigen
Zueignungsabsicht
des Angeklagten getroffen werden können, kommt eine Umstellung
des
Schuldspruchs nicht in Betracht; die Sache bedarf insoweit erneuter
Verhandlung
und Entscheidung.
2. Keinen Bestand haben kann das Urteil auch insoweit, als die
Unterbringung
des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß
§ 64 StGB abge-
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lehnt worden ist. Das Landgericht geht davon aus, es könne
nicht festgestellt
werden, daß der Angeklagte "berauschende Mittel im
Übermaß" zu sich nehme.
Damit setzt sich die Strafkammer in Widerspruch zu ihren Feststellungen.
Danach ist der Angeklagte, bei dem "auf Grund des Suchtdrucks und der
quälenden
Entzugserscheinungen" (UA S. 8; 10) die Voraussetzungen des §
21
StGB nicht auszuschließen sind,
"betäubungsmittelabhängig" (UA S. 4). Die
Taten hat er begangen, weil er "das zunehmende Bedürfnis nach
einem neuen
Druck Heroin" verspürte und sich Geld für den Kauf
von Betäubungsmitteln
beschaffen wollte (UA S. 5).
"Im Übermaß" bedeutet, der Täter nimmt
berauschende Mittel in einem
solchen Umfang zu sich, daß seine Gesundheit, Arbeits- und
Leistungsfähigkeit
dadurch erheblich beeinträchtigt wird (BGH NStZ-RR 2003, 106;
Beschl. v.
2. April 2004 - 1 StR 126/04; vgl. bei Detter NStZ 2003, 133, 138;
2004, 134,
139). Dies belegen die Feststellungen aber entgegen der Ansicht des
Landgerichts.
Denn die beim Angeklagten festgestellte Abhängigkeit von
Heroin verbunden
mit "Suchtdruck und quälenden Entzugserscheinungen" (UA S. 8,
10)
beweist an sich schon, daß er Rauschgift im
Übermaß genossen hat. Dazu
kommt, daß er den Erwerb des Betäubungsmittels durch
Straftaten finanzierte.
Daß der Angeklagte vor den Taten "erst wieder mit dem Konsum
von Heroin
begonnen hat" (UA S. 14), ist insoweit ohne Bedeutung.
Die Frage der Maßregelanordnung bedarf daher ebenfalls neuer
Verhandlung
und Entscheidung.
3. Die aufgezeigten Rechtsfehler nötigen auch zur Aufhebung
der Gesamtstrafe.
Die Einzelstrafen in den Fällen II 2 und 3 der
Urteilsgründe können
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jedoch bestehen bleiben. Der Senat kann ausschließen,
daß die Strafen in diesen
Fällen von der rechtsfehlerhaften Verurteilung wegen
vollendeten Raubes
im Fall II 1 beeinflußt sind, er kann ferner
ausschließen, daß diese Strafen
niedriger ausgefallen wären, wenn zugleich auch die
Unterbringung des Angeklagten
in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden wäre.
Rissing-van Saan Detter Otten
Rothfuß Fischer |