BGH,
Beschl. v. 27.11.2002 - 5 StR 355/02
5 StR 355/02
(alt: 5 StR 604/00)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 27. November 2002
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. November 2002
beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten G gegen das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 19. März 2002 wird nach § 349 Abs. 2 StPO
mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als
unbegründet verworfen, daß die Einzelgeldstrafen aus
dem Urteil des Amtsgerichtes Tiergarten in Berlin vom 17. Juli 1998 -
300 Ds 240/97 -, aus dem Urteil des Amtsgerichtes Tiergarten in Berlin
vom 15. Dezember 1998 - 300 Ds 240/97 - in Verbindung mit dem Urteil
des Landgerichts Berlin vom 15. April 1999 - 571 - 29/99 - und aus dem
Strafbefehl des Amtsgerichtes Tiergarten in Berlin vom 2. November 1999
- 300 Cs 637/99 - in die Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen werden.
Dieser Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch
dem Nebenkläger B entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten Y wird das genannte Urteil nach
§ 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
a) soweit die Festsetzung einer Strafe wegen der Tat zum Nachteil des
Geschädigten Ya unterblieben ist,
b) im Ausspruch der Gesamtstrafe.
Die weitergehende Revision dieses Angeklagten wird nach § 349
Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hatte den Angeklagten G wegen gefährlicher
Körperverletzung unter Einbeziehung mehrerer Einzelgeldstrafen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten bei Aussetzung der
Vollstreckung der Strafe zur Bewährung verurteilt. Den
Angeklagten Y hatte es wegen versuchten Totschlags (Fall B ) und wegen
gefährlicher Körperverletzung (Fall Ya ) unter
Einbeziehung mehrerer Einzelfreiheitsstrafen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Der Senat hat durch
Beschluß vom 4. April 2001 auf die jeweilige Revision der
Angeklagten das Urteil betreffend den Angeklagten G in vollem Umfang
aufgehoben und betreffend den Angeklagten Y aufgehoben "a) soweit
dieser Angeklagte wegen der Tat zum Nachteil des Nebenklägers
B verurteilt worden ist, b) im gesamten Strafausspruch" sowie die
weitergehende Revision dieses Angeklagten verworfen. Daraufhin hat das
Landgericht nunmehr den Angeklagten G wegen gefährlicher
Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf
Monaten bei Aussetzung deren Vollstreckung zur Bewährung und
den Angeklagten Y wegen versuchten Totschlags (Fall B ) - unter
Einbeziehung einer vermeintlich rechtskräftig bestehenden
Einzelfreiheitsstrafe von neun Monaten wegen gefährlicher
Körperverletzung im Fall Ya - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.
Die Revisionen der Angeklagten sind aus den Gründen der
Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen die
Schuldsprüche richten. Für die Revision des
Angeklagten Y gilt gleiches, soweit das Rechtsmittel sich gegen die
Bestimmung der Einzelfreiheitsstrafe wegen der Tat gegen den
Nebenkläger B richtet. Jedoch bedarf der Strafausspruch gegen
den Angeklagten G der aus dem Beschlußtenor ersichtlichen
Änderung, während der Strafausspruch gegen den
Angeklagten Y in den gleichermaßen ersichtlichen Teilen
aufgehoben werden muß.
1. Der erste Tatrichter hatte in seine Gesamtstrafenentscheidungen
betreffend beide Angeklagte jeweils nach § 55 StGB Strafen
einbezogen, die sich vor der Entscheidung des zweiten Tatrichters -
durch Begleichung dreier Geldstrafen (Angeklagter G ) bzw. durch
Vollstreckung einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten (Angeklagter
Y ) - erledigt haben. Der zweite Tatrichter hat eine gleichartige
Einbeziehung nicht vorgenommen, sondern statt dessen jedem Angeklagten
einen "Härteausgleich" von jeweils einem Monat Freiheitsstrafe
gewährt. Dies widerspricht dem Grundsatz, daß nach
Aufhebung einer Gesamtstrafe in der erneuten Verhandlung die
Gesamtstrafbildung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1
StGB nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt
der ersten Verhandlung zu erfolgen hat; sonst würde einem
Revisionsführer wegen seines Rechtsmittels ein durch die
Gesamtstrafbildung erlangter Rechtsvorteil genommen (BGHR StGB
§ 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 2 m. w. N.).
Betreffend den Angeklagten G kann der Senat dies dadurch korrigieren,
daß er die Einbeziehung der erledigten Strafen entsprechend
§ 354 Abs. 1 StPO (mit der Folge ihrer Anrechnung nach
§ 51 Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 StGB) nachholt. Dieser
geringfügige Teilerfolg des Rechtsmittels rechtfertigt keine
Kostenteilung nach § 473 Abs. 4 StPO.
2. Betreffend den Angeklagten Y kommt folgendes hinzu: Das Landgericht
hat übersehen, daß der Senat durch den
Beschluß vom 4. April 2001 auch die Einzelstrafe im Fall der
gefährlichen Körperverletzung gegen den
Geschädigten Ya aufgehoben hat. Es ist deshalb von einer
vermeintlich rechtskräftig verhängten
Einzelfreiheitsstrafe von neun Monaten ausgegangen und hat eine solche
in die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe aufgenommen.
Danach hat ein neuer Tatrichter gegen den Angeklagten Y eine
Einzelfreiheitsstrafe wegen der Tat zum Nachteil des
Geschädigten Ya festzusetzen (vgl. BGHR StPO § 331
Abs. 1 Einzelstrafe, fehlende 1; BGH, Beschl. vom 18. Dezember 1996 - 2
StR 637/96) und eine neue Gesamtstrafe zu bilden. In diese sind die
Einzelfreiheitsstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichtes Tiergarten in
Berlin vom 11. März 1999 einzubeziehen. Unter dem
Gesichtspunkt des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO besteht dabei
für die Gesamtstrafe - trotz des vom letzten Tatrichter
unnötigerweise vorgenommenen "Härteausgleichs", der
als solcher nicht korrigiert werden kann - die Obergrenze von zwei
Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe.
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