BGH,
Beschl. v. 25.6.2008 - 5 StR 219/08
5 StR 219/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 25. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei u. a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juni 2008
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Hamburg vom 27. November 2007, soweit es ihn betrifft,
gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte
in den Fällen II. 5 und 6 der Urteilsgründe jeweils
wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Hehlerei
(§ 260 Abs. 1 Nr. 1, § 27 StGB) und in den
Fällen II. 7 und 8 der Urteilsgründe jeweils wegen
Beihilfe zur gewerbsmäßigen Bandenhehlerei
(§§ 260a, 27 StGB) verurteilt ist, und
b) im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß §
349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung (1. b) wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in vier
Fällen sowie wegen illegaler Einreise und illegalen Auf-
1
- 3 -
enthalts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs
Monaten verurteilt. Es hat ferner den nicht revidierenden Angeklagten
B. S. wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen
Bandenhehlerei in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur
Bewährung ausgesetzt.
Die Revision des Angeklagten G. erzielt mit der Sachrüge den
aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen
ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349
Abs. 2 StPO.
2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und
Wertungen getroffen:
3
4
a) Der aus Liberia stammende Angeklagte reiste im Juni 2006 illegal
nach Deutschland ein und arbeitete in Hamburg ohne Erlaubnis als
Küchenkraft. Er lernte A. kennen, der ihm erzählte,
dass er sich mit der Verschiffung und dem Verkauf hochwertiger
gestohlener Fahrzeuge nach Ghana beschäftige. Der Angeklagte
machte über A. die Bekanntschaft eines sich Ag. nennenden
jüngeren Mannes, der zusammen mit seinem Freund A. an der
Verschiffung gestohlener Autos beteiligt war. Im August 2006 suchte Ag.
in Begleitung des Angeklagten G. den Mitangeklagten B. S. an dessen
Arbeitsplatz, einer Hamburger Spedition, auf und versicherte sich der
Unterstützung des B. S. bei der beabsichtigten Verladung
gestohlener Pkw. Unter Anleitung des A. wurden am 1. Dezember 2006 und
6. Januar 2007 zuvor bestellte Container auf dem
Speditionsgelände mit insgesamt drei gestohlenen Pkw beladen.
B. S. erhielt eine Belohnung von insgesamt 1.000 €.
b) Ag. kündigte dem Angeklagten G. an, „er wolle
wieder Geschäfte über Container abwickeln und G.
dabei haben“ (UA S. 30). Angesichts seiner niedrigen
Entlohnung als Küchenhilfe wirkte der Angeklagte dann an vier
von Ag. organisierten Verschiffungsfällen gegen eine Be-
5
- 4 -
lohnung von jeweils 50 € in der Absicht mit, sich hierdurch
eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. Der Angeklagte
bestellte zwei Container und fuhr - in einem Fall Ag. in seinem
Einvernehmen - jeweils ein gestohlenes Fahrzeug in einen Container. Er
übernahm anschließend Aktivitäten
für deren Verschiffung; insbesondere sorgte er als Bote
für die Bezahlung der Verschiffungskosten. Die Fahrzeuge waren
jeweils kurz nach der Verladung von der Polizei sichergestellt worden,
ohne dass der Angeklagte hiervon Kenntnis erlangte.
c) Der Senat entnimmt - wie wohl auch der Generalbundesanwalt - trotz
der unvollständigen rechtlichen Würdigung (UA S. 31
f., 33) den getroffenen Feststellungen auf der Grundlage der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in ihrem Zusammenhang, dass Ag.
als selbstständiger Absatzhehler im Sinne des § 259
Abs. 1 StGB gehandelt hat (vgl. BGHSt 26, 358, 361 f.; 27, 45, 49; 33,
44, 48).
6
7
2. Die Revision greift durch, soweit das Landgericht den Angeklagten G.
als Mittäter des Ag. angesehen hat.
a) Die Annahme von Mittäterschaft scheidet allerdings nicht
schon deshalb aus, weil durch die jeweilige Sicherstellung der
Fahrzeuge ein Absatzerfolg nicht eingetreten sein könnte. Der
Senat hat im vorliegenden Fall keinen Anlass, die gefestigte, indes
vehement angegriffene (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 259 Rdn.
19b bis 19d; vgl. auch BGH wistra 2007, 460) Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs in Zweifel zu ziehen (vgl. BGHSt 43, 110, 111
m.w.N.; BGH NStZ-RR 2000, 266). Die Handlungen des Ag. und des
Angeklagten waren nämlich nicht nur geeignet, die
rechtswidrige Vermögenssituation aufrecht zu erhalten, sie
führten sogar zu einem tatbestandlichen Erfolg des Absetzens
(vgl. BGHSt aaO; BGH NJW 1978, 2042; BGH NStZ 1990, 539). Durch die
Verladung der Fahrzeuge in jeweils zum Export vorgesehene
Hochseecontainer unter Vorgabe harmloser, keine weiteren Kontrollen und
möglicherweise keine Zollerklärung (UA S. 8) erhei-
8
- 5 -
schender Ladung (gebrauchte elektrische Haushaltsartikel usw., UA S.
20), durch die vorgesehene Verplombung der Container noch auf dem
Spediti-onsgelände (UA S. 8) und durch die jeweils
sichergestellte Zahlung der Transportkosten vor dem Hintergrund der
bereits geregelten Übernahme der Fahrzeuge im
Empfängerland Ghana waren die Zugriffsmöglichkeiten
der deutschen Eigentümer auf ihr jeweiliges Eigentum schon
durch die Verladung in die Container faktisch ganz erheblich zu Gunsten
der Empfänger der Fahrzeuge in Ghana eingeschränkt.
Dies rechtfertigt hier die Annahme eines den Absatz fördernden
Erfolges.
b) Indes belegen die Urteilsfeststellungen - eingedenk des
eingeschränkten revisionsrechtlichen
Prüfungsmaßstabes (vgl. BGHSt 48, 52, 56) - statt
der vom Landgericht angenommenen Mittäterschaft nur Beihilfe.
Dies ergibt sich aus den eher untergeordneten Tätigkeiten des
Angeklagten und seiner - insbesondere im Vergleich zu dem als Gehilfen
angesehenen B. S. - geringen Entlohnung. Der Senat schließt
aus, dass ein neuer Tatrichter die Mitwirkung des Angeklagten nach den
gesamten Umständen, die von dessen Vorstellung umfasst sein
müssen (vgl. BGHSt 37, 289, 291), anders als eine
Gehilfenschaft wird beurteilen können, und entscheidet deshalb
auf Beihilfe zur Hehlerei durch (vgl. Meyer-Goßner, StPO 50.
Aufl. § 354 Rdn. 15 m.w.N.).
9
3. Auch die Annahme, der Angeklagte G. habe in den Fällen II.
5 und 6 der Urteilsgründe als Mitglied einer Bande gehandelt,
findet in den Urteilsgründen keine Stütze. Das
Landgericht sieht als Bandenmitglieder in diesen Fällen den
Angeklagten, Ag. und „mindestens einen weiteren noch nicht
Identifizierten, möglicherweise den gesondert verfolgten Polen
M. “ (UA S. 15) an. Es bleibt indes offen, wodurch mit dieser
Person die gebotene deliktische Vereinbarung zustande gekommen ist
(vgl. BGHSt 50, 160, 164). Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass
derjenige, der gestohlene, zur Verschiffung nach Übersee
vorgesehene Fahrzeuge zum Speditionsgelände bringt, Mitglied
der die Verschiffung ausführenden Hehlerban-
10
- 6 -
de ist (vgl. auch BGH wistra 2002, 57). Verbindungen zu A. und dessen
Tatgenossen lassen sich den Feststellungen des Urteils ebenfalls nicht
entnehmen. In den Fällen II. 5 und 6 der
Urteilsgründe ist deshalb der Schuldspruch auf Beihilfe zur
gewerbsmäßigen Hehlerei (§ 260 Abs. 1 Nr.
1, § 27 StGB) zu ändern.
In den Fällen II. 7 und 8 der Urteilsgründe hat die
Annahme des Landgerichts, Ag. und die beiden als Gehilfen agierenden
Angeklagten hätten eine Bande gebildet, Bestand. Eine Bande
liegt auch vor, falls sich - wie hier - ein Haupttäter und
zwei Gehilfen bei ersichtlicher Organisationsgefahr zusammengeschlossen
haben (vgl. BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr. 2 Bande 7). In diesen
Fällen ist der Schuldspruch in Beihilfe zur
gewerbsmäßigen Bandenhehlerei (§§
260a, 27 StGB) zu ändern.
11
12
4. Der neue Tatrichter wird in den Fällen der Beihilfe zur
gewerbsmä-ßigen Bandenhehlerei zu erwägen
haben, ob aufgrund der Vielzahl der mildernden Tatumstände
nicht ohne den vertypten Milderungsgrund der Beihilfe von einem minder
schweren Fall gemäß § 260a Abs. 2 StGB
auszugehen sein wird (vgl. Schäfer, Praxis der Strafzumessung
4. Aufl. Rdn. 588).
Um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zur umfassenden Neufestsetzung
aller Strafen zu geben, hat der Senat auch die für das
Einreise- und Aufenthaltsdelikt verhängte Strafe von sieben
Monaten Freiheitsstrafe aufgehoben.
13
Basdorf Brause Schaal
Jäger Schneider |