BGH,
Beschl. v. 28.1.2003 - 3 StR 472/02
3 StR 472/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
28. Januar 2003
in der Strafsache gegen
wegen Geldfälschung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 28. Januar 2003 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Duisburg vom 29. Mai 2002, soweit es ihn betrifft, mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Geldfälschung verurteilt wurde;
b) im Gesamtstrafenausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geldfälschung und
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren
und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der
Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das
Rechtsmittel hat hinsichtlich der Verurteilung wegen
Geldfälschung mit der Sachrüge Erfolg.
1. Die Feststellungen belegen nicht, daß es sich bei den
unechten
1000-DM-Scheinen, die der - nach Urteilsverkündung verstorbene
- Mitangeklagte O. zusammen mit dem Angeklagten und dem aus Holland
kommenden Türken Y. in Italien ankaufte, um Falschgeld im
Sinne des § 146 Abs. 1 StGB handelte. Solches liegt nur dann
vor, wenn es den Anschein gültigen Geldes erweckt, also seiner
Beschaffenheit nach geeignet ist, im gewöhnlichen
Zahlungsverkehr Arglose zu täuschen. Da
erfahrungsgemäß selbst mit schlechtesten
Fälschungen Täuschungen gelingen, sind dabei an die
Ähnlichkeit mit echtem Geld keine allzu hohen Anforderungen zu
stellen. Maßgeblich ist, ob im normalen Geldverkehr die
Unechtheit unschwer erkannt werden kann, ohne daß eine
nähere Prüfung erforderlich ist. Hierbei
muß jedoch bedacht werden, daß Falschgeld oft unter
Umständen abgegeben wird, die eine Täuschung
erleichtern, etwa an dunklen Orten oder an
geschäftsunerfahrene Personen. Entscheidend ist danach das
Gesamtbild des nachgemachten Geldes (vgl. BGH NJW 1995, 1844, 1845 m.
w. N.).
Hier waren der Angeklagte, O. und Y. nach den Feststellungen von den
italienischen Lieferanten "betrogen" worden, weil die nachgemachten
1000-DM-Scheine "in der Mitte den Werbeaufdruck eines italienischen
Restaurants trugen", was O. - nach seiner Einlassung - bei der
Begutachtung des Geldes nicht bemerkte, weil auf dem zur
Prüfung übergebenen Geldbündel als oberster
und unterster Schein eine echte Banknote plaziert war. Das Landgericht
hat nicht bedacht, daß ein derartiger Aufdruck den
Geldscheinen den Charakter von Falschgeld nehmen kann, wenn er die
Täuschung eines Arglosen über die Echtheit des Geldes
ausschließt, woran sich - anders als das angefochtene Urteil
anscheinend meint - auch nichts dadurch ändert, daß
durch eine Banderole, wie sie üblicherweise zum
Bündeln von Geldscheinen verwendet wird, der Aufdruck bei
Bündelung der Scheine verdeckt werden kann (BGH aaO). Das
Landgericht hat es - möglicherweise infolge dieses
fehlerhaften rechtlichen Ansatzes - unterlassen, nähere
Feststellungen zu der Art des Aufdrucks zu treffen. Dessen Wortlaut,
Größe und farbliche Auffälligkeit werden
nicht mitgeteilt. Auch ist offen, ob sich der Aufdruck nur auf einer
oder auf beiden Seiten der Scheine befindet. Von der
Möglichkeit des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO hat das
Landgericht ebenfalls keinen Gebrauch gemacht. Der Senat ist daher
nicht in der Lage zu prüfen, ob das Landgericht die Scheine
trotz des Aufdrucks rechtsfehlerfrei als Falschgeld eingeordnet hat,
etwa weil dieser sich nur auf einer Seite der Scheine befindet,
farblich nicht ohne weiteres ins Auge springt oder aufgrund nur
geringer Größe durch einfaches Falten der Scheine
leicht zu verbergen ist.
Der Schuldspruch wegen Geldfälschung durch Sichverschaffen von
Falschgeld kann auch nicht deswegen aufrechterhalten werden, weil O.
dem Angeklagten auch einen unechten 500-DM-Schein als "Probe" (vgl.
dazu BGH NStE Nr. 3 zu § 146 StGB) übergab. Denn auf
diesen hatte O. das Wort "Kopie" geschrieben. Da hierzu ebenfalls
nähere Feststellungen fehlen, ist auch bei diesem Geldschein
offen, ob es sich nach den dargestellten Maßstäben
um Falschgeld handelt. Darüber hinaus erscheint es wegen der
Beschriftung fraglich, ob der Schein überhaupt noch in den
Verkehr gebracht werden sollte.
Die Verurteilung des Angeklagten nach § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB
ist daher aufzuheben, so daß auch der Gesamtstrafenausspruch
keinen Bestand haben kann. Eine Erstreckung der Teilaufhebung des
Urteils auf den Mitangeklagten O. (§ 357 StPO) kommt nicht in
Betracht, da dieser nach Urteilsverkündung verstorben ist, so
daß Sachentscheidungen in Bezug auf seine Person nicht mehr
ergehen können (vgl. BGH NJW 1983, 463).
2. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat noch darauf hin,
daß die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer neben
der Frage, ob im Hinblick auf die Beschaffenheit der 1000-DM-Scheine
ein vollendetes oder nur versuchtes Verbrechen nach § 146 Abs.
1 Nr. 2 StGB vorliegt, auch zu prüfen haben wird, ob sich der
Angeklagte hieran als Mittäter oder möglicherweise
nur als Verschaffungs- und Verteilungsgehilfe (§ 27 StGB) an
einem Falschgelddelikt des O. beteiligt hat. Dies erscheint nach den
bisherigen Feststellungen jedenfalls nicht ausgeschlossen; denn sie
enthalten Anhaltspunkte dafür, daß der Angeklagte,
selbst wenn er an den in Italien erworbenen Geldscheinen Mitgewahrsam
bzw. an den ihm zur "Probe" übergebenen Scheinen
Alleingewahrsam erlangte, diesen nicht mit dem Willen ausübte,
eigenständig über die Scheine zu verfügen.
In diesem Falle käme Mittäterschaft jedoch nicht in
Betracht (BGHSt 44, 62).
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