BGH,
Beschl. v. 26.9.2001 - 1 StR 321/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 321/01
vom
26. September 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Mordes
- 2 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2001
beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Mannheim vom 5. Februar 2001 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und
die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen
Auslagen zu tragen.
Gründe:
Entsprechend dem von beiden Angeklagten auf Initiative der Angeklagten
B. S. gefaßten Tatplan hat der Angeklagte H. S. C.
Si. , eine Arbeitskollegin der Angeklagten B. S. , die deren beruflichen
Plänen im Wege stand, am Nachmittag des 9. November 1999
aufgelauert und
erschlagen. Tatort war eine Tiefgarage, die die Angeklagten zusammen
zuvor
im Hinblick auf Zugangsmöglichkeiten und Fluchtwege im
einzelnen ausgekundschaftet
hatten. Der Tatplan sah vor, daß C. Si. am Vormittag von
B. S. mit der unwahren Behauptung, es sei ein Anruf eingegangen, wonach
der PKW von C. Si. in der Tiefgarage beschädigt worden sei, zum
Aufsuchen der Tiefgarage veranlaßt werden, wo sie der
Angeklagte H.
S. erschlagen sollte, oder die Tat sollte, wie es dann auch der Fall
war, am
Nachmittag geschehen, sobald C. Si. nach Dienstende in die Tiefgarage
zu ihrem PKW gekommen war. Am Vormittag hatte die Angeklagte B.
S. C. Si. in der geplanten Weise dazu veranlaßt, die
Tiefgarage auf-
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zusuchen; es kam jedoch nicht zur Tat, weil sich im letzten Moment das
Rolltor
öffnete und der Angeklagte H. S. deshalb fürchtete,
gestört zu werden.
Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat die Strafkammer die
Angeklagten
wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes jeweils zu lebenslanger
Freiheitsstrafe verurteilt.
Die Revisionen der Angeklagten bleiben erfolglos, da die
Überprüfung
des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen
durchgreifenden
Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349
Abs. 2 StPO).
Ergänzend zum Vorbringen des Generalbundesanwalts bemerkt der
Senat:
1. Zur Revision der Angeklagten B. S. :
Die Verurteilung der Angeklagten wegen mittäterschaftlich
begangenen
Mordes ist rechtlich nicht zu beanstanden, da ihr das Verhalten des
Angeklagten
H. S. als Mittäterin zuzurechnen ist (§ 25 Abs. 2
StGB), so daß die
Ausführungen der Strafkammer zu einer letztlich von ihr
verneinten Täterschaft
durch Unterlassen und die hieran anknüpfenden
Erwägungen der Revision auf
sich beruhen bleiben können.
2. Zur Revision des Angeklagten H. S. :
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Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe aus niedrigen
Beweggründen
gehandelt, hält rechtlicher Überprüfung
nicht stand. Dies gefährdet
den Bestand des Urteils jedoch nicht:
a) Die Strafkammer geht davon aus, daß der Angeklagte die Tat
nicht
zuletzt deshalb begangen habe, um zu verhindern, daß sich die
Angeklagte
B. S. "endgültig und in aller Konsequenz von ihm abwenden"
werde,
oder sich "tatsächlich was antun könnte", nachdem sie
mit Selbstmord gedroht
hatte, wenn C. Si. am Leben bliebe. Im "Lebensentwurf des Angeklagten
(sei) eine Trennung nicht vorgesehen, zumal es im Gesellschaftsbild des
Angeklagten als Ernährer und Beschützer der Familie
keine einigermaßen realistische
Alternative gäbe". Eine Trennung von seiner Ehefrau
"umschloß" für
ihn die Vorstellung von "einem Leben in Einsamkeit und Verbitterung".
All dies
könne die Tötung eines Menschen jedoch "moralisch
nicht rechtfertigen". Die
Beweggründe seien vielmehr sittlich verachtenswert und
stünden auf tiefster
Stufe, da sie "zutiefst egoistischer Natur und letztlich der Angst vor
der Zukunft
geschuldet" seien.
b) Schon der Ansatz, eine Tötung sei im Sinne des §
211 StGB aus
niedrigen Beweggründen begangen, weil sie moralisch nicht
gerechtfertigt sei,
geht von einem unzutreffenden Maßstab aus. Unbeschadet der
Frage, unter
welchen Umständen die Tötung eines Menschen moralisch
gerechtfertigt sein
kann, ergibt sich die Niedrigkeit der Beweggründe jedenfalls
nicht schon aus
der fehlenden moralischen Rechtfertigung der Tat.
Im übrigen tragen Motive, denen "jedermann je nach
Anlaß mehr oder
weniger stark erliegen kann, nicht von vorneherein den Stempel der
Niedrig-
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keit" (BGH NJW 1996, 471, 472 für eine aus "Wut,
Enttäuschung und Rachsucht"
begangene Tat m. w. Nachw.). Dies gilt auch, wenn die Tat aus Angst
vor der Zukunft begangen wurde. Eine Bewertung derartiger Motive als
niedrig
setzt vielmehr eine umfassende Gesamtabwägung aller
Umstände voraus
(BGH aaO). Daran fehlt es hier schon deshalb, weil, worauf die Revision
zutreffend
hinweist, die Strafkammer in diesem Zusammenhang nicht
erörtert,
daß es dem Angeklagten auch darum ging, einen Selbstmord der
Angeklagten
B. S. zu verhindern. Die Annahme, ein solches Motiv sei "zutiefst
egoistischer
Natur" ist sehr fernliegend; Anhaltspunkte, die hier eine andere
Beurteilung
rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
c) Da die Strafkammer jedoch Heimtücke rechtsfehlerfrei bejaht
hat,
bleibt der Schuldspruch von alledem unberührt (vgl. BGH aaO).
Es sind auch weder im Hinblick auf die Beziehungen des Angeklagten
zum Tatopfer noch sonst Anhaltspunkte für derart
ungewöhnliche Umstände
erkennbar, die es gebieten würden, zu erörtern, ob
eine Strafrahmenmilderung
gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB für
den (nur) heimtückisch begangenen Mord
(vgl. BGHSt 30, 105, 119 ff.) in Betracht kommen könnte.
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Schließlich hat sich der aufgezeigte Mangel auch nicht auf
die Entscheidung
gemäß § 57a Abs.1 Nr. 2 StGB ausgewirkt, da
die Strafkammer eine besondere
Schwere der Schuld verneint hat.
Schäfer Nack Wahl
Boetticher Schluckebier |