BGH,
Beschl. v. 25.3.2009 - 5 StR 86/09
5 StR 86/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 25. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung mit Todesfolge
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. März 2009
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Neuruppin vom 29. Oktober 2008 nach § 349 Abs. 4 StPO im
Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349
Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit
Todesfolge (§ 227 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von
fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil
wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision. Das Rechtsmittel hat
mit der Sachrüge einen Teilerfolg. Während der
Schuldspruch Bestand hat, gilt dies nicht für den vom
Landgericht getroffenen Rechtsfolgenausspruch.
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1. Schon die Strafrahmenbestimmung begegnet durchgreifenden rechtlichen
Bedenken. Die Strafkammer nimmt bei der Wahl des Strafrahmens nach
§ 227 Abs. 1 oder 2 StGB eine „summarische
Prüfung und Abwägung“ vor (UA S. 29). Das
ist rechtsfehlerhaft. Die Prüfung der Anwendung des
Sonderstrafrahmens erfordert eine Gesamtabwägung, bei der alle
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relevanten Strafzumessungstatsachen heranzuziehen sind (vgl. etwa
Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4.
Aufl. Rdn. 488 f.). Bereits bei der Strafrahmenwahl wäre
namentlich zu bedenken gewesen, dass das Opfer an der Entstehung der
Schlägerei maßgebend beteiligt war und dem
Angeklagten den ersten heftigen Faustschlag versetzte. Ferner kommt dem
Umstand entscheidendes Gewicht zu, dass der Eintritt des Todes eine
ungewöhnlich späte Folge nach einem eher untypischen
Krankheitsverlauf darstellt, der maßgeblich durch das
Verhalten des Opfers wegen des verspäteten abermaligen
Aufsuchens des Krankenhauses mitverursacht worden ist (hierzu auch UA
S. 30). Die Annahme eines minder schweren Falles nach § 227
Abs. 2 StGB liegt bei dieser Sachverhaltsgestaltung auf der Hand.
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2. Die Strafkammer hat keinerlei Feststellungen zu den
Trinkgewohnheiten des Angeklagten getroffen. Dies wäre jedoch
zwingend erforderlich gewesen. Mindestens den im Urteil unter Nr. 11
und 12 mitgeteilten Vorverurteilungen liegen
Körperverletzungsdelikte zugrunde, die der Angeklagte unter
erheblichem Alkoholeinfluss begangen hat; das Amtsgericht Zehdenick
vermochte dabei in seinem Urteil vom 28. Februar 2000 die
Voraussetzungen des § 21 StGB nicht auszuschließen
(UA S. 5 f.). Der Angeklagte scheint dem Alkohol auch
gegenwärtig in erheblichem Maße zuzusprechen. Denn
das Landgericht rechnet ihn „dem Trinkermilieu
Zehdenicks“ zu; ferner lastet es ihm „notorische
Neigungen … zu Gewalttätigkeiten“ an (UA
S. 21). Auch bei der ihm vorgeworfenen Tat stand er unter
Alkoholeinfluss. Hinzu kommt, dass er nach den Feststellungen
„in einen affektiv geladenen Zustand geraten war“,
woraus die Strafkammer schließt, dass „seine
Steuerungsfähigkeit … für einige Sekunden
erheblich vermindert war“ (UA S. 29).
Bei dieser Sachlage hätte das Landgericht die Frage der
Schuldfähigkeit unter Hinzuziehung eines
Sachverständigen prüfen müssen (Fischer,
StGB 56. Aufl. § 20 Rdn. 60). Das Gleiche gilt für
die Voraussetzungen einer Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt nach § 64 StGB
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(§ 246a Satz 2 StPO). Dass nur der Angeklagte Revision
eingelegt hat, würde die Anordnung der Unterbringung nicht
hindern (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).
Sofern das neue Tatgericht die Voraussetzungen des § 21 StGB
bejahen sollte, wird in Bezug auf eine etwaige Strafrahmenverschiebung
nach §§ 21, 49 StGB von besonderer Bedeutung sein,
dass der Angeklagte wegen der Begehung von Aggressionsdelikten unter
Alkoholeinfluss massiv vorbestraft ist (unter Nr. 11 und 12 mitgeteilte
Vorverurteilungen). Dies kann, zumal unter den hier gegebenen
Umständen, einer Strafrahmenmilderung entgegenstehen (BGHSt
49, 239, 241 ff.; Fischer aaO § 21 Rdn. 25b).
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