BGH,
Beschl. v. 25.6.2008 - 4 StR 230/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 230/08
vom
25. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 25. Juni 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Münster vom 7. März 2008, soweit es sie betrifft, im
Schuldspruch dahingehend geändert, dass die Angeklagten
jeweils der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig sind.
2. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
3. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils der unerlaubten Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten Y. zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und die Einziehung seines
Handys angeordnet. Den Angeklagten B. hat es zu einer Freiheitsstrafe
von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und die Einziehung seines
Handys sowie den erweiterten Verfall eines Betrages von 6.720 Euro
angeordnet.
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Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung
sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel führen zur
Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen sind sie
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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Der Generalbundesanwalt hat in seinen Antragsschriften hinsichtlich der
Angeklagten Y. und B. u.a. ausgeführt:
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"Die Annahme täterschaftlichen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält
rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach neuerer
Rechtsprechung (vgl. BGHSt 51, 219f.) ist für eine zutreffende
Einordnung der Beteiligung des Kuriers der jeweils konkrete Tatbeitrag
für das Umsatzgeschäft insgesamt und nicht allein
für den Teilbereich des Transports zu bewerten. Für
die Annahme täterschaftlicher Verwirklichung des Tatbestandes
kommt es jedenfalls nicht allein oder entscheidend darauf an, welches
Maß an Selbstständigkeit und Tatherrschaft der
Beteiligte hinsichtlich eines isolierten Teilaktes des
Umsatzgeschäftes inne hatte. Abzustellen ist vielmehr darauf,
welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des
Gesamtgeschäfts zukommt.
Eine Gehilfenstellung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die
Tathandlung sich auf den (Teil-)Transport von Rauschgift zwischen
selbstständig handelnden Lieferanten und Abnehmern oder
innerhalb der Sphäre von Lieferanten oder
Abnehmer-Organisationen beschränkt und der Beteiligte nicht in
der Lage ist, das Geschäft insgesamt maßgeblich
mitzugestalten. Einer Tätigkeit als Kurier, die sich im
bloßen Transport von Rauschgift erschöpft, kommt
daher eine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit in
der Regel nicht zu. Auch ein möglicher faktischer
Handlungsspielraum während des Transports der Drogen kann in
der Regel schon aufgrund finanzieller und meist auch
persönlicher Abhängigkeit von den
Hintermännern nicht zu eigener täterschaftlicher
Einflussnahme ausgenutzt werden.
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Eine Bewertung von Transporttätigkeit als
mittäterschaftliches Handeltreiben kommt allerdings dann in
Betracht, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen
Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltete, etwa am An-
und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein
eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts
hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn
erhalten soll. Auch eine Einbindung des Transporteurs in eine
gleichberechtigt verabredete arbeitsteilige Durchführung des
Umsatzgeschäfts spricht für die Annahme von
Mittäterschaft, auch wenn seine konkrete Tätigkeit in
diesem Rahmen auf die Beförderung der Drogen, von Kaufgeld
oder Verkaufserlös beschränkt ist. Im Einzelfall kann
eine weitgehende Einflussmöglichkeit des Transporteurs auf Art
und Menge der zu transportierenden Drogen sowie auf die Gestaltung des
Transports für eine über das übliche
Maß reiner Kuriertätigkeit hinausgehende Beteiligung
am Gesamtgeschäft sprechen."
Wie der Generalbundesanwalt weiter zutreffend ausgeführt hat,
reichen die getroffenen Feststellungen unter Zugrundelegung der
vorgenannten Kriterien nicht aus, um ein täterschaftliches
Handeltreiben der Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge zu belegen. Die Angeklagten waren weder am An- noch am
Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt. Sie sollten keinen
Anteil am Umsatz oder am erzielten Gewinn erhalten, sondern lediglich
einen Kurierlohn. Zudem hatten sie keinen Einfluss auf Art und Menge
der zu transportierenden Drogen. Der Angeklagte B. hielt letztendlich
nur Kontakt zu den Hintermännern bzw. zu dem Abnehmer der
Drogen. Der Angeklagte Y. hatte zu den Hintermännern bzw. zu
dem Abnehmer der Drogen nur über den Angeklagten B. Kontakt.
Beide erhielten hierbei lediglich die notwendigen Informationen
für die Weitergabe an den feststehenden Abnehmer.
4
Der Schuldspruch ist daher, wie vom Generalbundesanwalt beantragt,
dahin zu ändern, dass die Angeklagten jeweils der unerlaubten
Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaub-
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ten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge schuldig sind. § 265 StPO hindert eine
Schuldspruchberichtigung nicht, da auszuschließen ist, dass
sich die Angeklagten anders als geschehen hätten verteidigen
können. Die Aussprüche über die gegen die
Angeklagten verhängten Strafen bleiben von der
Änderung des Schuldspruchs unberührt. Der Senat
schließt aus, dass das Landgericht bei einer zutreffenden
rechtlichen Würdigung auf geringere als die
verhängten Strafen erkannt hätte. Der wesentliche
Schuldgehalt der Tat liegt sowohl vom äußeren
Erscheinungsbild und dem Vorsatz der Angeklagten als auch vom Gewicht
der Straftat her, wie sie in der gesetzlichen Strafandrohung zum
Ausdruck kommt, in der unerlaubten Einfuhr von
Betäubungsmitteln.
Tepperwien Maatz Athing
Solin-Stojanović Ernemann |