BGH,
Beschl. v. 26.6.2001 - 4 StR 183/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
26. Juni 2001
in der Strafsache gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 26. Juni
2001 gemäß §§ 154 a Abs. 2, 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Das Verfahren wird gemäß § 154 a Abs. 2
StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts auf den Vorwurf des
versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung, jeweils in zwei rechtlich zusammentreffenden
Fällen, beschränkt.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Stade vom 18. Dezember 2000
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der
Angeklagte des versuchten Totschlags in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung, jeweils in zwei
rechtlich zusammentreffenden Fällen, schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "versuchten Totschlags in
Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den
Straßenverkehr und mit gefährlicher
Körperverletzung, begangen in zwei tateinheitlichen
Fällen," zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt;
ferner hat es Maßregeln nach §§ 69, 69 a
StGB angeordnet. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner
Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel hat zum Strafausspruch Erfolg.
1. Der Senat nimmt mit Zustimmung des Generalbundesanwalts
gemäß § 154 a Abs. 2 StPO den Vorwurf des
gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr von der
Verfolgung aus. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe
über die vorsätzliche Schädigung der beiden
Mitinsassen des von ihm geführten Pkw durch die Tat "eine
darüber hinausreichende allgemeine Gefährdung des
Straßenverkehrs auf der B 73 bzw. auf dem Schlangenweg
konkret verursacht" (UA 30), wird durch die Feststellungen nicht belegt.
Die Beschränkung der Verfolgung führt zur
Änderung des im übrigen rechtsfehlerfreien
Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs.
2. Der Strafausspruch hält unabhängig von der
Beschränkung der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Landgericht hat die Strafe dem gemäß
§§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen
des § 212 Abs. 1 StGB entnommen, dabei aber die
Prüfung unterlassen, ob ein minder schwerer Fall nach
§ 213 2. Alternative StGB zu bejahen ist. Entgegen der
Auffassung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 3. Mai
2001 war die ausdrückliche Prüfung hier auch nicht
ausnahmsweise entbehrlich. Schon die Vielzahl der vom Landgericht
aufgeführten gewichtigen Strafmilderungsgründe, diese
aber jedenfalls im Zusammenhang mit dem "vertypten" Milderungsgrund des
§ 23 Abs. 2 StGB (vgl., auch zur Prüfungsreihenfolge,
BGHR StGB vor § 1/mF Strafrahmenwahl 5, 6, 7), lassen es nicht
als fernliegend erscheinen, daß das Landgericht bei der
gebotenen Gesamtabwägung einen minder schweren Fall des
§ 213 StGB bejaht hätte. Auf dem Rechtsfehler beruht
der Strafausspruch auch. Das Landgericht geht nämlich bei dem
von ihm angewandten Strafrahmen (zwei Jahre bis elf Jahre drei Monate
Freiheitsstrafe) von einer an sich verwirkten tat- und
schuldangemessenen Freiheitsstrafe von fünf Jahren aus, die es
mit Rücksicht auf "die lange Verfahrensdauer von
ungefähr 3 1/2 Jahren", die "auf Umständen (beruht),
die der Angeklagte nicht zu vertreten hatte (UA 31)", auf die erkannte
Strafe ermäßigt hat; die "fiktive" Strafe von
fünf Jahren Freiheitsstrafe wäre aber bei Anwendung
des § 213 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung die
Höchststrafe gewesen.
Über die Strafe ist deshalb neu zu befinden.
Meyer-Goßner Maatz Tolksdorf
Athing Ernemann
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