BGH,
Beschl. v. 27.5.2009 - 5 StR 187/09
5 StR 187/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 27. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Mai 2009
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 10. Dezember 2008 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte
wegen Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne
Fahrerlaubnis, wegen Betruges und wegen vorsätzlichen Fahrens
ohne Fahrerlaubnis verurteilt ist,
b) im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in vier
Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit
vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, wegen Betruges
(insoweit ist kein tateinheitliches Vergehen nach § 21 StVG
ausgeurteilt) und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne
Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs
Monaten verurteilt.
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Außerdem hat es die Verwaltungsbehörde angewiesen,
dem Angeklagten vor Ablauf von fünf Jahren keine Fahrerlaubnis
zu erteilen.
Die gegen das Urteil gerichteten Verfahrensrügen des
Angeklagten dringen aus den Gründen der Antragsschrift des
Generalbundesanwalts nicht durch. Hingegen können aus
sachlichrechtlichen Gründen ein Teil des Schuldspruchs und der
gesamte Strafausspruch keinen Bestand haben. Sämtliche
Feststellungen und der Maßregelausspruch bleiben hingegen
bestehen.
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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hebelten der Angeklagte und
ein Mittäter einen Schlüsseltresor auf, in dem ein
Unternehmen die Fahrzeugschlüssel seiner Dienstfahrzeuge
aufbewahrte. Aus dem Schlüsseltresor entwendeten sie
Fahrzeugschlüssel für drei Pkws, um sich damit Zugang
zu den Kraftfahrzeugen und sodann diese selbst zu verschaffen.
Unmittelbar danach suchten sie die unmittelbare Umgebung nach den
Fahrzeugen ab, fanden diese innerhalb kurzer Zeit und fuhren sie
nacheinander weg. Die Fahrzeuge wollten sie für sich behalten.
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Das Landgericht ist von vier selbständigen Vergehen des
Diebstahls ausgegangen. Dies hält rechtlicher Prüfung
nicht stand. Bei natürlicher Betrachtungsweise bildete der
Diebstahl der Fahrzeugschlüssel nur einen
unselbständigen Teilakt des Diebstahls der Fahrzeuge, wobei er
in einem sehr engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit
der nachfolgenden Entwendung der Fahrzeuge stand. Ferner entspricht es
der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass nur
ein Diebstahl gegeben ist, wenn der Täter seinem -
gegebenenfalls während der Tatausführung erweiterten
- Tatplan entsprechend mehrere Sachen entwendet (vgl. BGHSt 22, 350,
351). Demgemäß ist das gesamte Geschehen nur als ein
Diebstahl im Rechtssinne zu werten.
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Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Insoweit
hätte sich der Angeklagte nach einem Hinweis ersichtlich nicht
wirkungsvoller als bisher verteidigen können. Den vom
Landgericht für die von ihm angenommenen vier Diebstahlstaten
festgesetzten Einzelfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und sechs
Monaten ist damit ebenso die Grundlage entzogen wie dem Ausspruch
über die - für sich genommen unvertretbar hoch
bemessene - Gesamtstrafe. Der Strafausspruch war insgesamt aufzuheben,
um dem neuen Tatgericht die Möglichkeit zu geben, die
Einzelfreiheitsstrafen in ein ausgewogenes Verhältnis
zueinander zu setzen.
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2. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes
hin:
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Das neue Tatgericht wird auch in Anbetracht des Vorliegens nur einer
Tat des Diebstahls das Gebot schuldangemessenen Strafens in besonderem
Maße zu bedenken haben. In die Würdigung
einzubeziehen ist dabei auch der Umstand (vgl. BGH, Beschluss vom 24.
Februar 2009 - 5 StR 8/09 m.w.N.), dass gegen den Mittäter des
Angeklagten wegen des Diebstahls der Fahrzeuge eine zur
Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten
im selben Strafverfahren verhängt worden ist. Die weit
höhere Bestrafung des Angeklagten ist ungeachtet des etwas
weitergehenden Schuldspruchs, seiner massiven Vorbelastungen, des
Geständnisses des Mittäters und des Umstandes, dass
der Angeklagte nach den Feststellungen die
„Zentralfigur“ des Geschehens gewesen ist, nicht
nachvollziehbar.
Ferner ist der vom Landgericht zu gewährende
Härteausgleich in Bezug auf eine nach Tatbegehung anderweit
verhängte, an sich gesamtstrafenfähige, aber
mittlerweile vollständig vollstreckte Freiheitsstrafe in die
Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe einzustellen und nicht - wie vom
Landgericht
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mit nicht wahrnehmbarer Konsequenz angenommen - bei der Festsetzung der
Einzelfreiheitsstrafen zu würdigen.
Basdorf Schaal Schneider
Dölp König |