BGH,
Beschl. v. 26.1.2000 - 1 StR 629/99
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 629/99
vom
26. Januar 2000
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen zu 1. Geldfälschung
zu 2. Beihilfe zur Geldfälschung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Januar 2000
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten S. und Z. wird das Urteil des
Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11. Juni 1999 mit den
Feststellungen aufgehoben, soweit es diese Angeklagten betrifft.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten S. der Geldfälschung und
den Angeklagten Z. der Beihilfe hierzu schuldig gesprochen; es hat
gegen beide jeweils eine Freiheitsstrafe verhängt. Hiergegen
richten sich die Revisionen der Angeklagten, die jeweils die Verletzung
des sachlichen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben Erfolg.
I. Nach den Feststellungen kam der Mitangeklagte F. im Sommer 1998 in
Kontakt zu vermutlich polnischen Geldfälschern, die falsche
100-US-Dollarnoten herstellten. F. beschloß, in
größerem Umfang Falschgeld anzukaufen und es in
Deutschland als echt in Verkehr zu bringen. Zu diesem Zwecke wandte er
sich an den Angeklagten S. , der nach potentiellen Käufern
Ausschau halten sollte, und der sich aus dem Geschäft eine
Provision versprach. Der Angeklagte S. wiederum fragte den Angeklagten
Z. , ob dieser einen Abnehmer für das Falschgeld auftreiben
könne. Der Angeklagte Z. geriet bei seinen daraufhin
entfalteten Bemühungen allerdings an eine Vertrauensperson des
Bayerischen Landeskriminalamtes, die den Angeklagten S. und Z. den
Kontakt zu einem als Scheinaufkäufer tätigen
Kriminalbeamten vermittelte.
Anfang September 1998 übersandte der Angeklagte Z. dem
V-Mann eine gefälschte 100-US-Dollarnote als Muster, die
dieser an die Polizei weiterleitete. In nachfolgenden Verhandlungen
bestellte der V-Mann sodann bei den Angeklagten S. und Z. 1.000
Stück der falschen
US-Dollarnoten, wobei als Kaufpreis ein DM-Betrag in Höhe von
20 Prozent des Nominalwertes des Falschgeldes vereinbart wurde. In
Telefongesprächen zwischen dem V-Mann und dem Angeklagten Z.
sowie zwischen dem Angeklagten S. und dem Scheinaufkäufer
wurden schließlich Übergabeort und
Übergabezeitpunkt abgesprochen.
Am Übergabetag erschienen der Mitangeklagte F. und der
Angeklagte S. jeweils im eigenen Pkw am vereinbarten Treffort. Hier
führten zunächst S. und der Scheinaufkäufer
ein Gespräch; sie begaben sich dann zum Pkw des Mitangeklagten
F. , der 1.100 falsche 100-US-Dollarnoten mit sich führte. Im
Anschluß kam es zum polizeilichen Zugriff.
Das Landgericht hat angenommen, auch der Angeklagte S. sei als
Täter anzusehen. Er habe im Vorfeld allein die
Verkaufsverhandlungen mit dem Scheinaufkäufer geführt
und habe am Gewinn prozentual beteiligt werden sollen. Zudem habe er
Musternoten in Besitz gehabt. Damit habe er an der Abwicklung des
Geschäfts maßgeblichen Anteil gehabt und mit
Täterwillen gehandelt. Daß - so meint das
Landgericht - der Angeklagte S. den zur
Übergabe vorgesehenen Falschgeldbetrag nicht in seinem Pkw mit
sich geführt habe und ihn somit nicht selbst in Besitz gehabt
habe, sei unerheblich; die tatsächliche
Verfügungsgewalt des Mitangeklagten F. sei ihm zuzurechnen.
Der Angeklagte Z. sei Gehilfe. Er habe am Zustandekommen des
Falschgeldgeschäftes maßgeblichen Anteil gehabt,
indem er die Verhandlungen zum Teil geführt habe. An der
Übergabe selbst habe er indessen nicht mitgewirkt.
II. Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des
Angeklagten S. wegen mittäterschaftlich begangener vollendeter
Geldfälschung und die des Angeklagten Z. wegen Beihilfe dazu
nicht. Das beanstanden die Revisionen mit Recht.
1. Das Sichverschaffen falschen Geldes im Sinne des § 146 Abs.
1 Nr. 2 StGB setzt voraus, daß der Täter das
Falschgeld mit dem Willen zu eigenständiger Verfügung
annimmt (BGHSt 44, 62). Das war bei den Angeklagten S. und Z.
hinsichtlich der in Rede stehenden Gesamtsumme indessen nicht der Fall.
Vielmehr hatte der Mitangeklagte F. das Falschgeld erlangt; er behielt
es bis zur beabsichtigten Übergabe an den
Scheinaufkäufer der Polizei in seinem Besitz. Der Gewahrsam F.
s ist den Angeklagten S. und Z. nicht zuzurechnen, weil der
Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt, daß F.
das Falschgeld zu seiner alleinigen Verfügung hatte, eine
Mitverfügungsgewalt der Angeklagten S. und Z. also nicht
gegeben war. Die vom Angeklagten Z. weitergegebene Musternote hatte
dieser ersichtlich nicht mit dem Willen zur eigenständigen
Verfügung angenommen, sondern letztlich auf Weisung mit dem
Auftrag zur Weitergabe an den Kaufinteressenten. Eine solche
vorübergehende faktische Verfügungsgewalt ist kein
Sichverschaffen (BGHSt 44, 62, 64). Offen ist die Frage
eigenständiger Verfügungsgewalt allerdings, soweit
auch der Angeklagte S. Musternoten in Besitz hatte, wie das Landgericht
im Rahmen der rechtlichen Würdigung beiläufig
festgestellt hat (UA S. 12).
2. Auch eine Beihilfe der Angeklagten S. und Z. zur
Beschaffungshandlung F. s ist nicht festgestellt. Ihre
Tatbeiträge setzten nach den Urteilsfeststellungen erst ein,
als der Mitangeklagte F. sich das Falschgeld bereits beschafft hatte.
3. In Betracht kommt danach weiter eine Beteiligung beider Angeklagter
an dem Versuch des F. , die gefälschten Dollarnoten in Verkehr
zu bringen (§ 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB). Denn die
Übergabe des Falschgeldes an einen Empfänger, bei dem
es sich in Wahrheit um einen dabei in amtlicher Eigenschaft
tätigen Polizeibeamten handelt, verhindert die Vollendung der
Tat (BGH NStZ 1997, 80; BGHSt 34, 108, 109). Der Angeklagte Z.
hätte sich deshalb insoweit lediglich der Beihilfe zur
versuchten Geldfälschung strafbar gemacht. Das kommt auch
für den Angeklagten S. in Betracht, wenn er sich nicht die vom
Landgericht erwähnten Musternoten verschafft hat (§
146 Abs. 1 Nr. 2 StGB) und deshalb Täter vollendeter
Geldfälschung ist. All das wird der neue Tatrichter zu
prüfen haben.
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