BGH,
Beschl. v. 25.5.2007 - 2 StR 469/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 469/06
vom
25.5.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 25.05.2007
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 12. Mai 2006, soweit der Angeklagte verurteilt
wurde, mit den Feststellungen aufgehoben; ausgenommen hiervon bleiben
die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue zu der
Freiheitsstrafe von neun Monaten mit Strafaussetzung zur
Bewährung verurteilt und im Übrigen freigesprochen.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung
formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der
Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang
Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von
§ 349 Abs. 2 StPO.
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Die Verurteilung des Angeklagten hält der sachlich-rechtlichen
Prüfung nicht stand, weil das voluntative Element des
bedingten Untreuevorsatzes in Bezug auf die schadensgleiche
Vermögensgefährung der geschädigten Bank
nicht hinreichend belegt ist.
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1. Das Landgericht hat zu dem der Verurteilung des Angeklagten zu
Grunde liegenden Tatvorwurf im Wesentlichen festgestellt:
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Der Angeklagte hatte als Notar in Frankfurt am Main Ende Oktober 1998
einen Kaufvertrag über ein sanierungsbedürftiges
Mehrfamilienhaus in Plauen protokolliert. Als Kaufpreis wurden 950.000
DM vereinbart, wobei das Kaufobjekt von dem früheren
Mitangeklagten G., der die Verkäuferin vertrat, saniert werden
sollte. Ohne Sanierung war das Objekt nur 127.000 DM wert. 700.000 DM
des Kaufpreises sollten am 30. November 1998, 250.000 DM nach
Übergabe bzw. Fertigstellung am 31. März 1999 oder
gegen Stellung einer Bankbürgschaft
(Fertigstellungsbürgschaft) durch G. fällig werden.
Neben dem Kaufvertrag versprach G. den Käufern eine
Kick-back-Zahlung von 10 % des Kaufpreises. Der Kaufpreis sollte von
den Käufern voll finanziert werden. Diese Finanzierung
vermittelte G. bei der SB-Bank. Nach dem Kreditvertrag sollten 700.000
DM bei Fertigstellung von 75 % der Sanierung ausgezahlt werden, die
Schlusszahlung von 250.000 DM sollte entweder nach Abschluss der
Sanierung oder am 31. März 1999 gegen Vorlage einer
Fertigstellungsbürgschaft erfolgen.
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Für die von den Käufern erstrebten Steuervorteile war
es erforderlich, dass der Kaufpreis noch 1998 ausgezahlt wurde. Auch
die Verkäuferin legte Wert auf die schnellstmögliche
Auszahlung. Um dies zu erreichen, fertigten G. und die Käufer
am 16. Dezember 1998 ein inhaltlich falsches
Übergabeprotokoll, wonach das Kaufvertragsobjekt an die
Käufer übergeben worden sei und der Bautenstand zur
Zahlung von 700.000 DM erreicht sei. Käufer und
Verkäu-
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fer seien einig, dass auch die Restzahlung von 250.000 DM auf das
Notaranderkonto des Angeklagten überwiesen werde. Zudem
ließ G. den angeblich erreichten Renovierungsstand durch den
inhaltlich falschen Bericht eines Sachverständigen
bestätigen. Das falsche Übergabeprotokoll und der
falsche Bericht des Sachverständigen veranlassten die Bank,
den gesamten Kreditbetrag auf das Notaranderkonto des Angeklagten
auszuzahlen. Noch bevor der zugehörige Treuhandauftrag bei ihm
eingegangen war, veranlasste der Angeklagte die Auszahlung von 700.000
DM an die Verkäuferin. Insoweit hat das Landgericht den
Angeklagten vom Vorwurf der Untreue zum Nachteil der Bank
freigesprochen.
In dem Treuhandauftrag der SB-Bank an den Angeklagten wurde die
Auszahlung der Kreditsumme davon abhängig gemacht, dass die
vereinbarten Grundschulden eingetragen und die Eigentumsumschreibung
auf die Käufer sichergestellt waren. Hinsichtlich des zweiten
Teilbetrags von 250.000 DM musste ferner eine
Fertigstellungsbürgschaft vorliegen, um die aus der Sicht der
Bank dann noch erforderlichen Sanierungskosten abzudecken. Der
Angeklagte nahm den Treuhandauftrag an und begann die Auflagen des
Treuhandauftrags umzusetzen. Er forderte insbesondere G. auf, die
erforderliche Fertigstellungsbürgschaft über 250.000
DM vorzulegen. Um auch die Auszahlung der restlichen 250.000 DM zu
erreichen, fertigten G. und die Käufer mit Datum vom 2.
Februar 1999 ein weiteres inhaltlich falsches
Übergabeprotokoll, in dem die Käufer auf Grund einer
telefonischen Zusicherung des G. bestätigten, das Objekt sei
mängelfrei übergeben worden. In Wirklichkeit war mit
der Sanierung noch nicht begonnen worden. Zur Bestätigung
verwendete G. eine weitere inhaltlich falsche Bescheinigung des
Sachverständigen vom 3. Februar 1999, in der dieser
bestätigte, nach einer Besichtigung am 2. Februar 1999 in
Plauen sei das Objekt fertig gestellt, bezugsfertig und
ertragsfähig. In Wirklichkeit hatte keiner der Beteiligten das
Objekt in Plauen besichtigt.
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Nachdem der Angeklagte die Eigentumsübertragung sichergestellt
hatte und ihm die Eintragung der vereinbarten Grundschulden angezeigt
worden war, beauftragte er seine Mitarbeiterin L., die Auszahlung des
restlichen Kreditbetrags (250.000 DM abzüglich einer
Eintragungsgebühr von 35 DM) vorzubereiten. L.
überprüfte nochmals die Voraussetzungen des
Treuhandauftrags und erklärte dem Angeklagten, die
Voraussetzung der Bürgschaft sei noch nicht erfüllt.
Dem Angeklagten war bewusst, dass er gegen diese Auflage
verstieß, wies die Zeugin L. jedoch an, es werde jetzt
ausgezahlt, die Bürgschaft sei nicht mehr erforderlich, weil
das Anwesen mängelfrei übergeben worden sei, wie sich
aus dem Übergabeprotokoll und der Bescheinigung des
Sachverständigen ergebe. Dass beide inhaltlich falsch waren,
wusste der Angeklagte nicht. Der Angeklagte überwies daher am
23. Februar 1999 den restlichen Kreditbetrag an die
Verkäuferin, ohne dass ihm die im Treuhandauftrag verlangte
Fertigstellungsbürgschaft vorlag. Dem Angeklagten war an einer
schnellen Geschäftsabwicklung gelegen, zumal er von G. - einem
guten Kunden seines Notariats - zur Auszahlung gedrängt wurde.
Der Angeklagte stellte daher nach den Feststellungen des Landgerichts
das Sicherungsinteresse der Bank hintan und nahm eine mögliche
Vermögensgefährdung der Bank durch unzureichende
Kreditsicherung billigend in Kauf. Einige Wochen später erfuhr
die Bank vom wahren Zustand des Hauses. Die Kreditforderung gegen die
Käufer wurde 2005 für 30 % ihres Nominalbetrags
weiterverkauft.
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2. Die Feststellungen zum äußeren Tathergang beruhen
auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung. Die insoweit
erhobenen Verfahrensrügen sind offensichtlich
unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Diese Feststellungen
können daher bestehen bleiben. Ergänzende und nicht
widersprechende Feststellungen in der neuen Hauptverhandlung sind
möglich.
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3. Die Feststellung des Landgerichts, der Angeklagte habe eine
Vermögensgefährdung der Bank durch unzureichende
Kreditsicherung billigend in Kauf genommen, hält der
sachlich-rechtlichen Prüfung unter Berücksichtigung
der neueren Rechtsprechung des Senats (vgl. BGHSt 51, 100 Rdn. 56 ff.)
nicht stand.
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Dabei ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht aus
dem objektiven Tatgeschehen und den Angaben der Zeugin L. hergeleitet
hat, der Angeklagte habe wissentlich, also mit direktem Vorsatz gegen
die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht
verstoßen, indem er den Restbetrag des Kredits ausbezahlt
hat, obwohl die erforderliche Fertigstellungsbürgschaft nicht
vorlag. Das Landgericht geht auch zu Recht davon aus, dass der
Angeklagte als Treuhänder nicht befugt war, aufgrund einer
eigenen Bewertung der Interessenlage der Beteiligten von der
ausdrücklichen Auszahlungsbedingung des Treuhandauftrags der
Bank abzuweichen und eigenmächtig auf die Vorlage der
Fertigstellungsbürgschaft zu verzichten.
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Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Annahme des
Landgerichts, der Angeklagte habe eine
Vermögensgefährdung der Bank durch unzureichende
Kreditsicherung nicht nur erkannt, sondern zumindest auch billigend in
Kauf genommen.
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Diese Bedenken betreffen zwar nicht das kognitive Element des bedingten
Gefährdungsvorsatzes. Insoweit geht das Landgericht unter
Hinweis auf die langjährigen beruflichen Erfahrungen des
Angeklagten mit tragfähigen Erwägungen davon aus,
dass dem Angeklagten das mit dem Verzicht auf die
Fertigstellungsbürgschaft verbundene Risiko für die
Bank bewusst gewesen sei.
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Nicht hinreichend belegt ist jedoch das voluntative Vorsatzelement. In
den Fällen der schadensgleichen
Vermögensgefährdung ist der Tatbestand der Untreue im
subjektiven Bereich dahin zu begrenzen, dass der bedingte Vorsatz eines
Gefährdungsschadens nicht nur die Kenntnis des Täters
von der konkreten Möglichkeit eines Schadenseintritts und das
Inkaufnehmen dieser konkreten Gefahr voraussetzt, sondern
darüber hinaus eine Billigung der Realisierung dieser Gefahr,
und sei es auch nur in der Form, dass der Täter sich mit dem
Eintritt des ihm unerwünschten Erfolgs abfindet (BGHSt 51, 100
Rdn. 63).
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Das Landgericht führt hierzu lediglich aus: Auch wenn der
Angeklagte wegen der ihm vorliegenden angeblichen
Fertigstellungsbeweise (Übergabeprotokoll und Bescheinigung
des Sachverständigen) hoffte, dass sich der Schaden bei der
Bank nicht realisieren werde, habe er sich dennoch mit dieser
Möglichkeit abgefunden, um so den Vorgang schnell abwickeln
und dem Interesse der Kaufvertragsparteien entgegenkommen zu
können (UA S. 22). Dies ist nicht mehr als eine Behauptung des
Landgerichts, die jedoch einer näheren Begründung und
Erörterung bedurft hätte. Die vorangehenden
beweiswürdigenden Erwägungen des Landgerichts
begründen zwar das kognitive, nicht aber das voluntative
Vorsatzelement. Die Beweiswürdigung zu Letzterem
hätte insbesondere eine Erörterung erfordert, ob sich
der Angeklagte tatsächlich auch mit der Realisierung des
Gefährdungsschadens zumindest abgefunden hat, nur um "den
Vorgang schnell abwickeln und den Interessen der Kaufvertragsparteien
entgegenkommen zu können." Das Landgericht erkennt zwar
zutreffend, dass die Bank nach der Auszahlung die Kreditsumme nicht
mehr von dem Anderkonto des Angeklagten zurückfordern konnte.
Das Landgericht übersieht jedoch, dass der Angeklagte sich
durch den Verstoß gegen den Treuhandauftrag der Bank
schadensersatzpflichtig gemacht hat und auch die
Berufshaftpflichtversicherung des Notars einen bedingt
vorsätzlich verursachten Schaden nicht abdeckte (§
152 VVG), so dass er, wie sich ihm aufgrund seiner
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Berufserfahrung aufdrängen musste, letztlich
persönlich für den etwa entstehenden Schaden
aufkommen muss. Ob der Angeklagte dies alles tatsächlich
billigend in Kauf nehmen oder sich hiermit abfinden wollte, erscheint
zumindest zweifelhaft und hätte näherer
Prüfung und Erörterung auch im Verhältnis zu
den etwaigen Vorteilen der schnellen Abwicklung für den
Angeklagten und die Vertragsbeteiligten erfordert. Hieran fehlt es
jedoch.
RiBGH Rothfuß ist durch Urlaub
an der Unterschrift gehindert.
Bode Otten Bode
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