BGH,
Beschl. v. 26.10.2000 - 4 StR 284/99
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 284/99
vom
26. Oktober 2000
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Oktober 2000
beschlossen:
Die Sache wird gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG
dem Großen Senat für Strafsachen des
Bundesgerichtshofes zur Entscheidung folgender Rechtsfragen vorgelegt:
1. Setzt der Begriff der Bande eine Verbindung von mehr als zwei
Personen voraus?
2. Erfordert der Tatbestand des Bandendiebstahls das zeitliche und
örtliche Zusammenwirken von (mindestens) zwei
Bandenmitgliedern ?
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in
fünf Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls,
Bandendiebstahls in zwei Fällen und wegen versuchten
Bandendiebstahls zu Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils vier Jahren und
neun Monaten verurteilt.
Hiergegen wenden sich beide Angeklagte mit ihren auf die
Sachrüge gestützten Revisionen; der Angeklagte J.
beanstandet darüber hinaus
- mit der unausgeführten Rüge der Verletzung
formellen Rechts - das Verfahren.
I.
1. Nach den Feststellungen kamen die beiden Angeklagten im Mai 1998
überein, mehrere Wochen lang aus Auto-Verkaufshäusern
hochwertige Gebrauchtfahrzeuge im Wege arbeitsteiligen Zusammenwirkens
zu entwenden. In Ausführung des gemeinsamen Vorhabens suchten
sie von Anfang Juni an bis zu ihrer Festnahme am 30. Juli 1998 mehrere
Autohäuser auf, nahmen im Freien abgestellte Fahrzeuge in
Augenschein und täuschten Kaufinteresse vor. Entsprechend dem
Tatplan lenkte einer der Angeklagten die Aufmerksamkeit des
Verkaufspersonals ab, während der andere die Situation nutzte,
um unbemerkt einen der Originalschlüssel des besichtigten
Fahrzeugs gegen einen mitgeführten, ähnlich
aussehenden Schlüssel derselben Automarke auszutauschen. Am
jeweils darauffolgenden Wochenende wurden die teilweise mit einer
elektronischen Wegfahrsperre versehenen Fahrzeuge unter Verwendung der
ausgetauschten Originalschlüssel entwendet. Die Strafkammer
konnte nicht klären, ob die Angeklagten oder - nach Weitergabe
der Schlüssel "zum Zweck der Entwendung" - ein oder mehrere
unbekannte Mittäter die Fahrzeuge stahlen und
"möglicherweise nach Osteuropa" wegschafften.
2. In seiner rechtlichen Würdigung hat das Landgericht die
Tatbestandsvoraussetzungen des Bandendiebstahls (§ 244 Abs. 1
Nr. 2 StGB) bzw. - soweit Fahrzeuge mit Wegfahrsperren entwendet wurden
- des schweren Bandendiebstahls (§ 244 a Abs. 1 StGB) als
erfüllt angesehen; in zwei Fällen, in denen der
Diebstahl der Fahrzeuge scheiterte, hat es wegen Versuchs verurteilt.
II.
Der Senat hält die Sachrügen für
begründet. Er kann aber nicht selbst entscheiden, sondern
muß die Sache dem Großen Senat für
Strafsachen vorlegen, weil er es im Gegensatz zur feststehenden
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht für ausreichend
hält, daß für eine Bande die Verbindung von
nur zwei Personen genügt; andererseits hält er es
für unbedenklich, daß beim Bandendiebstahl nur einer
am Tatort den Diebstahl für die Bande ausführt. Auf
der Grundlage der derzeitigen Rechtsprechung wären die
Revisionen zu verwerfen, wenn man - wie im Ergebnis das Landgericht -
die Schlüssel- und Fahrzeugdiebstähle als
natürliche Handlungseinheiten ansieht.
1. Nach bisher ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
genügt es zur Erfüllung eines Bandendelikts,
daß sich zwei Personen mit dem ernsthaften Willen
zusammengeschlossen haben, künftig für eine gewisse
Dauer mehrere selbständige, im einzelnen noch ungewisse
Straftaten [gesetzlich umschriebener Art] zu begehen (vgl. BGHSt 23,
239 f.; 31, 202, 205; 38, 26, 27 f.; 39, 216, 217; 42, 255, 257 f.; BGH
NStZ 1998, 255 f.; NJW 1998, 2913; StV 2000, 259; 310, 311; BGH, Urteil
vom 23. Februar 2000 - 1 StR 568/99). Die beiden Angeklagten
wären danach - mit rechtlich vertretbaren Gründen (s.
BGHSt 23, 239 f.) - als "Bande" anzusehen. Für eine
Verurteilung nach den §§ 244 Abs. 1 Nr. 2 und 244 a
Abs. 1 StGB verlangt die Rechtsprechung, daß (mindestens)
zwei Bandenmitglieder in örtlichem und zeitlichem
Zusammenwirken stehlen (vgl. nur BGHSt 8, 205, 206 ff.; 25, 18; 33, 50,
52; BGH NStZ 1996, 493; 1999, 571; StV 1995, 586; 1999, 151; BGH,
Urteil vom 9. August 2000 - 3 StR 339/99 [zum Abdruck in BGHSt
vorgesehen]; offengelassen in BGH, Beschluß vom 19.
März 1997 - 5 StR 18/97). Dies könnte hier
hinsichtlich der Fahrzeug-Diebstähle fraglich sein, weil nach
den Feststellungen lediglich der Diebstahl der Autoschlüssel,
nicht aber zweifelsfrei auch der (möglicherweise rechtlich
gesondert zu bewertende, vgl. OLG Hamm MDR 1979, 421 f.) Diebstahl der
Fahrzeuge "unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds" erfolgte.
Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe
läßt sich allerdings entnehmen, daß die
Fahrzeuge für die Bande durch (zumindest) einen
Mittäter entwendet wurden.
Dem Senat erscheint die der bisherigen Rechtsprechung zugrunde liegende
Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Bande" (die Verbindung von zwei
Personen reicht aus) in § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB (§
244 a Abs. 1 StGB) zu weit. Er möchte aus diesem Grunde die
Verurteilung wegen (schweren) Bandendiebstahls aufheben. Die Auslegung
des Tatbestandsmerkmals "unter Mitwirkung eines anderen
Bandenmitglieds" (örtliches und zeitliches Zusammenwirken von
mindestens zwei Bandenmitgliedern beim Diebstahl sei erforderlich)
hält der Senat aber für zu eng. Er knüpft an
die neue Rechtsprechung des 3. Strafsenats an, der mit Billigung der
übrigen Strafsenate des Bundesgerichtshofs entschieden hat,
daß ein Bandenmitglied nicht nur dann Täter eines
Bandendiebstahls sein kann, wenn es am Tatort an der
Ausführung des Diebstahls unmittelbar beteiligt ist, sondern
daß es ausreicht, daß es auf eine andere als
täterschaftlicher Tatbeitrag zu wertende Weise daran
"mitwirkt" (Urteil vom 9. August 2000 - 3 StR 339/99, S. 11).
2. Mit dieser neuen Auslegung durch den 3. Strafsenat erhält
der Begriff "Mitwirkung" eine weiter gehende Bedeutung als bisher; denn
damit wird die Auffassung aufgegeben, daß die besondere
Gefährlichkeit des Bandendiebes
- und damit der Grund für die erhöhte Strafdrohung -
(auch) auf seiner Anwesenheit am Tatort beruht. Nunmehr besteht der
Grund für die Qualifikation - jedenfalls für am
Tatort nicht Anwesende - darin, daß das Bandenmitglied im
Hinblick auf den Diebstahl in die bandenmäßige
Organisation täterschaftlich "eingebunden" ist.
Es überzeugt nicht, daß der 3. Strafsenat gleichwohl
verlangt, der Bandendiebstahl müsse (am Diebstahls-Tatort)
weiterhin von mindestens zwei (weiteren) Bandenmitgliedern in
zeitlichem und örtlichem Zusammenwirken begangen werden
(Urteil vom 9. August 2000 - 3 StR 339/99, S. 11, 13). Vielmehr ergeben
sich hierdurch erhebliche Wertungswidersprüche und
Brüche in der Anwendung der Strafvorschrift.
a) Durch die Auslegung des 3. Strafsenats erhält der Begriff
"Mitwirkung" - in ein und derselben Vorschrift - einen doppelten
Bedeutungsinhalt mit unterschiedlichen Tatbestandsanforderungen:
Für mindestens zwei Bandenmitglieder erfordert er ein
Zusammenwirken am Tatort, für den oder die anderen
Mittäter lediglich das Erbringen irgendeines
täterschaftlichen Tatbeitrags. Hierdurch wird die vom 3.
Strafsenat ausdrücklich aufgegebene, von der Literatur
kritisierte (vgl. nur Arzt JuS 1972, 576, 579 f.; Jakobs JR 1985, 342
f. sowie die weiteren Nachweise bei Hohmann NStZ 2000, 258),
Rechtsprechung zur "Sonderregelung der Täterschaft beim
Bandendiebstahl" (BGHSt 8, 205, 207) durch eine neue, gleichfalls
sachlich nicht gerechtfertigte Sonderregelungs-Recht-sprechung zur
Mittäterschaft beim Bandendiebstahl ersetzt. Daß der
Wortlaut der Vorschrift hierzu keinen Anlaß gibt, hat der 3.
Strafsenat in seiner Entscheidung selbst ausgeführt (s. auch
den Antwortbeschluß des 3. Strafsenats auf die Anfrage des
vorlegenden Senats vom 14. März 2000, S. 8); "unter
Mitwirkung" bedeutet lediglich, daß das Bandenmitglied bei
dem Diebstahl mit einem anderen Bandenmitglied zusammenwirken
muß (vgl. Hohmann aaO; J. Meyer JuS 1986, 189, 190). Diese
Deutung entspricht auch dem Willen des historischen Gesetzgebers (vgl.
die Untersuchung von Altenhain, Die Mitwirkung eines anderen
Bandenmitglieds [erscheint voraussichtlich in Heft 1/2001 der ZStW];
a.A. Engländer JZ 2000, 630, 632, der allerdings allein auf
die Beratungen zum E 1962 abstellt).
b) Sinn und Zweck der Bandendiebstahlsdelikte erfordern es nicht,
besondere Anforderungen an die Mitwirkung der Bandenmitglieder zu
stellen.
(1) Die - die Anwesenheit (mindestens) zweier Bandenmitglieder am
Tatort fordernde - bisherige Rechtsprechung sieht den Grund der
Strafschärfung beim Bandendiebstahl (auch) in der
"Aktionsgefahr", die sich aus der "potentiellen
Täter-Opfer-Konfrontation" ergebe; das Opfer sehe sich in
"geteilter Abwehrkraft gefährlicher Übermacht"
gegenüber, wodurch die Verteidigung der bedrohten
Rechtsgüter erschwert sei (Antwortbeschluß des 1.
Strafsenats, S. 14 f.; ähnlich der Antwortbeschluß
des 2. Strafsenats, S. 13; BGHSt 8, 205, 209).
(2) Dieser Gesichtspunkt trägt nicht. Er träfe auch
für alle - nicht bandenmäßig begangenen -
Diebstähle zu, wenn mehrere Tatbeteiligte am Tatort gemeinsam
handeln. In diesem Fall wird aber nur aus dem Grunddelikt bestraft. Im
übrigen wird für die Bestrafung wegen
Bandendiebstahls nicht verlangt, daß die Bandenmitglieder am
Tatort "körperlich" zusammenwirken müssen (vgl. BGH
StV 1999, 151; s. auch S. 18 des Antwortbeschlusses des 1. Strafsenats,
wonach es möglicherweise ausreichen soll, daß das
"mitwirkende" Bandenmitglied den die Tat Ausführenden "per
Funkkontakt" an den Tatort führt). Die (angebliche)
"Aktionsgefahr" vor Ort kann somit den erheblichen Strafrahmensprung
[Grunddelikt: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren;
Bandendiebstahl: Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren]
nicht rechtfertigen. Selbst wenn man annähme, die
"Aktionsgefahr" durch zwei Bandenmitglieder sei besonders
groß, weil der Täter durch das zeitliche und
örtliche Zusammenwirken mit einem anderen Bandenmitglied unter
der Kontrolle der Bande stehe und er durch den insoweit
ausgeübten Druck zu rücksichtsloser Durchsetzung der
kriminellen Zwecke der Bande angestachelt werde (vgl. Mitsch,
Strafrecht BT 2/1, § 1 Rdn. 258), träfe dieser
Gesichtspunkt auch für das allein "vor Ort" verantwortliche
Bandenmitglied zu; denn auch dieses hätte bei einem Scheitern
der Tat mit Konsequenzen - etwa Bestrafung - durch die Bande zu rechnen.
(3) Der Gesichtspunkt der Aktionsgefahr kann die
Strafrahmenerhöhung beim Diebstahl auch deswegen nicht
rechtfertigen, weil hier eine Konfrontation des Opfers mit dem oder den
Täter(n) nicht tatbestands-immanent ist (vgl. BGHSt 29, 319,
323); kommt es zur (gewaltsamen) Konfrontation, so begeht der
Täter ein Verbrechen nach den §§ 249, 250,
252 oder 255 StGB. Fehlende Aktionsgefahr findet sich auch bei anderen
Bandendelikten, bei denen das Gesetz die Mitwirkung eines anderen
Bandenmitglieds verlangt: § 19 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 KWKG
[Atomwaffen entwickeln, herstellen, erwerben etc.]; § 22 a
Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 bis 4, 6, 7 KWKG [Kriegswaffen
herstellen, befördern, einführen etc.]; § 52
a Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 WaffG [Selbstladewaffen herstellen,
bearbeiten, instandsetzen etc.].
(4) Der Grund für die Strafschärfung beim
Bandendiebstahl liegt allein in der Gefährlichkeit der
bandenmäßigen Tatbegehung. Dem vom Gesetzgeber
geforderten Mitwirkungserfordernis genügt dabei jedes
Zusammenwirken von Bandenmitgliedern, das (auch unter Einbindung von
Nicht-Bandenmitgliedern) die Effizienz der
Tatbestandserfüllung (der Wegnahme) - die
"Ausführungs-gefahr" - erhöht. Dazu ist die vertikale
Arbeitsteilung von der Planung der Tat bis zur Verwertung der Beute
ebenso geeignet wie die horizontale Arbeitsteilung (BGH NStZ 2000, 255,
258; Hohmann aaO S. 258 f.); denn die Effizienz der Wegnahme wird nicht
nur dadurch erhöht, daß zwei Bandenmitglieder am
Tatort arbeitsteilig zusammenwirken. Sie steigt etwa auch dann, wenn
sich die Bande dergestalt die Arbeit teilt, daß ein
Bandenmitglied den Tatort auskundschaftet, ein anderes die
Transportmittel besorgt, das dritte allein am Tatort die Sache wegnimmt
- oder (wie möglicherweise im Vorlegungsfall) durch ein
Nicht-Bandenmitglied wegnehmen läßt - und ein
weiteres, nicht in unmittelbarer Tatortnähe befindliches
Bandenmitglied die Sache in Sicherheit bringt (s.
Antwortbeschluß des 3. Strafsenats, S. 7/8). Da auch bei
diesem Gesetzesverständnis das "Mitwirken" eines anderen
Bandenmitglieds zur Tatbestandserfüllung des § 244
Abs. 1 Nr. 2 StGB vorausgesetzt wird, ist dem Gesetzeserfordernis
"(Tatbegehung) unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds" Rechnung
getragen.
(5) Es erscheint nicht nachvollziehbar, einen Bandendiebstahl dann zu
verneinen, wenn die Bande dank sorgfältiger Planung nur einen
"Tatausführenden" an den Tatort zu schicken braucht.
Daß auch die Tatgerichte dies so sehen, wird durch die
Vielzahl der Urteilsaufhebungen bestätigt, die deswegen
erfolgten, weil die Bandenmitglieder nicht (entsprechend der bisherigen
Rechtsauffassung) am Tatort "unmittelbar mitwirkten" (vgl. nur BGH StV
1997, 247; BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr. 3 Bande 2, 4; BGH,
Beschluß vom 21. Juli 2000 - 3 StR 71/00). Nach jetziger
Ansicht kann selbst das Mitglied einer
Verbrecher-Großorganisation nicht wegen Bandendiebstahls
bestraft werden, wenn es den bandenmäßig
organisierten Diebstahl auftragsgemäß "vor Ort"
allein durchführt oder durchführen
läßt. Das ist unverständlich und vom Gesetz
nicht gefordert.
3. Die Abgrenzung der bloßen Mittäterschaft von der
Bande macht es erforderlich, daß bei der Bande mindestens
drei Mitglieder ein kriminelles Gemeinschaftsinteresse verfolgen:
a) Die Voraussetzungen eines Bandendelikts unterscheiden sich vom
Regelfall der Mittäterschaft nur wenig. Es wird lediglich die
Tatbegehung aufgrund einer (auch stillschweigend möglichen)
Bandenabrede mit "Gesamt-" und "Bandenwillen" (BGH NStZ 1996, 339, 340;
NJW 1998, 2913) und im (ebenfalls nur unpräzise
faßbaren, vgl. BGH NStZ 1997, 132, 133; 1998, 255, 256;
NStZ-RR 2000, 92) "übergeordneten Bandeninteresse"
vorausgesetzt. Um die durch das Sechste Gesetz zur Reform des
Strafrechts vom 26. Januar 1998 (BGBl I 164) bewirkte erhebliche
Rechtsfolgenverschärfung bei bandenmäßiger
Begehung nicht ausufern zu lassen und eine handhabbare und
präzise Differenzierung zur Mittäterschaft zu
ermöglichen, sollte der Bandenbegriff einschränkend
ausgelegt werden. Der Regelfall strafrechtlichen Handelns zu zweit ist
die Mittäterschaft. Es erscheint abwegig, etwa ein Ehepaar
(BGH bei Dallinger MDR 1967, 369), eine nichteheliche
Lebensgemeinschaft (BGH StV 1995, 642 f.) oder eine
Zweier-Wohngemeinschaft (vgl. BGHR BtMG § 30 a Bande 9; s.
auch BGH NJW 1998, 2913 f.) als "Bande" anzusehen. Eine Bande sollte
vielmehr erst bei der Verbindung von mindestens drei Personen bejaht
werden. Dies entspricht einer von Teilen der Literatur schon seit
langem erhobenen Forderung (s. etwa Dreher NJW 1970, 1802 ff.;
Engländer aaO S. 631; Geilen Jura 1979, 445, 446; Hohmann aaO
S. 259; Otto Jura 1989, 200, 203, JZ 1993, 559, 566 und StV 2000, 313,
314; Schild NStZ 1983, 69, 70; Schmitz NStZ 2000, 477;
Schünemann JA 1980, 393, 395; Seelmann JuS 1985, 454, 457;
Tröndle GA 1973, 325, 328; Volk JR 1979, 426, 428 f.; Hoyer in
SK-StGB 47. Lfg. § 244 Rdn. 30 f.; Lackner/Kühl StGB
23. Aufl. § 244 Rdn. 6; Ruß in LK 11. Aufl.
§ 244 Rdn. 11; Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl.
§ 244 Rdn. 11; Joecks StGB (Studienkommentar) 2. Aufl.
§ 244 Rdn. 21; Rengier Strafrecht BT I 3. Aufl. S. 68;
Schmidhäuser Strafrecht BT 2. Aufl. S. 96).
b) Weder die Entstehungsgeschichte noch der Wortlaut des Gesetzes
erfordern ein Festhalten an der "Zweier-Bande"; vielmehr stehen ihr der
Strafgrund für die erhöhte Strafdrohung und die
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur (Mindest-) Mitgliederzahl bei
der "kriminellen Vereinigung" entgegen:
aa) Ein "historischer Wille" des Gesetzgebers ist für die
Frage, wieviele Mitglieder eine "Bande" mindestens haben muß,
nicht eindeutig erkennbar.
(1) Der Gesetzgeber hat den Begriff "Bande" nicht definiert, sondern
seine Inhaltsbestimmung der Rechtsprechung überlassen. Als
gesetzestechnischer Begriff ist er erst spät, nämlich
durch das Erste Strafrechtsreformgesetz vom 25. Juni 1969 (BGBl I 645)
in § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB [a.F. = § 244 Abs. 1 Nr. 2
StGB n.F.] aufgenommen worden. Vorläufer dieser Bestimmung war
§ 243 Nr. 6 StGB, der als schweren Diebstahl unter Strafe
stellte, wenn "zu dem Diebstahle mehrere mitwirken, welche sich zur
fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben". Nach
der Rechtsprechung zu dieser Vorschrift konnte die Verbindung auch aus
(nur) zwei Mitgliedern bestehen (RGSt 66, 236, 238; BGH bei Dallinger
MDR 1967, 369). Diese Auslegung entsprach § 218 Nr. 8 des
Strafgesetzbuches für die Preußischen Staaten von
1851 - der Vorgängernorm des § 243 Nr. 6 StGB (s. J.
Meyer JuS 1986, 189, 191) -, wo als "schwerer Diebstahl" (s. §
219 Abs. 1 prStGB) angesehen wurde, "wenn zu dem Diebstahle zwei oder
mehrere Personen als Urheber oder Theilnehmer mitwirken, welche sich
zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl verbunden
haben". Der Begriff der "Bande" wurde in diesen Vorschriften allerdings
nicht gebraucht.
(2) Die Fassung des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. geht auf
§ 237 Abs. 1 Nr. 3 des Entwurfs eines Strafgesetzbuches von
1962 zurück und entspricht diesem wörtlich. Der
Begründung zum Entwurf 1962 ist einerseits zu entnehmen,
daß als Bande "wie im geltenden Recht" der
"Zusammenschluß mehrerer" bezeichnet wird, die sich zur
fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben
(BTDrucks. IV/650 S. 407). Andererseits wird aber ausgeführt,
der im Entwurf mehrfach - vgl. §§ 260 Abs. 1 Nr. 4,
338 Abs. 1 Nr. 3, 342 Abs. 3 Nr. 4, 389 Abs. 3 Nr. 1 - gebrauchte
Begriff "als Mitglied einer Gruppe" sei so auszulegen, wie der des
Mitglieds einer Bande in § 237 Abs. 1 Nr. 3 (BTDrucks. IV/650
S. 516). Eine Gruppe besteht aber - wie eine kriminelle Vereinigung (s.
unten II 3 b dd) - aus mindestens drei Personen (vgl. Rudolphi in
SK-StGB § 88 Rdn. 14; Tröndle/Fischer aaO §
88 Rdn. 7; s. auch BT-Drucks. 13/9064 [6. StrRG] S. 9 [zu §
127 StGB n.F.]).
(3) In § 11 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BtMG 1972 - jetzt §
30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG - hat der Gesetzgeber den Begriff der Bande
ebenfalls aufgenommen. Die Begründung des Regierungsentwurfs
führt zu dieser Vorschrift u.a. aus: "Der
Zusammenschluß von zwei Personen zur fortgesetzten Begehung
von Straftaten erfüllt bereits das Merkmal einer Bande"
(BTDrucks. VI/1877 S. 10). In dieser Bewertung liegt allerdings ein
deutlicher Widerspruch zu der ausdrücklich angegebenen
Zielrichtung der Strafbestimmung, die nämlich gegen
Händlerbanden gerichtet sei, die "wie Spionagedienste
organisiert sind" (BTDrucks. VI/1877 S. 5). In der Begründung
wird in diesem Zusammenhang von "Bandennetz" und
"Bandenführung" gesprochen (BTDrucks. VI/1877 aaO). Ziel der
Gesetzesreform war es in erster Linie, den organisierten Drogenhandel
und -schmuggel wirksamer bekämpfen zu können (Schild
NStZ 1983, 69, 70). Die Vorschrift des § 30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG
1982 übernahm diese Vorgabe. Der erhöhte Strafrahmen
[Freiheitsstrafe von zwei bis 15 Jahren] sollte eine wirksame Waffe
gegen Rauschgiftgroßhändler und gegen Drahtzieher
internationaler Rauschgifthandelsorganisationen sein (Körner
NJW 1982, 673, 675 f.). Vom Erfordernis der Mitwirkung eines anderen
Bandenmitglieds ist der Gesetzgeber hier - ohne Begründung -
abgewichen (vgl. hierzu Nadler NStZ 1985, 162; Schöch NStZ
1996, 166, 167 f.).
(4) Die Neuregelung des bandenmäßigen Schmuggels in
§ 373 Abs. 2 Nr. 3 AO 1977 lehnt sich ausdrücklich an
§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. an. Der Begründung des
Regierungsentwurfs ist zu entnehmen, daß beide Fälle
für "miteinander vergleichbar" gehalten wurden (vgl. BTDrucks.
VI/1982 S. 196). Da nach früher geltendem Recht (§
397 Abs. 2 Nr. 1 RAO) mindestens drei Personen mitwirken
mußten, wird hieraus eine gesetzgeberische Zustimmung zur
"Zweierbande" hergeleitet (BGHSt 38, 26, 28; Wessels/Hillenkamp
Strafrecht BT II 21. Aufl. S. 101).
Die in der Gesetzesbegründung herangezogene Vergleichbarkeit
zwischen Bandendiebstahl einerseits und Bandenschmuggel andererseits
erscheint wegen des unterschiedlichen Schutzzwecks beider
Strafvorschriften zweifelhaft: Während nämlich beim
bandenmäßigen Schmuggel nach altem Recht die
gemeinsame zeitliche und örtliche Begehung der Tat durch
mindestens drei Schmuggler wegen ihrer besonderen
Tatgefährlichkeit (vor Ort) im Vordergrund stand (vgl. RGSt
66, 236, 241 f.; BGHSt 8, 205, 208 f.; Schild GA 1982, 55, 61 ff.),
liegt beim Bandendiebstahl schon nach bisheriger Rechtsprechung die
strafschärfende Gefährlichkeit in erster Linie in der
bandenmäßigen Verabredung (s. BGHSt 8, 205, 208 f.;
23, 239, 240).
bb) Für die Auslegung, daß zur Bejahung einer
"Bande" die Verbindung von mehr als zwei Personen erforderlich ist,
spricht der Wortlaut des Begriffs:
Das Wort Bande wurde aus dem französischen "bande" (Truppe,
Schar) entlehnt, das wohl auf den gotischen Begriff bandwa,
"Feldzeichen", zurückgeht. Es kennzeichnet eigentlich
diejenigen, die sich unter einem gemeinsamen Zeichen zusammenrotten
(Duden Etymologie 2. Aufl. S. 61). "Bande" findet sich
ursprünglich als Bezeichnung für marodierende
Söldnerhaufen, während später
häufig Gruppen irregulärer Kämpfer so
genannt wurden. Als
Parallelbezeichnungen im soziologischen Sinne gelten Rotte, Horde oder
Meute (Brockhaus Enzyklopädie 20. Aufl. 2. Bd. S. 560). Der
Begriff wurde etwa als "gesetzliche Überschrift" zu §
127 StGB a.F. (vgl. Schwarz StGB 2. Aufl. [1934] S. 195:
"Bandenbildung") verwandt, wo unter Strafe gestellt wurde, wenn jemand
unbefugterweise einen "bewaffneten Haufen" bildete oder befehligte oder
eine "Mannschaft", von der er wußte, daß sie ohne
gesetzliche Befugnis "gesammelt" war, mit "Waffen oder
Kriegsbedürfnissen" versah oder er sich "einem solchen
bewaffneten Haufen" anschloß.
Die Auffassung, es sei mit dem Wortsinn des Begriffes Bande vereinbar,
unter diesem Merkmal auch den kriminellen Zusammenschluß von
nur zwei Personen zu verstehen (BGHSt 23, 239, 240; 38, 26, 28;
Günther in SK-StGB 43. Lfg. 250 Rdn. 37), begegnet danach
erheblichen Bedenken (vgl. Geilen aaO S. 446; Seelmann aaO S. 457).
Nicht zu Unrecht wird dagegen vorgebracht, diese Auslegung sei mit der
Wortlautgrenze nicht zu vereinbaren; eine Bande setze vielmehr nach dem
sozialen Sprachgebrauch mehr als zwei Mitglieder voraus (s. Dreher aaO
S. 1803; Engländer aaO S. 631; Schmitz aaO S. 477;
Schünemann aaO S. 395).
Der Hinweis des 1. Strafsenats (Antwortbeschluß, S. 7) auf
RGSt 9, 296 [1883], wo ausgeführt ist, daß sich die
neuere Strafgesetzgebung von der historischen Erscheinungsform der
"Bande" losgelöst habe, kann nicht überzeugen; denn
der Gesetzgeber der damaligen Zeit hat den Begriff der "Bande" gerade
nicht gebraucht (s. oben II 3 b aa (1): § 243 Nr. 6 StGB);
seine Inhaltsbestimmung - durch das Reichsgericht - erübrigte
sich daher. Im übrigen würde dieses Argument - die
Erscheinungsform der Bande sei einem Wandel unterworfen - nicht
hindern, zum ursprünglichen Bedeutungsgehalt des
Bandenbegriffs zurückzukehren, um das Ziel der neueren
Gesetzgebung zu erreichen,
mit den Bandendelikten die organisierte Kriminalität zu
treffen (vgl. Schöch NStZ 1996, 166, 168 f.;
Engländer aaO S. 631 und Anl. E der RiStBV Nr. 2.1:
Organisierte Kriminalität ist ..., wenn mehr als zwei
Beteiligte ... zusammenwirken).
cc) Der Grund für die die erhöhte Strafdrohung
rechtfertigende besondere Gefährlichkeit von Verbindungen zur
fortgesetzten Begehung von Straftaten liegt in der engen Bindung, die
die Mitglieder für die Zukunft eingehen und die einen
ständigen Anreiz zur Fortsetzung bildet (BGHSt 23, 239, 240).
Diese - über das Maß der Mittäterschaft
hinausgehende - eine kriminelle Dauergefahr begründende
gegenseitige Bindung besteht in einer Zweiergruppe
regelmäßig nicht (so aber BGHSt 23, 239, 240; 38,
26, 29 f.; BGH GA 1974, 308); denn die maßgebliche
Willensbindung entsteht als dynamischer Prozeß erst innerhalb
einer größeren Gruppe und entfaltet dann eine vom
Willen des einzelnen unabhängige Eigendynamik. Das Ausscheren
einzelner gegen den Willen der Mehrheit stößt hier
auf deren Widerstand und setzt beim Abtrünnigen eine besondere
innere und äußere
Selbstbehauptungsfähigkeit voraus. Bei nur zwei Mitgliedern
braucht kein Beteiligter die Situation zu befürchten, einer in
sich verschworenen, tatentschlossenen Gruppenmehrheit
gegenüberzustehen (Hoyer in SK-StGB aaO § 244 Rdn.
31). Es fehlt dann die für die Bandenqualifikation
charakteristische Gruppendynamik, die im Gegensatz zur normalen
Komplizenschaft die kriminellen Energien in besonders
gefährlicher Weise bündelt (Geilen aaO S. 446). Die
Entwicklung eines kriminellen Korpsgeistes, der als
Kriminalitätsmotor die besondere
Tätergefährlichkeit ausmacht und damit die
Strafschärfung entscheidend mitträgt, ist - auch nach
den Erkenntnissen der Kriminologie (vgl. Schwind, Kriminologie 10.
Aufl. [2000] § 28 Rdn. 1, 4; 9; Schöch NStZ 1996, 166
m.w.N.) - nicht schon in einer Zweier-, sondern frühestens in
einer Dreierbeziehung möglich (s. Hohmann aaO S. 259; Otto StV
2000, 313, 314; Schünemann aaO S. 395; Ruß in LK aaO
§ 244 Rdn. 11). Erst diese ist auf Eigenexistenz und Dauer
angelegt (vgl. Dreher aaO S. 1804; Otto JZ 1993, 559, 566; Seelmann aaO
S. 457).
dd) Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur kriminellen
Vereinigung gibt Anlaß, für eine Bande - wie
für die kriminelle Vereinigung - die Verbindung mindestens
dreier Personen zu verlangen (s. Volk JR 1979, 426, 428 f. [Anm. zu
BGHSt 28, 147]):
(1) Der 3. Strafsenat hat in seiner in BGHSt 28, 147 ff. abgedruckten
Entscheidung unter ausdrücklichem Hinweis auf die
Ausführungen von Dreher in NJW 1970, 1802 ff. (zum Begriff der
Bande) u.a. dargelegt: In der Verbindung zweier Personen entwickle sich
noch nicht die für größere
Personenzusammenschlüsse typische Eigendynamik, die geeignet
ist, dem einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten zu
erleichtern und bei ihm das Gefühl persönlicher
Verantwortung zurückzudrängen. In einer Gruppe
herrschten andere Gesetze des menschlichen Miteinander als zwischen
einem Paar. Ein Korpsgeist entwickle sich nur in einem
Zusammenschluß von mehr als zwei Personen. Die besondere
Gefährlichkeit, die gerade in der Bildung eines von der
individuellen Einzelmeinung losgelösten Gruppenwillens liege,
sei bei einer "Zweier-Vereinigung" noch nicht erreicht.
(2) Die Kriterien, die der 3. Strafsenat im Hinblick auf die
Mindestmitgliedzahl einer kriminellen Vereinigung aufgezeigt hat,
gelten in gleicher Weise für die Bande (vgl.
Lackner/Kühl aaO § 244 Rdn. 6; Ruß in LK
aaO § 244 Rdn. 11; a.A. BGHSt 38, 26, 30 f.). Aus diesem
Grunde sollten beide Begriffe im Hinblick auf die Mindestanzahl der
Beteiligten einheitlich definiert werden. Dadurch wird die
selbständige Bedeutung des § 129 StGB nicht
berührt: § 129 StGB ist ein "Organisationsdelikt"
(BGHSt 29, 288, 291; Tröndle/Fischer aaO § 129 Rdn. 2
m.w.N.); die Bande muß dagegen keine Organisationsstruktur
besitzen (vgl. BGHSt 31, 202, 205; BGH GA 1974, 308). § 129
StGB hat auch einen anderen Schutzzweck als das Bandendelikt; denn
§ 129 StGB begründet eine Strafbarkeit "bereits weit
im Vorfeld der Vorbereitung konkreter strafbarer Handlungen" (BGHSt 28,
147, 148).
III.
Insgesamt erscheint es auf der Grundlage der Entscheidung des 3.
Strafsenats vom 9. August 2000 (3 StR 339/99) konsequent und zur
Vermeidung von Wertungswidersprüchen erforderlich, den Begriff
"unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds" in den
§§ 244 Abs. 1 Nr. 2, 244 a Abs. 1 StGB dahin
auszulegen, daß ein örtliches und zeitliches
Zusammenwirken (mindestens) zweier Bandenmitglieder am
Diebstahls-Tatort nicht notwendig ist; zur sachgerechten Abgrenzung von
der bloßen Mittäterschaft ist für die
Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "Bande" einheitlich - auch
für das Nebenstrafrecht -der Zusammenschluß von mehr
als zwei Personen zu fordern.
Der Senat verkennt nicht, daß die Änderung einer
ständigen Rechtsprechung - wie vom Senat beabsichtigt -
voraussetzt, daß hierfür schwerwiegende
Gründe sprechen müssen. Solche Gründe von
Gewicht sind nach Auffassung des Senats jedoch gegeben:
1.) Die Änderung der Rechtsprechung zur "Mitwirkung eines
anderen Bandenmitglieds" in den §§ 244 Abs. 1 Nr. 2,
244 a Abs. 1 StGB durch den 3. Strafsenat hat zur Folge, daß
eine neue, vom Gesetz nicht geforderte und sachlich nicht
gerechtfertigte Sonderregelungs-Rechtsprechung zur
Mittäterschaft beim Bandendiebstahl begründet wird.
2.) Die als Rechtfertigung für den Strafrahmensprung beim
Bandendiebstahl angeführte "Aktionsgefahr" durch zwei am
Tatort "mitwirkende" Bandenmitglieder läßt sich
nicht überzeugend begründen.
3.) Durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar
1998 wurde die rechtsfolgenverschärfende Wirkung
bandenmäßiger Begehung in erheblichem Umfang
erweitert (vgl. §§ 146 Abs. 2, 152 a Abs. 2, 236 Abs.
4 Nr. 1, 263 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 5, Abs. 7, 264 Abs. 3, 266 Abs. 2, 267
Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4, 268 Abs. 5, 275 Abs. 2, 276 Abs. 2, 282 StGB).
Die Bestimmung des Begriffs der Bande hat der Gesetzgeber der
Rechtsprechung überlassen. Um die "Bandendelikte" nicht
ausufern zu lassen und eine handhabbare und präzise
Differenzierung zur Mittäterschaft zu ermöglichen,
sollte der Bandenbegriff einschränkend - orientiert am Ziel
der neueren Gesetzgebung, die organisierte Kriminalität zu
bekämpfen - dahin bestimmt werden, daß bei der Bande
mindestens drei Mitglieder ein kriminelles Gemeinschaftsinteresse
verfolgen müssen. Die bisherigen Bemühungen der
Rechtsprechung, durch "Zweier-Banden" begangene ("Banden-") Taten
dadurch begrifflich einzuschränken, daß die
Tatbegehung jeweils mit "Bandenwillen" und im "Bandeninteresse"
erfolgen muß, hat zu einer für die Tatrichter kaum
überschaubaren - oft auch widersprüchlichen -
Kasuistik geführt (vgl. die Beispiele im
Antwortbeschluß des 2. Strafsenats, S. 8 f.; s. auch BGH NJW
1998, 2913: entscheidend seien die "Umstände des
Einzelfalls"). Beim Ausscheiden von "Zweier-Banden" aus den
Bandendelikten würde die Zahl der Anwendungsfälle der
Bandentatbestände erheblich verringert (s.
Antwortbeschluß des 1. Strafsenats, S. 20). Es
bestünde dann eine deutlich verbesserte Rechtssicherheit, wann
eine Bande anzunehmen ist (s. Antwortbeschluß des 3.
Strafsenats, S. 4 f.). Weder Strafbarkeitslücken noch
Verurteilungen zu nicht schuldangemessenen Strafen wären zu
befürchten.
IV.
Durch die Rechtsprechung des 1. Strafsenats (BGH NJW 1998, 2913; NStZ
1996, 493; StV 1995, 586; BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr. 3 Bande
4; BGH, Urteil vom 23. Februar 2000 - 1 StR 568/99), des 2. Strafsenats
(s. BGHSt 23, 239; 33, 50; BGH GA 1974, 308) und des 3. Strafsenats (s.
BGHSt 39, 216, 217; 42, 255, 257 ff.; BGH bei Holtz MDR 1994, 763; BGH,
Beschluß vom 21. Juli 2000 - 3 StR 71/00) ist der Senat
gehindert, wie beabsichtigt zu entscheiden. Der 1. und der 2.
Strafsenat haben auf die Anfrage des Senats gemäß
§ 132 Abs. 3 und 4 GVG (= NStZ 2000, 474 mit Anm. Schmitz =
StV 2000, 315 = JZ 2000, 628 mit Anm. Engländer) mitgeteilt,
daß sie an der bisherigen Rechtsprechung sowohl zum Begriff
der Bande als auch zu dem der Mitwirkung festhalten
(Beschlüsse vom 27. Juni 2000 - 1 ARs 6/00 - und vom 21. Juni
2000 - 2 ARs 76/00). Der 3. Strafsenat hat angeregt, die im
Anfragebeschluß aufgeworfenen Rechtsfragen dem
Großen Senat für Strafsachen
gemäß § 132 Abs. 4 GVG zur Entscheidung
vorzulegen (Beschluß vom 16. August 2000 - 3 ARs 3/00). Der
5. Strafsenat hat erklärt, daß er der Auffassung des
Senats nicht entgegentrete (Beschluß vom 4. April 2000 - 5
ARs 20/00). Es bedarf daher nach § 132 Abs. 2 GVG zu den
beiden Rechtsfragen der Entscheidung des Großen Senats
für Strafsachen. Nach Auffassung des vorlegenden Senats sind
die angesprochenen Rechtsfragen unabhängig vom Ausgangsfall
(auch) von grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 4
GVG; vgl. BGHSt 40, 360, 366).
Meyer-Goßner Kuckein Athing
Solin-Stojanovic Ernemann |