BGH,
Beschl. v. 26.1.2010 - 5 StR 507/09
5 StR 507/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 26. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u. a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Januar 2010
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 10. Juli 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch
über die Einsatzstrafe von einem Jahr und neun Monaten
Freiheitsstrafe sowie im Gesamtstrafausspruch aufgehoben. Die
weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer
räuberischer Erpressung (Einsatzstrafe von einem Jahr und neun
Monaten Freiheitsstrafe), unerlaubter Abgabe von
Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine
Person unter 18 Jahre in Tateinheit mit Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in drei Fällen
(Einzelfreiheitsstrafen von acht und zweimal sechs Monaten) zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, von
der drei Monate wegen überlanger Verfahrensdauer als
vollstreckt gelten, und hat den Verfall von Wertersatz in Höhe
von 10 Euro angeordnet.
1
Gegen dieses Urteil richtet sich die wirksam auf den Strafausspruch
beschränkte Revision des Angeklagten, mit der er die
Verletzung materiellen Rechts rügt. Unbegründet sind
die vom Beschwerdeführer gegen die Be-
2
- 3 -
messung des wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung
für vollstreckt erklärten Teils der Strafe
gerichteten Beanstandungen aus den Gründen der Antragsschrift
des Generalbundesanwalts; die Kompensationsentscheidung bleibt daher
bestehen. Hingegen begegnet die Strafzumessung im Übrigen im
Blick auf die Einsatz- und auf die Gesamtstrafe durchgreifenden
Bedenken.
Das Landgericht hat die Strafe für die besonders schwere
räuberische Erpressung dem Sonderstrafrahmen des §
250 Abs. 3 StGB entnommen; es hat dabei allerdings den vertypten
Strafmilderungsgrund des § 21 StGB - erhebliche Verminderung
der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgrund einer
bipolaren affektiven Störung (ICD-10 F 31.0) - herangezogen,
ohne den nach Auffassung des Landgerichts ein minder schwerer Fall
nicht hätte bejaht werden können, so dass eine
weitere Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB nicht mehr in
Frage kam (§ 50 StGB). Bei der von ihm durchgeführten
Gesamtwürdigung hat es dem Angeklagten außerdem
zugute gehalten, dass er nicht vorbestraft ist, die Tat über
vier Jahre zurückliegt und seit knapp dreieinhalb Jahren ein
Strafverfahren gegen ihn läuft, er einen eher geringen
Tatbeitrag leistete und die Beute nicht sehr hoch war. Gegen das
Vorliegen eines minder schweren Falles sprach, dass der Angeklagte und
seine Mittäter planvoll vorgegangen sind, die
mittäterschaftliche Begehungsweise die objektive
Gefährlichkeit der Tat gesteigert hat und der
Geschädigte noch einige Zeit in Form von
Schlafstörungen unter den Folgen der Tat litt.
3
Dies lässt besorgen, dass das Landgericht weitere
strafmildernde Umstände nicht bedacht hat, wonach insgesamt
auch ohne Heranziehung des § 21 StGB das Vorliegen eines
minder schweren Falles auf der Hand lag. So handelte es sich um eine
spontane, aus der Situation heraus entstandene Tat, der ein
gruppendynamisches Geschehen zugrunde lag. In die Würdigung
maßgebend einzubeziehen war ferner der Umstand, dass es sich
um eine Tat innerhalb des Drogenmilieus mit bereits geringer
Beuteerwartung handelte. Das Messer, mit dem das Opfer aus einem Meter
Entfernung be-
4
- 4 -
droht wurde, war nicht vom Angeklagten, sondern von einem
Mittäter geführt worden. Keine negativen
Feststellungen hat das Landgericht schließlich zur
strafrechtlichen Entwicklung des Angeklagten seit den im Zeitpunkt des
Urteils vier (Raubtat) bzw. knapp drei
(Betäubungsmittelstraftaten) Jahre zurückliegenden
Taten getroffen.
Der Ausspruch über die Einsatzstrafe kann danach keinen
Bestand haben; dabei verkennt der Senat deren
verhältnismäßig milde Bemessung im Ergebnis
nicht. Die Einzelfreiheitsstrafen betreffend die
Betäubungsmittelstraftaten sind rechtsfehlerfrei; sie haben
Bestand.
5
Die Aufhebung der Gesamtstrafe ist nicht allein auf die Aufhebung der
Einsatzstrafe zurückzuführen. Das Landgericht hat auf
den besonders engen Zusammenhang zwischen den
Betäubungsmitteldelikten hingewiesen, im Widerspruch hierzu
aber die Einsatzstrafe um mehr als die Hälfte der Summe der
sonstigen Einzelstrafen in Anwendung des § 54 Abs. 1 Satz 2,
Abs. 2 Satz 1 StGB erhöht.
6
Da die Aufhebung wegen Begründungs- und Wertungsfehlern
erfolgt, können die hierzu gehörenden Feststellungen
insgesamt bestehen bleiben. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert,
weitergehende Feststellungen zu treffen, sofern sie den bisherigen
nicht widersprechen.
7
- 5 -
Hinsichtlich der - freilich nicht angefochtenen - Verfallsentscheidung
weist der Senat für künftige Fälle auf
§§ 430, 442 StPO hin.
8
Basdorf Brause Schaal
Schneider König |