BGH,
Beschl. v. 25.11.2008 - 5 StR 500/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 25. November 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. November 2008
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Potsdam vom 29. Mai 2008 nach § 349 Abs. 4 StPO im
Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben. Die weitergehende Revision wird gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Potsdam
zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger
Freiheitsstrafe verurteilt. Die mit der Sachrüge
begründete Revision des Angeklagten führt zur
Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs und ist im Übrigen
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
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Der wegen Gewaltdelikten nicht vorbelastete Angeklagte
überfiel am 8. November 2006 eine 64 Jahre alte Frau, da er
sich spontan entschlossen hatte, ihr die Handtasche mit darin
vermutetem Bargeld zu entwenden. Unter Vorhalt eines Messers forderte
er von seinem Opfer die Herausgabe der Tasche. Die Überfallene
weigerte sich jedoch und „setzte sich zur Wehr“,
möglicherweise rief sie um Hilfe. Um ihren Widerstand zu
brechen, stieß ihr der Angeklagte einmal kraftvoll das Messer
in die Brust und zog es wieder her-
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aus. Gleichwohl ließ er sein Opfer mit seiner Tasche
ungehindert gehen und flüchtete sodann. Die Frau brach nach
höchstens 200 Metern zusammen und verstarb kurz darauf.
2. Die Erwägungen, mit denen das sachverständig
beratene Landgericht eine alkoholbedingte erhebliche
Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit des
Angeklagten ausschließt, sind lücken und damit
rechtsfehlerhaft.
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Hierzu hat es festgestellt, dass bei dem wegen Trunkenheitsdelikten
vorbestraften und wegen eines erheblichen Alkoholexzesses aufgefallenem
Angeklagten zwar ein Hang zum Konsum von Alkohol im
Übermaß vorliege und er auch bei der Tat - wie er
bei einem Tatbekenntnis gegenüber Dritten selbst hervorgehoben
hatte - alkoholisiert („besoffen“) gewesen sei. Den
„Grad der Alkoholisierung des Angeklagten zum
Tatzeitpunkt“ konnte es hingegen „nicht mehr exakt
bestimmen“. Aufgrund des festgestellten Leistungsverhaltens
„vor, während und nach der Tat“ sei aber
die Annahme einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit
ausgeschlossen. Denn Tat- und Nachtatverhalten beruhe auf
„rational nachvollziehbaren Erwägungen“;
auch sei die Erinnerungsfähigkeit intakt geblieben.
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Die vom Landgericht angeführten Umstände, aus denen
es auf ein unbeeinträchtigtes Leistungsverhalten geschlossen
hat, belegen zwar, dass die Steuerungsfähigkeit des
Angeklagten nicht völlig aufgehoben war, der Ausschluss einer
erheblichen Verminderung ist aus ihnen jedoch nicht mit
genügender Sicherheit abzuleiten (vgl. hierzu BGHR StGB
§ 21 Blutalkoholkonzentration 38). Hierfür
tragfähige Anknüpfungspunkte lassen sich den
Urteilsfeststellungen nicht entnehmen. Weder das nur detailarm zu
ermittelnde Tatbild als solches, noch der Entschluss zur Begehung der
Tat und zum Einsatz des Messers stellen Handlungen dar, die
für eine alkoholgewohnte Person wie den Angeklagten nicht auch
im Zustand einer für die Schuldfähigkeit relevanten
Alkoholisierung ausführbar sind. Die Tat stellt sich als
Spontantat dar. Auch zu dem Einsatz des Messers hat sich der Angeklagte
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spontan entschlossen; über Verhaltensalternativen für
den Fall, dass sich das Opfer wehren würde, hatte er nicht
nachgedacht. Die Flucht im Anschluss an den Messerstich, zumal unter
Verzicht auf einen Versuch, die Handtasche des Opfers an sich zu
bringen, offenbart ebenfalls kein schlüssiges Handlungskonzept
mit motorischen Kombinationsleistungen, die so nicht möglich
gewesen wären, wenn die Steuerungsfähigkeit erheblich
beeinträchtigt gewesen wäre (vgl. hierzu BGHR StGB
§ 21 Blutalkoholkonzentration 37). Der Umstand, dass der
Angeklagte auch ohne Alkoholeinfluss zu affektiven Entgleisungen neige,
lässt keine Rückschlüsse auf den Grad der
Alkoholisierung bei der Tat zu.
3. Sollte das neue Tatgericht zu einer alkoholbedingten erheblichen
Verminderung der Steuerungsfähigkeit gelangen, wird zu
beachten sein, dass an die Strafrahmenverschiebung angesichts der
absoluten Androhung lebenslanger Freiheitsstrafe geringere
Anforderungen zu stellen sind (BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz,
bedingter 59; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40).
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Da der Rechtsfolgenausspruch insgesamt der Aufhebung unterliegt, wird
auch über die Maßregelfrage erneut zu entscheiden
sein.
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