BGH,
Beschl. v. 27.2.2007 - 1 StR 76/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 76/07
vom
27.2.2007
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27.02.2007
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Landshut vom 15. September 2006 mit den Feststellungen aufgehoben,
soweit die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
nicht angeordnet worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen mehrerer Fälle der
unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln sowie weiterer
tatmehrheitlich begangener Fälle des unerlaubten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und gemeinschaftlichen
Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen
wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die
Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den
aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen
ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und zum Strafausspruch keinen
durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
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2. Das angefochtene Urteil hat jedoch keinen Bestand, soweit das
Landgericht davon abgesehen hat, die Unterbringung des Angeklagten in
einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen. Zwar ist der
Angeklagte durch die unterbliebene Anordnung seiner Unterbringung nicht
beschwert (st. Rspr., vgl. BGHSt 28, 327; 37, 5 ff. m.w.N.), doch
konnte der Senat das Urteil auch insoweit überprüfen,
weil der Angeklagte das Urteil mit der Sachbeschwerde umfassend
angegriffen hat.
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Die Strafkammer hat die Voraussetzungen eines Hangs des Angeklagten,
Betäubungsmittel - insbesondere Heroin - im
Übermaß zu konsumieren, abgelehnt. Diese Beurteilung
ist schon nach den getroffenen Feststellungen nicht ohne weiteres
tragfähig, zumal der inzwischen 29 Jahre alte Angeklagte seit
dem Alter von 12 oder 13 Jahren Drogen zu sich nimmt und dieser
Missbrauch nur durch die verschiedenen Haftzeiten unterbrochen wurde.
Im Regelfall setzte der Angeklagte den streckenweise bis zu
fünf Gramm Heroin täglich umfassenden Drogenkonsum
unmittelbar nach dem jeweiligen Haftende fort. Dies gilt auch
für zwei abgebrochene Drogentherapien. Hinzu kommt, dass der
vom Landgericht beauftragte medizinische Sachverständige dem
Angeklagten eine seit Jahren bestehende ausgeprägte
Polytoxikomanie bescheinigte. Nach Auffassung des
Sachverständigen stehen die Anlasstaten in Zusammenhang mit
einem Hang des Angeklagten, Betäubungsmittel im
Übermaß zu konsumieren. Angesichts dessen reichte es
nicht hin, das Vorliegen eines Hangs deshalb zu verneinen, weil der
Angeklagte im Rahmen der Geldbeschaffung für
Betäubungsmittel durch Fälschung eines
Überweisungsträgers sich noch als
leistungsfähig erwies. Vielmehr ist von einem Hang auszugehen,
wenn eine einge-
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wurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch
Übung erworbene intensive Neigung besteht, immer wieder
Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad
physischer Abhängigkeit erreicht haben muss (vgl. nur BGHR
StGB § 64 Abs. 1 Hang 5; BGH NStZ-RR 2006, 103 m.w.N.).
Vorliegend kommt hinzu, dass der Angeklagte zweifellos
betäubungsmittelabhängig ist, wobei der Angeklagte
nunmehr erstmalig seine Bereitschaft erklärt hat, im Rahmen
eines eventuellen Maßregelvollzugs an einer Drogentherapie
mitzuwirken. Insoweit bedarf es im Hinblick auf die unterlassene
Anordnung der Unterbringung einer erneuten Verhandlung und Entscheidung
unter Berücksichtigung der vorgenannten Gesichtspunkte.
Soweit das Landgericht eine Unterbringung des Angeklagten
gemäß § 64 StGB zusätzlich
deswegen für aussichtslos gehalten hat, weil ein
Maßregelvollzug nach dem Vollstreckungsplan im
Bezirkskrankenhaus M. vollzogen würde, der Angeklagte aber
durch die dort untergebrachten Russlanddeutschen Repressionen zu
befürchten hätte und dies dann wiederum zu einem
Therapieabbruch führen würde, stellt dies kein
maßgebliches Kriterium für die Ablehnung einer
Unterbringung dar. Vielmehr muss im Interesse einer Besserung des
Süchtigen durch Behandlungsmaßnahmen und einer
Rehabilitation sowie zusätzlich zum Schutz eines
Untergebrachten gegen Racheaktionen anderer die Möglichkeit
bestehen oder geschaffen werden, auch entgegen
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einem festgelegten Vollstreckungsplan den Verurteilten in einer anderen
Entziehungsanstalt unterzubringen. Mögliche organisatorische
Schwierigkeiten rechtfertigen es nicht, aus diesen Gründen von
einer Maßnahme nach § 64 StGB abzusehen.
Nack Wahl Boetticher
Hebenstreit Graf |