BGH,
Beschl. v. 27.1.2010 - 5 StR 488/09
5 StR 488/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 27. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2010
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Cottbus vom 14. Juli 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO dahingehend
abgeändert, dass der Angeklagten wegen Untreue zu einer zur
Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten
verurteilt ist und im Übrigen freigesprochen wird.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten, soweit der Angeklagte
freigesprochen worden ist; im Übrigen trägt der
Angeklagte die Kosten seiner Revision.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in Tatmehrheit mit
Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn
Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung
ausgesetzt hat. Die hiergegen mit Verfahrensrügen und der
allgemeinen Sachrüge gerichtete Revision des Angeklagten
erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts sagte der Angeklagte dem
Geschädigten zwischen Ende 2003 und Beginn 2004 zu,
über ein von ihm in Thailand gehaltenes Bankkonto einen
Zahlungsfluss des Geschädigten in Höhe von 571.000
€ von Deutschland über Thailand in die Schweiz
verschleiern zu helfen. Der Geschädigte wollte den Geldbetrag
hierdurch
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dem Zugriff seiner damaligen Ehefrau im Rahmen eines bevorstehenden
Scheidungsverfahrens entziehen. Da sich das Bankinstitut in Thailand
mangels Herkunftsnachweises weigerte, die Weiterüberweisung in
die Schweiz an eine andere Person als den Angeklagten
durchzuführen, überwies der Angeklagte einen
Teilbetrag von 520.000 € auf ein Schweizer Konto, dessen
Inhaber er selbst war. Von dort aus wollte er den Betrag auf das
Schweizer Konto des Geschädigten weiterleiten. Jedoch
verlangte auch sein Schweizer Bankinstitut einen Beleg dafür,
dass die Summe aus einer rechtmäßigen Quelle
herrühre. Spätestens jetzt fasste der Angeklagte den
Entschluss, die Geldmittel für sich selbst zu verwenden. Er
täuschte den Geschädigten über den Verbleib
des Geldes und brach dann den Kontakt ab.
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Um das Geld anlegen zu können, gebrauchte der Angeklagte
gegenüber seiner Schweizer Bank eine manipulierte notarielle
Urkunde über einen Grundstücksverkauf. Hierzu ging er
wie folgt vor: Er verfügte über eine CD, auf der eine
eingescannte Version des zwischen ihm und dem Geschädigten im
September 2003 geschlossenen notariellen Kaufvertrages abgespeichert
war. Die eingescannte Version war in mehreren Punkten
verändert worden, wobei das Landgericht nicht festzustellen
vermochte, dass der Angeklagte selbst die Manipulationen vorgenommen
hatte. So war im Original die Wohnanschrift des Angeklagten in
Deutschland aufgeführt. Diese war in eine Briefkastenanschrift
in Thailand verändert. Der Kaufpreis von ehemals 80.000
€ war auf 571.000 € erhöht, das Datum der
Fälligkeit vom 1. November 2003 auf den 5. Februar 2004
verschoben. Darüber hinaus war in der verfälschten
Version bestimmt, dass der Kaufpreis vom Geschädigten auf das
Konto des Angeklagten in Thailand zu überweisen sei.
Anfang April 2004 druckte der Angeklagte die veränderte
Version des Kaufvertrags aus. Er übermittelte sie am 5. April
2004 per Telekopie an seine Schweizer Bank. Die Bank akzeptierte den
Nachweis und legte den größten Teil des Geldes zu
seinen Gunsten in verschiedenen Fonds an.
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2. Die Verfahrensrügen versagen aus den Gründen der
Antragsschrift des Generalbundesanwalts. Jedoch führt die
revisionsrechtliche Nachprüfung auf die allgemeine
Sachrüge hin zur Aufhebung des Schuldspruchs und zur
Freisprechung wegen Urkundenfälschung, demzufolge zum Wegfall
der verhängten Einzelgeldstrafe sowie der
Gesamtfreiheitsstrafe.
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a) Die Verurteilung wegen Untreue wird entgegen der Auffassung der
Verteidigung von den Feststellungen getragen. Namentlich steht der
Anwendbarkeit des § 266 Abs. 1 StGB nicht entgegen, dass der
durch den Geschädigten an den Angeklagten erteilte Auftrag
rechtlich und sittlich missbilligten Zwecken diente (BGHSt 8, 254, 256
ff.; BGH NJW 1984, 800; Fischer, StGB 57. Aufl. § 266 Rdn. 46).
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b) Demgegenüber hält die Verurteilung wegen
Urkundenfälschung rechtlicher Prüfung nicht stand.
Der Angeklagte hat weder durch das Ausdrucken des manipulierten
Kaufvertrages eine unechte oder verfälschte Urkunde
hergestellt noch hat er eine solche durch Versendung dieses Ausdrucks
hergestellt oder gebraucht.
aa) Das ausgedruckte Exemplar des manipulierten Schriftstücks
erfüllte den Urkundenbegriff nach § 267 Abs. 1 StGB
nicht. Urkunden im Sinne des Strafrechts sind verkörperte
Erklärungen, die ihrem gedanklichen Inhalt nach geeignet und
bestimmt sind, für ein Rechtsverhältnis Beweis zu
erbringen, und die ihren Aussteller erkennen lassen (st. Rspr.; vgl.
etwa BGHSt 4, 60, 61; 24, 140, 141; Fischer aaO § 267 Rdn. 2
m.w.N.). Zwar kann im Wege computertechnischer Maßnahmen wie
der Veränderung eingescannter Dokumente grundsätzlich
eine (unechte) Urkunde hergestellt werden (vgl. BGHR StGB §
267 Abs. 1 Urkunde 5). Dafür muss die Reproduktion jedoch den
Anschein einer von einem bestimmten Aussteller herrührenden
Gedankenäußerung vermitteln, also einer
Originalurkunde so ähnlich sein, dass die Möglichkeit
einer Verwechslung nicht ausgeschlossen werden kann (BayObLG NJW 1989,
2553, 2554; Fischer aaO § 267 Rdn. 12d).
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Daran fehlt es hier. Der bloße Ausdruck der Computerdatei
wies nicht die typischen Authentizitätsmerkmale auf, die einen
notariellen Kaufvertrag bzw. die Ausfertigung eines solchen
prägen. Er spiegelte für den Betrachter erkennbar
lediglich ein Abbild eines anderen Schriftstücks wider. Damit
stand er einer bloßen Fotokopie gleich, der, sofern als
Reproduktion erscheinend, mangels Beweiseignung sowie Erkennbarkeit des
Ausstellers ebenfalls kein Urkundencharakter beizumessen ist (vgl.
BGHSt 20, 17, 18 f.; 24, 140, 141 f. m.w.N.; BGH wistra 1993, 225; 341).
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bb) Mit der Übermittlung des Schriftstücks per
Telekopie und dessen Ausdruck auf dem Empfängergerät
hat der Angeklagte desgleichen keine Urkunde hergestellt. Nicht anders
als bei einer („gewöhnlichen“) Fotokopie
enthält die beim Empfänger ankommende Telekopie eines
existenten Schriftstücks - für den Adressaten und
jeden Außenstehenden offensichtlich - nur die bildliche
Wiedergabe der in jenem Schriftstück verkörperten
Erklärung (vgl. OLG Zweibrücken NJW 1998, 2918; OLG
Oldenburg NStZ 2009, 391; Erb in MünchKomm-StGB § 267
Rdn. 89; Zieschang in LK 12. Aufl. § 267 Rdn. 125; Fischer aaO
§ 267 Rdn. 12d; Beckemper JuS 2000, 123). Eine Beweisbedeutung
kann ihr demgemäß mangels Erkennbarkeit eines
Ausstellers und damit verbundener eigener Garantiefunktion für
die Richtigkeit des Inhalts (vgl. BGH wistra 1993, 341) jedenfalls
unter den hier gegebenen Umständen (zu den in Betracht
kommenden Fallgestaltungen Beckemper aaO) nicht beigemessen werden.
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Anderes ergibt sich auch nicht dann, wenn - was das Landgericht nicht
ausdrücklich festgestellt hat - durch das Gerät des
Empfängers auf der Telekopie die übliche
Kurzbezeichnung des Absenders aufgedruckt gewesen ist. Ein solcher
Aufdruck ist entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung
(Cramer/Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl.
§ 267 Rdn. 43 m.w.N.) nicht etwa einer Beglaubigung
gleichzusetzen. Der Rechtsverkehr misst ihm eine solche Bedeutung
ersichtlich nicht zu. Ferner bestätigt der
Empfängeraufdruck nicht die inhaltliche Richtigkeit des
versandten Schrift-
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stücks (zur Lage bei der Beglaubigung BGHR StGB § 267
Abs. 1 Gebrauchmachen 4), sondern allenfalls, dass die eingegangene
Telekopie vom Absender gemäß Aufdruck in das
Telekopiergerät eingelegt und versandt worden ist. Insofern
gibt er aber das Geschehene zutreffend wieder.
cc) Da es dem übermittelten Schriftstück an der
Qualität als Urkunde ermangelte (vgl. Buchstabe aa), liegt
schließlich kein Gebrauchmachen von einem unechten oder
verfälschten „originalen“ Falsifikat vor
(vgl. dazu BGHSt 24, 140, 142; Fischer aaO Rdn. 24).
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3. Andere Straftatbestände sind nicht erfüllt.
Namentlich scheidet § 269 Abs. 1 StGB in der Form des
Gebrauchmachens veränderter Daten aus. Denn das auf der CD
gespeicherte und dann in den Arbeitsspeicher des Computers des
Angeklagten eingelesene Abbild enthielt aus den Gründen zu
Ziffer 2 a nicht die Merkmale einer Urkunde (vgl. BGHR StGB §
269 Verfälschen 1).
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4. Die Einzelgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 5 €
wegen Urkundenfälschung sowie die Gesamtfreiheitsstrafe
müssen nach alledem entfallen. Hiervon nicht beeinflusst wird
die wegen Untreue verhängte Freiheitsstrafe von neun Monaten.
Sie kann deshalb bestehen bleiben.
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