BGH,
Beschl. v. 28.1.2003 - 1 StR 532/02
1 StR 532/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
28. Januar 2003
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Diebstahls u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 28. Januar 2003
beschlossen:
I. 1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des
Landgerichts Ansbach vom 23. September 2002, soweit es ihn betrifft,
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine
Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
II. 1. Die Revision des Angeklagten Bu. gegen das vorbezeichnete Urteil
wird als unbegründet verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen Diebstahls in 19
Fällen sowie versuchten Diebstahls in sechs Fällen zu
der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und den
Angeklagten Bu. wegen Diebstahls in 14 Fällen sowie versuchten
Diebstahls in fünf Fällen und Computerbetrugs zu der
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit
der Revision rügt der Angeklagte B. die Verletzung
förmlichen und sachlichen Rechts und der Angeklagte Bu. in
allgemeiner Form die Verletzung sachlichen Rechts.
I. Das Rechtsmittel des Angeklagten B. hat keinen Erfolg, soweit es
sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet. Insoweit ist es
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Aufzuheben ist das Urteil jedoch, soweit es das Landgericht unterlassen
hat darzulegen, ob die Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt anzuordnen ist (§ 64 StGB), nachdem
festgestellt ist, daß der Angeklagte
behandlungsbedürftig und therapiewillig ist (§ 349
Abs. 4 StPO).
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu folgendes
ausgeführt:
"Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte schon seit langen
Jahren Haschisch, Alkohol, Ecstasy, LSD und Speed konsumiert (UA S. 7)
und die Taten unter anderem auch deswegen begangen, um auf diese Weise
die für die Beschaffung von Drogen notwendigen Geldmittel zu
erlangen (UA S. 24, 26, 27, 35). Wegen der fortbestehenden psychischen
und physischen Betäubungsmittelabhängigkeit
hält die Strafkammer eine Therapie, die auch der Angeklagte
anstrebt, zur Vermeidung weiterer Straftaten für erforderlich
(UA S. 8, 37).
Angesichts dieser Umstände lag eine Anordnung nach §
64 StGB hier in einer Weise nahe, dass sich das Fehlen der
Prüfung unter diesem Gesichtspunkt als durchgreifender
sachlich-rechtlicher Mangel darstellt (vgl. BGHR StGB § 64
Abs. 1 Erfolgsaussichten 6). Erwägungen zu einer Anordnung
gemäß § 64 StGB waren auch nicht deshalb
entbehrlich, weil die Strafkammer von der uneingeschränkten
Schuldfähigkeit des Angeklagten ausgegangen ist. Eine
suchtbedingte Abhängigkeit kann auch dann die Annahme eines
Hanges im Sinne des § 64 StGB begründen, wenn sie
nicht den Schweregrad einer seelischen Störung im Sinne der
§§ 20, 21 StGB erreicht (vgl.
Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 64 Rdn. 3 m.w.N.).
Bei einer ausdrücklich erklärten Therapiebereitschaft
des Angeklagten ist nicht anzunehmen, dass eine hinreichende konkrete
Aussicht auf einen Behandlungserfolg von vornherein fehlt (vgl. BVerfG,
Beschl. v. 16. März 1994, BGBl I, 3012). Dass nur der
Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der
Unterbringungsanordnung nicht (vgl. BGHSt 37, 5 ff.). Die
Nichtanwendung des § 64 StGB ist vom Rechtsmittelangriff auch
nicht ausgenommen worden (vgl. BGHSt 38, 362)."
Dem schließt sich der Senat an.
Liegen die Voraussetzungen des § 64 StGB vor, ist die
Anordnung der Unterbringung zwingend. Hiervon darf nicht etwa allein
deswegen abgesehen werden, weil eine Zurückstellung der
Strafvollstreckung nach § 35 BtMG ins Auge gefaßt
ist (vgl. BGHR StGB § 64 Ablehnung 8).
Der Senat kann ausschließen, daß das Landgericht
bei Anordnung der Unterbringung eine geringere Strafe verhängt
hätte.
II. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigung des Angeklagten Bu. hat keinen Rechtsfehler zu
dessen Nachteil ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
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