BGH,
Beschl. v. 27.9.2007 - 5 StR 171/07
5 StR 171/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 27.9.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27.9.2007
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 19. September 2006 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass in den Fällen
II. 9. b und II. 15. c der Urteilsgründe die jeweils
tateinheitliche Verurteilung wegen Urkundenunterdrückung
entfällt,
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 15
Fällen, zweimal davon jeweils in Tateinheit mit
Urkundenfälschung, mittelbarer Falschbeurkundung und mit
Amtsanmaßung, wegen versuchten Betruges in zwei
Fällen, einmal davon in Tateinheit mit zweifacher Anstiftung
zur falschen uneidlichen Aussage und mit Beihilfe zum Meineid und
einmal in Tateinheit mit zweifacher Anstiftung zur falschen uneidlichen
Aussage, wegen
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Urkundenfälschung in acht Fällen, einmal davon in
Tateinheit mit falscher Verdächtigung, einmal in Tateinheit
mit Amtsanmaßung und einmal in Tateinheit mit zweifach
versuchtem Betrug, Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage,
Beihilfe zum Meineid und falscher Verdächtigung, wegen
Urkundenunterdrückung in zwei Fällen jeweils in
Tateinheit mit Verwahrungsbruch, wegen Anstiftung zur falschen
uneidlichen Aussage in zwei Fällen, wegen falscher
Verdächtigung, wegen falscher Versicherung an Eides Statt und
wegen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und
sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten gegen dieses
Urteil hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen
Teilerfolg. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der
Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Der Schuldspruch ist, wie aus dem Tenor ersichtlich, zu
ändern.
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a) Die Verurteilung wegen Urkundenunterdrückung in den
Fällen II. 9. b und II. 15. c der Urteilsgründe
hält, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen
hat, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die auf
Veranlassung des Angeklagten aus den Grundbuchakten entwendeten
Grundschuldbestellungsurkunden waren Totalfälschungen und
damit keine geeigneten Tatobjekte im Sinne des § 274 Abs. 1
Nr. 1 StGB. Nur echte Urkunden unterfallen dem Schutzbereich des
§ 274 StGB (Cramer/Heine in
Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 274 Rdn.
4; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 274 Rdn. 1a;
Gribbohm in LK 11. Aufl. § 274 Rdn. 3). Allerdings kann
ausnahmsweise auch einer Totalfälschung später
Urkundsqualität im Sinne des § 274 StGB zuwachsen,
wenn sie eine eigenständige Beweiserheblichkeit erlangt. Dies
kann dann eintreten, wenn die Fälschung Teil (einer dann
echten) Gesamturkunde oder die Fälschung selbst zum
Beweismittel geworden ist. Eine solche Konstellation ist jedoch in
beiden Fällen nicht gegeben.
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b) Im Übrigen hat die Überprüfung des
Urteils bezüglich des Schuldspruchs keinen Rechtsfehler zum
Nachteil des Angeklagten ergeben.
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2. Die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe haben keinen Bestand.
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a) Dies folgt in den Fällen II. 9. b und II. 15. c der
Urteilsgründe aus der Teilaufhebung des Schuldspruchs. Die
Vorschrift des § 274 StGB, deren Strafandrohung in diesen
Fällen die Einzelstrafen bestimmt hat (§ 52 Abs. 2
Satz 1 StGB), entfällt.
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b) Im Übrigen ist die Strafzumessung in weiteren
Einzelfällen nicht frei von Rechtsfehlern.
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aa) Im Fall II. 1. a der Urteilsgründe (Einzelfreiheitsstrafe
von drei Jahren und vier Monaten) hat das Landgericht eine
Vermögensgefährdung in Höhe von 100.000 DM
angenommen (UA S. 167). Dabei hat es nicht bedacht, dass der Angeklagte
tatsächlich 50.000 DM an die Geschädigte ausgezahlt
hatte und insofern die Grundschuld der berechtigten Absicherung einer
tatsächlich bestehenden Darlehensrückforderung
diente. Möglicherweise liegt dem eine Verwechslung mit Fall
II. 1. b der Urteilsgründe zugrunde.
bb) Im Fall II. 4. a der Urteilsgründe wird der von der
Geschädigten endgültig erlittene
Vermögensverlust nicht genau bestimmt (UA S. 170). Es bleibt
insbesondere offen, ob zu dem beim Angeklagten und seinen
Mittätern verbliebenen Versteigerungserlös in
Höhe von 49.000 Euro nach der Rechtsauffassung des
Landgerichts ein weiterer Schadensbetrag in Höhe von 72.000
Euro hinzugerechnet werden soll. Einer genauen Bestimmung der
Höhe des Vermögensverlusts hätte es hier
aber angesichts der verhängten Freiheitsstrafe von
fünf Jahren (einer der beiden höchsten Einzelstrafen)
bedurft.
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cc) In den Fällen II. 2. a, II. 5. a, II. 10 und II. 14. a der
Urteilsgründe ist zu besorgen, dass das Landgericht bei der
Strafzumessung zu hohe Schadenssummen in Bezug auf die von den
Geschädigten bestellten Sicherheiten zugrundegelegt hat. Es
ist - im Ausgangspunkt zutreffend - von einem
Gefährdungsschaden in Höhe des Nominalbetrages der
jeweiligen Grundschuld bzw. in den Fällen II. 2. a und II. 10
der jeweiligen Sicherungshypothek abzüglich der gegebenenfalls
ausgereichten Darlehensvaluta ausgegangen. Es fehlen jedoch in den
genannten Fällen Feststellungen zum objektiven Wert der
belasteten Grundstücke und - mit Ausnahme der Fälle
II. 2. a und II. 10 - zu etwaigen vorrangigen Grundpfandrechten. Damit
ist nicht auszuschließen, dass die vom Angeklagten als
Tatbeute erlangten die Darlehensforderungen erheblich
übersteigenden Grundpfandrechte infolge eines geringeren
Verkehrswerts der Grundstücke oder Ausschöpfung der
Grundstücksverkehrswerte durch vorrangige Belastungen von
vornherein tatsächlich nicht in Höhe ihres nominellen
Betrags (abzüglich der ausgereichten Darlehensvaluta)
werthaltig waren. Solcher präziseren Feststellungen zur
Werthaltigkeit der Grundschulden und einer dadurch
ermöglichten genaueren Bestimmung der Höhe des
jeweiligen Gefährdungsschadens hätte es jedenfalls
hier angesichts der als besonders strafschärfend gewerteten
Schadenshöhen und verhängter Einzelfreiheitsstrafen
von zwei Jahren acht Monaten (Fall II. 10) bis zu drei Jahren sechs
Monaten (Fall II. 14. a) bedurft.
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dd) Vorstehende Erwägung gilt für die Fälle
II. 9. a und II. 15. a der Urteilsgründe entsprechend, in
denen das Landgericht Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren sechs
Monaten bzw. vier Jahren verhängt hat. Das Landgericht hat den
Gefährdungsschaden nach dem Wert der vom Angeklagten
erschlichenen Buchpositionen bestimmt und diesen jeweils mit dem
nominellen Betrag in Höhe von 300.000 DM bzw. 2 Mio. DM der
ohne Wissen der Grundstückseigentümer eingetragenen
„Grundschulden“ gleichgesetzt. Die Höhe
der Vermögensgefährdung bestimmt sich jedoch nach der
tatsächlich möglichen Werthaltigkeit der
Grundschulden. Die Werthaltigkeit hängt ihrerseits davon ab,
in welchem Umfang die Grundschulden durch den Grund-
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stückswert unter Berücksichtigung etwaiger
vorrangiger Grundpfandrechte gedeckt sein konnten.
ee) Der Schuldspruch in den vorstehenden Einzelfällen bleibt
bei den hier gegebenen Fallkonstellationen von den
Strafzumessungsfehlern unberührt. Denn die
Vermögensgefährdungen sind dem Grunde nach bereits in
der dem Angeklagten eröffneten Möglichkeit des
unberechtigten Zugriffs auf die Grundstücke bzw. in der
möglichen Belastung mit Grundschulden (Fälle II. 9. a
und II. 15. a der Urteilsgründe) zu sehen. In einer neuen
Hauptverhandlung werden die Gefährdungsschäden als
solche nicht in Frage gestellt werden können.
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c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass die
rechtsfehlerhafte Strafzumessung in den genannten Fällen die
Straffindung in den übrigen Fällen beeinflusst hat.
Um den nunmehr berufenen Tatrichter eine insgesamt neue und in sich
stimmige Strafenbildung zu ermöglichen, hebt der Senat daher
sämtliche Strafen auf.
3. Das neue Tatgericht wird bei der insgesamt neu vorzunehmenden
Strafzumessung zu bedenken haben, dass mit Ausnahme der Fälle
II. 4. a und II. 7. a der Urteilsgründe der Angeklagte aus der
Verwertung der Grundschulden keine Erlöse erzielt hat (vgl.
dazu auch BGH wistra 2007, 258) und darüber hinaus der
Angeklagte in den Fällen II. 1. a, II. 5. a, II. 9. a, II.
10., II. 14. a und II. 15. a aus den Grundpfandrechten nicht die
Zwangsversteigerung betrieben hatte. Sämtliche Feststellungen
bleiben aufrechterhalten, da
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sie von den beanstandeten Rechts- und Wertungsfehlern nicht betroffen
sind. Der neue Tatrichter darf der Strafzumessung neue Feststellungen
zugrundelegen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
Häger Gerhardt Raum
Brause Schaal |