BGH,
Beschl. v. 27.6.2002 - 4 StR 158/02
4 StR 158/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
27. Juni 2002
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 27. Juni
2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bielefeld vom 29. November 2001 dahin geändert, daß
die Angeklagten jeweils wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit
räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer, versuchter
schwerer räuberischer Erpressung und mit gefährlicher
Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren
verurteilt werden.
2. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen versuchten Mordes in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und
wegen räuberischen Angriffs auf einen Kraftfahrer in
Tateinheit mit versuchter schwerer räuberischer Erpressung zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Mit ihren
Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung sachlichen
Rechts.
Die Rechtsmittel führen jeweils zur Änderung des
Schuld- und des Strafausspruchs; im übrigen sind sie
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Beschwerdeführer beanstanden zu Recht die Annahme zweier
rechtlich selbständiger Taten.
Zutreffend hat das Landgericht den von den Angeklagten gemeinschaftlich
begangenen Versuch, das Opfer zu töten, als versuchten
Verdeckungsmord gewertet, denn die Angeklagten hatten von Anfang an ein
zweiaktiges Geschehen geplant (vgl. BGH NStZ 2001, 194). Nach den
Feststellungen sollte das Opfer zunächst unter Einsatz der
mitgeführten Gaspistolen, von denen eine mit einer
Schreckschußpatrone und die andere mit einer Gaspatrone
geladen war, gezwungen werden, mit seinem Pkw zu einem abgelegenen Ort
zu fahren, wo ihm sein Geld und sonstige Wertgegenstände
abgenommen werden sollten. Sodann sollte das Opfer zur Verdeckung
dieser in Tateinheit mit einem räuberischen Angriff auf einen
Kraftfahrer begangenen schweren räuberischen Erpressung, also
einer anderen Tat im Sinne des § 211 StGB (vgl. BGH aaO),
getötet werden.
Der von den Angeklagten in Ausführung dieses Planes zur
Verdeckung der Vortat zum Nachteil des Opfers begangene Mordversuch
sowie die vom Landgericht zutreffend als räuberischer Angriff
auf einen Kraftfahrer in Tateinheit mit versuchter schwerer
räuberischer Erpressung gewertete Vortat sind jedoch keine
rechtlich selbständige Taten, sondern eine Tat im Rechtssinne
(§ 52 StGB; vgl. BGH aaO; StraFo 1999, 100), was der
Verurteilung wegen versuchten Verdeckungsmordes nicht entgegensteht
(vgl. BGHR StGB § 52 Abs. 1 Handlung, dieselbe 22).
Daß der Versuch der Angeklagten, das Tatopfer zur Herausgabe
von Bargeld zu zwingen, fehlschlug, weil dieses kein Bargeld bei sich
hatte, bildet entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts keine
Zäsur. Der Erpressungsversuch war nicht, wie das Landgericht
meint, bereits mit dem Scheitern des Vorhabens, Bargeld zu erlangen,
beendet. Als die Angeklagten das Tatopfer zwangen, das Auto zu
verlassen, um es, wie geplant, zu töten, wollten sie sich nach
den getroffenen Feststellungen vielmehr auch Wertgegenstände
des Opfers und dessen Auto verschaffen. Dem entspricht, daß
der Angeklagte W. mit einem Taschenmesser in Tötungsabsicht
auf das Opfer einstach, während der Angeklagte N. gleichzeitig
- im Ergebnis ohne Erfolg - das Auto des Tatopfers nach
Wertgegenständen durchsuchte. Die Tat, die mit der
Tötung des Opfers verdeckt werden sollte, war somit erst
beendet, als die Angeklagten ohne Beute flüchteten. Das
gesamte Geschehen bildet daher eine natürliche
Handlungseinheit.
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. §
265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die geständigen
Angeklagten gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer
als geschehen hätten verteidigen können.
Die Änderung des Schuldspruchs führt zwar zum Wegfall
der gegen die Angeklagten jeweils verhängten beiden
Einzelstrafen; sie berührt jedoch den Schuldumfang nicht. Die
bisherigen Gesamtfreiheitsstrafen können daher jeweils als
neue Einzelstrafe bestehen bleiben (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 119, 120;
Beschluß vom 16. Oktober 2001 - 4 StR 415/01).
Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht
unbillig, die Beschwerdeführer jeweils mit den gesamten Kosten
und Auslagen ihrer Rechtsmittel zu belasten (§ 473 Abs. 1 und
4 StPO).
Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanovic Sost-Scheible
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