BGH,
Beschl. v. 27.11.2002 - 1 StR 462/02
1 StR 462/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
27. November 2002
in der Strafsache gegen
wegen versuchten Totschlags
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. November 2002
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg
vom 7. August 2002 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat
(§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Schriftsatz der Verteidigung vom 25. November 2002 hat vorgelegen.
Nach den Urteilsfeststellungen "verschwand" der durch zwei
Schüsse vom Angeklagten verletzte F. "sofort wieder in seiner
durch eine Tür gesicherten Wohnung, so daß es dem
Angeklagten nicht möglich war, weitere Schüsse auf
ihn abzugeben". Entgegen der Auffassung der Revision tragen diese
Feststellungen die Annahme, ein freiwilliger Rücktritt vom
Versuch (§ 24 Abs. 1 StGB) liege nicht vor.
Mit dem Vorbringen, in der Hauptverhandlung hätte sich,
entsprechend auch dem Akteninhalt (Skizze, polizeiliche Aussage des
Zeugen F. ), ergeben, daß die Wohnung nicht durch eine
Tür "gesichert" war, kann die Revision nicht gehört
werden. Eine Rekonstruktion es Ergebnisses der Beweisaufnahme ist dem
Revisionsgericht ebensowenig möglich wie ein Abgleich der
Urteilsgründe mit dem Akteninhalt (st. Rspr., vgl.
zusammenfassend Wahl in NJW - Sonderheft für G.
Schäfer 2002, 73 m.N.).
Darüber hinaus meint die Revision, auch sonst seien die
Feststellungen zu dem die Freiwilligkeit des Rücktritts
ausschließenden Scheitern des Versuchs lückenhaft.
Es bleibe nämlich offen, ob der mit einer Maschinenpistole
bewaffnete Angeklagte nicht objektiv oder zumindest nach seiner
Vorstellung sich den Einlaß in die Wohnung hätte
erzwingen und dann weiter auf F. hätte schießen
können. Auch damit kann sie nicht gehört werden. Zwar
liegt kein fehlgeschlagener Versuch vor, wenn der Täter nach
anfänglichem Mißlingen des vorgestellten Tatablaufs
sogleich zu der Annahme gelangt, er könne die Tat ohne
zeitliche Zäsur mit den bereits eingesetzten oder anderen
bereitstehenden Mitteln noch vollenden (BGHSt 39, 221, 228 m.w.N.).
Entscheidend ist, ob es sich bei dem gescheiterten Anlauf zur
Verwirklichung der Tat und dem neuen Anlauf, auf den der Täter
schließlich verzichtet hat, um einen einheitlichen
Lebensvorgang handeln würde (vgl. BGHSt 40, 75;
zusammenfassend zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Eser in
Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 24 Rdn.
17c m. zahlr.N.).
Ein einheitlicher Lebensvorgang hätte jedoch bei der von der
Revision genannten, von der Strafkammer nicht ausdrücklich
erörterten Möglichkeit - das auf der Straße
angeschossene Opfer flüchtet in eine (wie auch immer im
einzelnen durch eine Tür gesicherte) Wohnung, in die der
Täter eindringen müßte - nicht vorgelegen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
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