BGH,
Beschl. v. 27.8.2009 - 4 StR 306/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 306/09
vom
27. August 2009
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter räuberischer Erpressung u.a.
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 27. August
2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Münster vom 20. Januar 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter
räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von einem
Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung
ausgesetzt hat. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die
allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das
Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg.
1
Zwar tragen die Feststellungen des Landgerichts die Annahme versuchter
räuberischer Erpressung durch den Angeklagten. Das Landgericht
hat aber einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch
(§ 24 Abs. 1 StGB) nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen: Zwar
sei dem Angeklagten die weitere Ausführung der Tat noch
möglich gewesen, er habe aber von der weiteren
Tatausführung nicht aus selbst gesetzten Motiven Abstand
genommen, weil der Zeuge R. ihn zum Verlassen des Tatortes angehalten
habe.
2
- 3 -
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 11.
August 2009 ausgeführt:
3
"Diese Begründung trägt den Ausschluss eines
freiwilligen Rücktritts vom unbeendeten Versuch nicht. Sie
lässt schon nicht erkennen, dass sich das Landgericht - was
bei der zugrunde liegenden Fallgestaltung nötig gewesen
wäre - mit den zur Bestimmung der Freiwilligkeit in der
Rechtsprechung entwickelten Kriterien auseinandergesetzt hat.
Freiwilligkeit liegt vor, wenn der Täter noch Herr seiner
Entschlüsse geblieben ist und die Ausführung seines
Verbrechensplans noch für möglich gehalten hat, er
also weder durch eine äußere Zwangslage daran
gehindert noch durch einen seelischen Druck unfähig geworden
ist, die Tat zu vollbringen (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 24
Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 16, 18).
Ob der Angeklagte dementsprechend nach dem Erscheinen des Zeugen R.
noch 'Herr seiner Entschlüsse' geblieben ist, lässt
sich den vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht entnehmen.
(...). Die Annahme von Freiwilligkeit wird nicht dadurch
ausgeschlossen, dass der Anstoß zum Umdenken von
Außen gekommen ist (vgl. BGHSt 7, 296, 299; StV 1982, 259,
260) oder die Abstandnahme von der Tat nach dem Einwirken von Dritten
erfolgt ist (vgl. BGH NStZ 1988, 69, 70). Maßgebend ist auch
in diesen Fällen, ob der Täter trotz des
unvorhergesehenen Erscheinens oder der Anwesenheit Dritter 'aus freien
Stücken' gehandelt hat oder ob dies womöglich zu
einer ihn an der Tatfortführung hindernden
äußeren Zwangslage oder zur inneren
Unfähigkeit einer Tatvollendung geführt hat. Ein
Fall, in dem sich im Hinblick auf das etwa das Entdeckungsrisiko
erhöhende Erscheinen eines Dritten ohne Weiteres von selbst
ergeben würde, dass der Angeklagte nicht mehr Herr seiner
Entschlüsse geblieben sei, ist ersichtlich nicht gegeben. Der
Zeuge R. , mit dem der Angeklagte den Abend unterwegs gewesen war, hat
den Angeklagten zum Verlassen des Tatorts angehalten (UA S. 8) und ihn
dann mit nach Draußen genommen (UA S. 4); dass der Angeklagte
nicht mehr in der Lage gewesen sein könnte, einen eigenen
Willen im Hinblick auf die mögliche Tatvollendung zu bilden
oder gar durch körperliche Anstrengungen des Zeugen vom
- 4 -
Tatort weggeführt und deshalb an einer Vollendung
tatsächlich gehindert worden sein könnte,
lässt sich den insoweit dürftigen Feststellungen des
Landgerichts nicht entnehmen. Da nach dem bisherigen Sachverhalt auch
nicht anzunehmen ist, dass das spätere Erscheinen der Zeugen
H. und P. bei den Rücktrittsüberlegungen des
Angeklagten eine Rolle gespielt haben könnte, ist jedenfalls
nicht auszuschließen, dass der Angeklagte (...) aus freien
Stücken von der weiteren Durchführung der Tat Abstand
genommen hat und dadurch strafbefreiend zurückgetreten ist.
Dies aufzuklären, wird Sache des neuen Tatrichters sein."
Dem stimmt der Senat zu.
4
Tepperwien Maatz Athing
Roggenbuck Franke |