BGH,
Beschl. v. 27.6.2008 - 3 StR 212/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 212/08
vom
27. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 27. Juni 2008 gemäß
§ 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 154 a Abs. 2,
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Itzehoe vom 26. Februar 2008 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 1. c
der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln verurteilt worden
ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die
notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass
der Angeklagte
- des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie
- des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 39
Fällen, davon in 17 Fällen in Tateinheit mit
unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge und in 22 Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb
von Betäubungsmitteln
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schuldig ist;
c) das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die
Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben
ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen unerlaubten Erwerbs von
Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln in 41 Fällen, davon in zwei
Fällen unerlaubtem Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine
Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat
den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im
Übrigen ist es offensichtlich unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts
gemäß § 154 Abs. 2, § 154 a Abs. 2
StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im
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Fall II. 1. c der Urteilsgründe wegen unerlaubten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln
verurteilt worden ist.
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Das Landgericht hat im Verhältnis dieser Tat zum nachfolgenden
Fall II. 1. d der Urteilsgründe Tatmehrheit angenommen, obwohl
der Angeklagte nach den Feststellungen die beiden getrennt bestellten
und entgegengenommenen Rauschgiftmengen nach Übergabe der
zweiten Lieferung in einem Betrag in Höhe des
Gesamtkaufpreises der Bestellungen gleichzeitig bezahlte. Dies ist nach
bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtsfehlerhaft; denn
danach genügt es für die Annahme von Tateinheit, dass
die beiden Erwerbsgeschäfte des Angeklagten in einem
Handlungsteil - der Bezahlung der beiden Lieferungen - zusammenfielen.
Dagegen ist es für das Konkurrenzverhältnis der Taten
ohne Belang, dass die Geschäfte etwa einen Monat auseinander
lagen und der Angeklagte die erste Lieferung nur deswegen nicht
unmittelbar nach Übergabe der Betäubungsmittel
bezahlt, weil er zu diesem Zeitpunkt kein Geld hatte (vgl. BGH, Beschl.
vom 9. Januar 2008 - 2 StR 527/07; Beschl. vom 17. Oktober 2007 - 2 StR
376/07; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 5; BtMG
§ 29 Strafzumessung 29).
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Der Senat hat zwar - wie auch der 4. Strafsenat (vgl. BGH NStZ 1999,
411) - Bedenken, ob der bloße Zahlungsvorgang mehrere an sich
selbständige Rauschgiftgeschäfte zu einer Tat im
Rechtssinne verbinden kann, insbesondere wenn die einheitliche
Bezahlung lediglich auf einer (nicht bereits bei der Bestellung des
Rauschgifts in den Blick genommenen) kurzfristigen
Illiquidität des Käufers beruht. Da die Sache im
Übrigen entscheidungsreif ist und die Unterbringung des
Angeklagten nach § 64 StGB im Raum steht, sieht der Senat aber
von einem zeitaufwändigen Vorlageverfahren nach § 132
Abs. 3 Satz 1 GVG ab und stellt das Verfahren im Fall II. 1. c der
Urteilsgründe ein bzw. beschränkt die Strafverfolgung
insoweit auf die Tat im Fall II. 1. d der Urteilsgründe.
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2. Bereits dies führt zu einer teilweisen Änderung
des Schuldspruchs. Dessen weitere Abänderung ist zudem deshalb
geboten, weil die Strafkammer nicht bedacht hat, dass der Angeklagte im
Fall II. 1. d der Urteilsgründe sowie in den 17
Fällen des Ankaufs von jeweils 50 g Kokain (Fälle II.
1. b und II. 2. der Urteilsgründe) bei
Berücksichtigung der Eigenkonsummengen tateinheitlich zum
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (im Fall II. 1. d in nicht
geringer Menge) unerlaubt im Besitz von Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge war (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG). In diesen
Fällen verdrängt der Besitz nicht geringer Mengen von
Betäubungsmitteln den Tatbestand des unerlaubten Erwerbs - der
für den Eigenkonsum bestimmten Teilmengen - von
Betäubungsmitteln (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1
Konkurrenz 5; Rahlf in MünchKomm-StGB § 29 a BtMG
Rdn. 91).
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Da sich der Angeklagte nicht anders hätte verteidigen
können, steht § 265 Abs. 1 StPO der durch den Senat
vorgenommenen Schuldspruchänderung nicht entgegen. Auch
§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO hindert die Verschärfung des
Schuldspruchs nicht (Kuckein in KK 5. Aufl. § 358 Rdn. 18 m.
w. N.).
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3. Die teilweise Einstellung des Verfahrens führt zum Wegfall
der im Fall II. 1. c verhängten Einzelstrafe. Dass die
Strafkammer in den Fällen II. 1. b und II. 2. der
Urteilsgründe aufgrund des rechtsfehlerhaften Schuldspruchs
bei der Zumessung der Einzelstrafen von dem niedrigeren Strafrahmen des
§ 29 Abs. 1 BtMG ausgegangen ist, beschwert den Angeklagten
nicht.
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Der Gesamtstrafenausspruch hat Bestand. Der Senat kann angesichts der
Einsatzstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und der Summe der
verbliebenen weiteren Einzelfreiheitsstrafen ausschließen,
dass die Strafkammer ohne Einbeziehung der im Fall II. 1. c der
Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe auf eine
niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
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4. Das Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit eine
Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt unterblieben ist. Die Feststellungen zu der
Drogenabhängigkeit des Angeklagten, der von ihm angestrebten
Therapie sowie zu den begangenen Straftaten, die der Finanzierung
seines eigenen Drogenkonsums dienten, drängten zu der
Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt gegeben sind. Diese Prüfung hat das
Landgericht unterlassen, obwohl auch nach der Neufassung des §
64 Abs. 1 StGB diese Maßregel in aller Regel angeordnet
werden muss, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen. Lediglich in
besonderen Ausnahmefällen darf der Tatrichter von der
Unterbringungsanordnung absehen (BTDrucks. 16/5137, S. 10; 16/1344, S.
12). Dass vollstreckungsrechtlich die Möglichkeit eines
Vorgehens nach § 35 BtMG in Betracht kommt - und hier vom
Landgericht befürwortet wird - rechtfertigt für sich
allein das Absehen von der Prüfung und gegebenenfalls
Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB nicht.
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Zwar hat nur der Angeklagte Revision eingelegt; dies hindert die
Nachholung der Unterbringungsanordnung jedoch nicht (BGHSt 37, 5). Der
Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB
durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
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Becker Miebach Pfister
RiBGH Dr. Schäfer befindet
sich im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben
Sost-Scheible Becker |