BGH,
Beschl. v. 28.1.2010 - 3 StR 274/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 274/09
vom
28. Januar 2010
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
StGB § 2 Abs. 3, § 78 b Abs. 4
StPO § 244 Abs. 3 Satz 2
AWG § 34 Abs. 1 Nr. 1
AWV § 5 Abs. 1 i. V. m. Position 0006 des Teils I Abschnitt A
der Ausfuhrliste
1. Wird ein Gesetz, das für besonders schwere Fälle
strafschärfend Freiheitsstrafe von mehr als fünf
Jahren vorsieht, nach Beendigung der Tat in der Weise
geändert, dass die Regelbeispiele für besonders
schwere Fälle in Qualifikationstatbestände
umgewandelt werden, und hat der Täter nur den Grundtatbestand
erfüllt, so ist gemäß § 2 Abs. 3
StGB die Neufassung des Gesetzes anzuwenden, wenn auf deren Grundlage
Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist, weil die
Eröffnung des Hauptverfahrens nicht mehr nach § 78 b
Abs. 4 StGB zum Ruhen der Verjährung führen konnte.
2. Zu den Anforderungen an die Ablehnung eines Beweisantrags wegen
Unerreichbarkeit und Ungeeignetheit des Beweismittels, wenn bei
Auslandstaten oder Taten mit einem starken Auslandsbezug ein im Ausland
ansässiger Entlastungszeuge nur zu einer kommissarischen oder
audiovisuellen Vernehmung zur Verfügung steht.
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3. Zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Bestandteile, besonders
konstruiert oder geändert für militärische
Zwecke" im Sinne der Position 0006 des Teils I Abschnitt A der
Ausfuhrliste zum Außenwirtschaftsgesetz (nur Hinweis).
BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 - 3 StR 274/09 - LG Dortmund -
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz
- 3 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 28. Januar
2010 gemäß § 206 a Abs. 1, § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Dortmund vom 27. Juni 2008 wird,
a) das Verfahren eingestellt, soweit die Angeklagten in den
Fällen B. II. und B. III. der Urteilsgründe (Taten
vom 30. Mai 1997 und vom 26. Dezember 1997) verurteilt worden sind; im
Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die
notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil im Übrigen mit den Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der
Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen "vorsätzlicher
Ausfuhr von in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (Anlage AL zur
Außenwirtschaftsverordnung) genannten Waren ohne Genehmigung"
verurteilt, den Angeklagten Dr. P. L. in fünf Fällen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten, den
Angeklagten M. L. in drei Fällen zu einer
1
- 4 -
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Es hat beide
Angeklagten ferner für eine überlange Verfahrensdauer
entschädigt und eine Einziehungsanordnung getroffen. Gegen
dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit
denen sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts
rügen.
Die Rechtsmittel haben Erfolg.
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I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
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1. Die Angeklagten waren während des Tatzeitraums - in den
Jahren 1996 bis 2000 - Geschäftsführer der Mo. GmbH
(im Folgenden: Mo. GmbH), einem auf die Herstellung von
Hydraulikzylindern spezialisierten Unternehmen mit Sitz in H. . Seit
Anfang 1997 unterhielt die GmbH eine Niederlassung in Indien, die "Mo.
India " (im Folgenden: Mo. India), die vom Zeugen R. geleitet wurde.
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Im Zuge des Programms zur Entwicklung von - möglicherweise
atomwaffenfähigen - militärischen
Trägerraketen begann die indische Regierung in den achtziger
Jahren mit Planungen der Mittelstreckenrakete "Agni II" sowie der
Kurzstreckenrakete "Prithvi". Im indischen Verteidigungsministerium war
für die Umsetzung des Programms die Abteilung mit der
Bezeichnung "Defence Research and Development Organisation" (im
Folgenden: DRDO) zuständig. Verantwortlicher Projektleiter war
bis zum Jahre 2005 der Raumfahrtingenieur A. . Innerhalb des Projekts
oblag die Konstruktion und Entwicklung der für den Abschuss
der Raketen erforderlichen mobilen Bodensysteme ab Mitte 1995 einer
Untereinrichtung der DRDO mit dem Namen "Research Development
Establishment" (im Folgenden: R&DE) mit Sitz in Pune/Indien.
Dieser Einrichtung gehörten neben dem Direktor J. und dem
Projektleiter G. u. a. die Ingenieure Me. und S. an. Die Planungen
sahen vor, die Mittelstreckenra-
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kete von einer auf einem Eisenbahnwaggon installierten Startrampe aus
zu starten, während die Startplattform für die
Kurzstreckenrakete auf dem Chassis eines Lkws montiert werden sollte.
Um die Raketen auf der jeweiligen Startplattform aus einer horizontalen
Transportposition in kürzester Zeit senkrecht zum Start
aufrichten zu können, wurden Versuche mit unterschiedlichen
Hydraulikzylindern durchgeführt.
Darüber hinaus entwickelte die R&DE im selben Zeitraum
für die indischen Land- und Luftstreitkräfte ein
mobiles Radarsystem für die Luftraumüberwachung. Es
war beabsichtigt, diese Anlage auf den Ladeflächen zweier Lkws
zu installieren, wobei ein Lkw mit einem mittels Hydraulikzylindern
ausfahrbaren Antennenmast ausgestattet werden sollte. Auch für
dieses Projekt wurden Hydraulikzylinder mehrerer Hersteller erprobt.
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Im Rahmen dieser Projekte bestellten indische Beschaffungsstellen u. a.
bei der Mo. GmbH, überwiegend über deren indische
Niederlassung, in der Zeit ab 1997 in fünf Fällen
verschiedene Hydraulikzylinder, die von der Mo. GmbH hergestellt und
nach Indien ausgeliefert wurden. Für die Ausfuhren waren in
drei Fällen beide Angeklagte, in zwei weiteren Fällen
war der Angeklagte Dr. P. L. allein verantwortlich. Im Einzelnen:
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a) Im Zuge der Entwicklung der Abschussrampe für die Agni
II-Rakete trat der Projektleiter A. der DRDO erstmals im Januar 1996 an
die Mo. GmbH heran und bat um die Abgabe eines Angebots für
vier nach Länge und Hub näher beschriebene
Hydraulikzylinder. Von deren Verwendungszweck erlangten die Angeklagten
im Laufe der Vertragsverhandlungen Kenntnis, obwohl von den
Auftraggebern zunächst wahrheitswidrig behauptet worden war,
die Zylinder seien für den Einbau in ein
militärisches Brückenlegefahrzeug vorgesehen.
Hauptansprechpartner der Angeklagten - auch für technische Fra-
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gen - war auf indischer Seite der Projektleiter G. der R&DE,
der im Mai 1996 die Produktionsstätte der Mo. GmbH in H.
persönlich besichtigte. Nach Auftragserteilung
(Auftragsvolumen ca. 93.500 DM) beantragte der Angeklagte M. L. im
Februar 1997 beim Bundesamt für Wirtschaft und
Ausfuhrkontrolle (BAFA) die Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung
für die Hydraulikzylinder nach Indien, wobei er im
Einvernehmen mit dem Angeklagten Dr. P. L. wahrheitswidrig unter
Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung des G. vorgab, die Waren
seien für den Einbau in einen Brückenlegepanzer
bestimmt. Nach Einreichung eines weiteren, gleichlautenden und vom
Direktor der R&DE unterzeichneten Endverbraucherzertifikats
erteilte das BAFA im Vertrauen auf die Richtigkeit der Testate am 17.
April 1997 die Genehmigung für die Ausfuhr der
Hydraulikzylinder nach Indien. Entsprechende Genehmigungen
hätte das BAFA nicht erteilt, wenn es Kenntnis vom
tatsächlichen Verwendungszweck der auszuführenden
Waren gehabt hätte. Die Ausfuhr der Hydraulikzylinder fand am
30. Mai 1997 statt. (Fall B. II. der Urteilsgründe)
b) Im Oktober 1997 bestellte G. im Auftrag der R&DE unter
Zwischenschaltung der Mo. India als Vertragspartnerin zwei weitere,
kleinere, ebenfalls durch Maßangaben näher
beschriebene Zylinderpaare zum Preis von 11.200 DM für das
Agni II-Projekt, die entsprechend einer zwischen dem
Niederlassungsleiter R. und den Angeklagten getroffenen Vereinbarung im
Werk der Mo. GmbH in H. produziert wurden. Die Vertragsverhandlungen
mit dem Endkunden führte R. . Diese Hydraulikzylinder
lieferten die Angeklagten in Kenntnis des Endabnehmers und des
Verwendungszwecks, ohne zuvor beim BAFA eine Ausfuhrgenehmigung
einzuholen, am 26. Dezember 1997 an die Mo. India aus. (Fall B. III.
der Urteilsgründe)
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c) Eine dritte Ausfuhr von zwei für die Startrampe der Agni
II-Rakete bestimmten Zylinderpaaren, für die allein der
Angeklagte Dr. P. L. verantwortlich war, erfolgte als
Wiederholungslieferung des Auftrags vom Oktober 1997 am 3. November
1999. Eine Ausfuhrgenehmigung hatte der Angeklagte wiederum nicht
beantragt. Auch in diesem Fall fungierte die Mo. India als
Vertragspartnerin der R&DE. (Fall B. VI. der
Urteilsgründe)
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d) Für die Startvorrichtung der Kurzstreckenrakete Prithvi
wurden bei der Mo. GmbH nach detaillierten, mehrfach modifizierten
Vorgaben einer für die R&DE tätigen indischen
Beschaffungsstelle insgesamt neun Hydraulikzylinder zum Kaufpreis von
26.940 DM hergestellt und auf Veranlassung beider Angeklagten im Wissen
um die Endverwendung ohne Einholung einer Ausfuhrgenehmigung am 27.
September 1998 nach Indien ausgeliefert. Obwohl der Kaufvertrag direkt
mit der Mo. GmbH geschlossen wurde, war auch in diesem Fall der
indische Niederlassungsleiter R. der maßgebliche
Ansprechpartner des Endkunden, der auch dessen
Konstruktionswünsche an die Mo. GmbH weiterleitete. (Fall B.
VIII. der Urteilsgründe)
11
e) Bereits seit Mai 1997 war die Mo. India zudem mit dem Radarprojekt
der R&DE befasst. R. betreute dieses Projekt in den folgenden
Jahren weiter und übermittelte auch in diesem Fall bis zum
Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages zwischen der indischen
Beschaffungsstelle und der Mo. GmbH am 15. Januar 2000 die seitens der
R&DE geäußerten Wünsche zur
Beschaffenheit zweier Zylinder an die Mo. GmbH. Der vereinbarte
Kaufpreis für die Zylinder, die im Werk der Mo. GmbH in H.
gefertigt wurden, belief sich auf 190.000 DM. Für die
Abwicklung des Auftrags war der Angeklagte Dr. P. L. verantwortlich,
der spätestens seit einem Besuch bei der R&DE in
Indien im Juni 1997 Kenntnis vom Verwendungszweck der bestellten
Zylinder hatte. Die Außenrohre der beiden Zylinder wurden auf
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- 8 -
Wunsch des Endkunden mit einer Kunststoffbeschichtung versehen, um zu
verhindern, dass die Kolbenstangen Sonnenlicht reflektieren und auf
diese Weise "ihre Anwesenheit dem Feind mitteilen". Am 29. Juni und am
26. Juli 2000 wurde jeweils ein Zylinder nach Indien ausgeliefert.
Ausfuhrgenehmigungen hatte der Angeklagte zuvor nicht eingeholt. (Fall
B. IX. der Urteilsgründe)
2. Das Landgericht hat die Handlungen der Angeklagten, die den
Tatvorwürfen in tatsächlicher und rechtlicher
Hinsicht entgegengetreten sind, jeweils als Verstöße
gegen § 34 Abs. 1 Nr. 1 AWG gewertet. Bei den von der Mo. GmbH
hergestellten Hydraulikzylindern habe es sich in allen Fällen
um Bestandteile gehandelt, die für den Einbau in Landfahrzeuge
im Sinne der Position 0006 des Teils I Abschnitt A der nationalen
Ausfuhrliste (Anlage AL zur AWV in den Fassungen vom 18. Dezember 1996
und vom 3. Juli 2000) bestimmt gewesen seien. Sie hätten zudem
jeweils den Anforderungen genügt, die an das Merkmal
"besonders konstruiert für militärische Zwecke" im
Sinne dieser Position der Ausfuhrliste zu stellen seien. Denn die
ausgeführten Gegenstände seien nicht nur nach den von
den Kunden vorgegebenen Spezifikationen "als Unikate" hergestellt,
sondern nach ihrer jeweiligen, den Angeklagten bekannten
Zweckbestimmung gerade als Bestandteile für
Rüstungsgüter konstruiert worden. Daher habe deren
Ausfuhr gemäß § 5 Abs. 1 AWV der
Genehmigung durch das BAFA bedurft. Eine solche sei von den Angeklagten
trotz Kenntnis der Genehmigungsbedürftigkeit jedoch entweder
nicht eingeholt oder - im Fall B. II. der Urteilsgründe - im
Sinne von § 34 Abs. 8 Satz 1 AWG durch falsche Angaben
erschlichen worden.
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Einen besonders schweren Fall des Verstoßes gegen das
Außenwirtschaftsgesetz aufgrund
gewerbsmäßigen Handelns der Angeklagten im Sinne des
§ 34 Abs. 6 Nr. 2 AWG (in der zur Tatzeit geltenden Fassung
vom 11. Dezember 1996) hat das Landgericht verneint. Den Angeklagten
sei bereits
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nicht nachzuweisen gewesen, dass ihr Handeln darauf gezielt habe,
fortlaufend unter Verstoß gegen das
Außenwirtschaftsgesetz Waren ins Ausland
auszuführen; sie hätten vielmehr von Fall zu Fall neu
entschieden, ob Ausfuhrgenehmigungen einzuholen seien.
II. Das Urteil hat keinen Bestand.
15
Die den Angeklagten in den Fällen B. II. und III. der
Urteilsgründe angelasteten Taten sind infolge eingetretener
Verjährung nicht mehr verfolgbar; das Verfahren ist insoweit
gemäß § 206 a Abs. 1 StPO einzustellen
(unten II. 1.). Im Übrigen unterliegt das Urteil auf eine von
beiden Angeklagten zulässig erhobene
Beweisantragsrüge der Aufhebung (unten II. 2.).
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1. In den Fällen B. II. und III. der Urteilsgründe
besteht ein Verfolgungshindernis, da hinsichtlich der Ausfuhrhandlungen
vom 30. Mai 1997 und vom 26. Dezember 1997 absolute Verjährung
(§ 78 c Abs. 3 Satz 2 StGB) eingetreten ist.
Gemäß § 78 c Abs. 3 Satz 2 i. V. m.
§ 78 Abs. 1 Nr. 4 StGB beträgt die doppelte und damit
absolute Verjährungsfrist für Taten nach §
34 Abs. 1 AWG, wie sie hier in Rede stehen, zehn Jahre. Diese Frist war
bei Zugrundelegung der neuen Fassung des § 34 AWG hinsichtlich
der genannten Fälle am 29. Mai 2007 bzw. am 25. Dezember 2007,
mithin bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils vom 27. Juni 2008
abgelaufen (§ 78 b Abs. 3 StGB). Im Einzelnen:
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a) Wird zwischen Begehung und Aburteilung der Tat die materielle
Strafandrohung geändert und kann dies als Fernwirkung Einfluss
auf die Länge der Verjährungsfrist haben oder das
Ruhen der Verjährung nach sich ziehen, so beurteilt sich trotz
der grundsätzlichen Zuordnung der
Verjährungsvorschriften zum Verfahrensrecht (BGHSt 50, 138,
139 f.; BGH NJW 2004, 693, 696) die Frage, welches Strafgesetz im
Hinblick auf die Verfolgungsverjährung auf den festgestellten
deliktischen Sachverhalt Anwendung findet, nach § 2 StGB
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- 10 -
(BGHSt 50, 138, 140; BGH NJW aaO; Schmid in LK 12. Aufl. vor §
78 Rdn. 11; Stree/Sternberg-Lieben in
Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 78 Rdn.
11). Daher berechnet sich die Verjährungsfrist
gemäß § 2 Abs. 3 StGB nach der Bestimmung,
die bei einem Gesamtvergleich im konkreten Einzelfall nach dessen
besonderen Umständen die dem Täter
günstigste Beurteilung zulässt. Ergibt dieser
Gesamtvergleich, dass ein Gesetz den Eintritt der Verjährung
zur Folge hat, die Tat also bei Anwendung dieser gesetzlichen Regelung
nicht mehr verfolgbar ist, so ist dieses Gesetz für den
Täter günstiger und damit milder im Sinne des
§ 2 Abs. 3 StGB (BGHSt aaO S. 141).
Deshalb hat eine nachträgliche Verschärfung der
Höchststrafe für die Berechnung der
Verjährungsfrist außer Betracht zu bleiben (BGHSt
aaO S. 140). Ebenso kann sich aber auch die Umwandlung eines
Verbrechenstatbestands in einen Vergehenstatbestand oder die Umwandlung
eines Qualifikationstatbestands in ein Regelbeispiel für einen
besonders schweren Fall - selbst bei unverändertem Strafrahmen
- auf die Dauer der Verjährung auswirken und ist deshalb eine
im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB für die
Verjährungsfrage zu beachtende Gesetzesänderung
(BGHSt aaO S. 140 f.; BGH NStZ 1999, 556).
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Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - nach Beendigung der Tat ein
Regelbeispiel in einen Qualifikationstatbestand umgewandelt wird und
diese Gesetzesänderung zu einer unterschiedlichen Beurteilung
der Verjährungsfrage für den Grundtatbestand
führen kann, der im konkreten Fall die Grundlage für
die Strafbarkeit bildet. Auch in einem solchen Fall ist durch einen
Gesamtvergleich zu ermitteln, welches Gesetz sich unter Beachtung des
Grundsatzes der strikten Alternativität (BGH NStZ 1997, 188)
nach den festgestellten Umständen für die Beurteilung
der Verjährungsfrage als günstiger für den
Angeklagten erweist.
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b) Danach ist nach den getroffenen Feststellungen für die
Taten B. II. und III. der Urteilsgründe § 34 AWG in
der seit der Novellierung des Gesetzes im Jahre 2006 (12.
Änderungsgesetz zum AWG vom 28. März 2006 - BGBl I
574, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. April 2009 - BGBl I
770) geltenden Fassung das mildere Recht im Sinne des § 2 Abs.
3 StGB. Denn anders als bei Anwendung des Tatzeitrechts konnte nach der
neuen Gesetzesfassung die für Verstöße
gegen § 34 Abs. 1 AWG geltende absolute
Verjährungsfrist von zehn Jahren vor ihrem Ablauf nicht durch
die Ruhensregelung des § 78 b Abs. 4 StGB zum Stillstand
gebracht werden und deshalb Verfolgungsverjährung eintreten.
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Nach dieser Vorschrift ruht die Verjährung ab
Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Landgericht für
die Dauer von fünf Jahren bei Gesetzesverletzungen, deren
Höchststrafe im Grundtatbestand fünf Jahre
beträgt, aber für besonders schwere Fälle
darüber hinausreicht. Die Eröffnung des
Hauptverfahrens unterbricht für Tatbestände, die
einen solchen Sonderstrafrahmen für besonders schwere
Fälle aufweisen - unabhängig davon, ob ein besonders
schwerer Fall angeklagt oder das Hauptverfahren auch insoweit
eröffnet worden ist (Fischer, StGB 57. Aufl. § 78 b
Rdn. 12) - die Verjährung (§ 78 c Abs. 1 Nr. 7 StGB)
und hält zugleich deren weiteren Lauf - auch den der absoluten
Verjährung - an (§ 78 c Abs. 3 Satz 3 StGB; vgl.
Schmid aaO § 78 b Rdn. 17). Diese Ruhensregelung war auf den
Grundtatbestand des § 34 Abs. 1 AWG in der bis zum 7. April
2006 geltenden Fassung des AWG vom 11. Dezember 1996 anwendbar, da
§ 34 Abs. 6 AWG aF für besonders schwere
Fälle des § 34 Abs. 1 AWG aF, etwa für
gewerbsmäßiges Handeln, Freiheitsstrafen von zwei
bis fünfzehn Jahren vorsah. Auf der Grundlage des zur Tatzeit
geltenden Rechts wäre daher für die vorliegenden
Tatvorwürfe durch die Eröffnung des Hauptverfahrens
am 25. September 2006 nicht nur der Lauf der - zu diesem Zeitpunkt
infolge rechtzeitiger Unterbrechungshandlungen noch offenen - einfa-
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- 12 -
chen (fünfjährigen) Verjährungsfrist,
sondern auch derjenige der absoluten Verjährung für
die Dauer von fünf Jahren zum Stillstand gekommen.
Anders verhält es sich indes auf Grundlage der neuen Fassung
des § 34 AWG. Mit der Novellierung des AWG im Jahre 2006
wurden - bei gleichzeitiger Beibehaltung der Strafandrohung von bis zu
fünf Jahren Freiheitsstrafe für Taten nach dem
Grundtatbestand des § 34 Abs. 1 AWG - die Regelbeispiele des
§ 34 Abs. 6 AWG aF abgeschafft und in
Qualifikationstatbestände mit einem Strafrahmen von zwei bis
fünfzehn Jahren umgewandelt (§ 34 Abs. 6 Nr. 1
Buchst. a und Nr. 2 AWG nF). Auf diese Gesetzeslage ist die
Ruhensregelung des § 78 b Abs. 4 StGB damit nicht mehr
anwendbar. Die gegenüber dem Grundtatbestand erhöhte
Strafdrohung der Qualifikation wirkt sich vielmehr nur noch dann auf
die Berechnung der Verjährungsfrist aus, wenn in der
Hauptverhandlung über den Grundtatbestand hinaus auch die
Voraussetzungen des selbständigen Qualifikationstatbestands
festgestellt werden (vgl. BGHSt 13, 128, 129). Ist dies nicht der Fall,
so richtet sich die Verjährungsfrist ausschließlich
nach der Strafdrohung des Grundtatbestands.
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Qualifizierende Umstände im Sinne des § 34 Abs. 6
(Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2) AWG nF hat das Landgericht indes nicht
festgestellt. Vielmehr hat es mit rechtsfehlerfreien
Erwägungen das hier allein in Betracht kommende
qualifizierende Merkmal des gewerbsmäßigen Handelns
gemäß § 34 Abs. 6 Nr. 2 AWG nF den
Angeklagten nicht nachzuweisen vermocht, so dass nicht die
erhöhte Strafdrohung des Qualifikationstatbestands, sondern
auch nach der neuen Fassung des Gesetzes der Strafrahmen des
Grundtatbestands für die Beurteilung der
Verjährungsfrage maßgeblich bleibt. Damit erweist
sich jedoch § 34 Abs. 1 AWG in seiner neuen Fassung
für die vorliegenden Fallgestaltungen gegenüber dem
Tatzeitrecht als das mildere Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3
StGB, da bei Anwendung dieses Tatbestands die Ruhensregelung des
§ 78 b Abs. 4 i. V. m.
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§ 78 c Abs. 3 Satz 3 StGB nicht eingreift, mithin hinsichtlich
der Ausfuhrhandlungen vom 30. Mai 1997 und vom 26. Dezember 1997
ungehindert nach zehn Jahren absolute Verjährung eingetreten
ist.
Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung
noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer
anderen Beurteilung der Verjährungsfrage führen. Er
stellt deshalb in den Fällen B. II. und III. der
Urteilsgründe das Verfahren selbst gemäß
§ 206 a Abs. 1 StPO ein.
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2. Im Übrigen führt die von beiden Angeklagten
zulässig erhobene Rüge, das Landgericht habe durch
die Ablehnung des Beweisantrags auf Vernehmung des indischen Zeugen R.
gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO verstoßen, zur
Aufhebung des Urteils.
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a) Der Rüge liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:
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aa) Der Verteidiger des Angeklagten Dr. P. L. stellte am 15. Januar
2008 den Beweisantrag, den in Indien wohnhaften Zeugen R. zu vernehmen.
Der Zeuge stehe zwar für eine Einvernahme vor dem erkennenden
Gericht nicht zur Verfügung, sei aber bereit, sich in Indien
im Wege der Rechtshilfe entweder kommissarisch oder audiovisuell
vernehmen zu lassen. Dem Antrag schlossen sich die Verteidiger des
Angeklagten M. L. an.
28
Der Antrag zielte darauf ab, die Einlassungen der Angeklagten zu
belegen, von dem Verwendungszweck der nach Indien ausgelieferten
Hydraulikzylinder keine Kenntnis gehabt zu haben, vielmehr aufgrund
entsprechender Angaben der indischen Auftraggeber davon ausgegangen zu
sein, dass die Güter für
Brückenlegefahrzeuge bzw. - so der Angeklagte Dr. P. L. zu dem
Vorwurf im Fall B. VIII. - für ein ihm nicht näher
bekanntes militärisches Gerät bestimmt gewesen seien.
29
- 14 -
Der Beweisantrag enthielt die Behauptungen, der Zeuge, der in Indien
für die Mo. GmbH tätig und in die
verfahrensgegenständlichen Geschäfte eingebunden
gewesen sei, habe den Angeklagten Dr. P. L. zu keinem Zeitpunkt
darüber informiert, dass die von der Mo. GmbH gefertigten und
nach Indien ausgeführten Hydraulikzylinder nicht für
Brückenlegefahrzeuge sondern zum Einbau in
Raketenabschussrampen vorgesehen gewesen seien; der Zeuge habe auch
nicht wahrgenommen, dass der Angeklagte von anderen Personen, etwa bei
gemeinsamen Besprechungen mit Kunden, über diesen
Verwendungszweck in Kenntnis gesetzt worden sei.
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bb) Mit Beschluss vom 3. Juni 2008 lehnte die Strafkammer den
Beweisantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, der
Zeuge sei für eine persönliche Vernehmung in der
Hauptverhandlung in Dortmund unerreichbar. Der anwaltliche Beistand des
Zeugen habe erklärt, dass der Zeuge nicht bereit sei, nach
Dortmund zu reisen, er stehe nur für eine audiovisuelle oder
kommissarische Vernehmung in Indien zur Verfügung.
Hinsichtlich einer solchen Vernehmung sei der Zeuge als ungeeignetes
Beweismittel im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO anzusehen.
Zwar handele es sich bei R. um einen zentralen Zeugen, da er als
Vertreter der Mo. GmbH in Indien in sämtliche
verfahrensgegenständliche Exportvorgänge eingebunden
gewesen sei, den Angeklagten Dr. P. L. bei dessen Kundenbesuchen in
Indien begleitet, aber auch allein und eigenverantwortlich mit den
indischen Bestellern Verhandlungen und Gespräche
geführt habe, über deren Inhalte er die Angeklagten
informiert habe. Wegen dieser zentralen Bedeutung des Zeugen und seiner
Nähe zum Angeklagten sei dessen Glaubwürdigkeit und
die Glaubhaftigkeit seiner Aussage besonders kritisch zu
überprüfen. Dies erfordere zum einen eine
umfangreiche Befragung des Zeugen unter Vorhalt der Einlassungen der
Angeklagten und des umfangreichen Schriftverkehrs, der zwischen den
Angeklagten und dem Zeugen geführt worden sei. Eine diesen
Anforderungen genügende Verneh-
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- 15 -
mung nehme daher mindestens vier bis fünf Tage in Anspruch.
Zum anderen seien neben dem Inhalt der Aussage vor allem die
non-verbalen Reaktionen des Zeugen für die Beurteilung des
Wahrheitsgehalts der Aussage von hohem Interesse. All dies
könne im Rahmen einer kommissarischen oder audiovisuellen
Vernehmung nicht geleistet und festgestellt werden. Zudem sei es nicht
realistisch, dass eine etwaige Falschaussage des Zeugen in Indien
Konsequenzen hätte. Nach alledem sei eine mittels
"Vernehmungssurrogaten" gewonnene Aussage des Zeugen für die
Wahrheitsfindung wertlos, da ihr im Vergleich zu einer Aussage in der
Hauptverhandlung nur ein deutlich verminderter Beweiswert zukomme.
b) Die Ablehnung des Beweisantrags begegnet durchgreifenden rechtlichen
Bedenken. Soweit die Strafkammer die Zurückweisung des Antrags
darauf gestützt hat, der Zeuge sei ein völlig
ungeeignetes Beweismittel, da er nur zu einer kommissarischen oder
audiovisuellen Vernehmung zur Verfügung stehe, wird ihre
Entscheidung den besonderen Umständen des vorliegenden
Sachverhalts nicht gerecht.
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aa) Das Landgericht hat zwar nicht verkannt, dass der Aussage des
Zeugen in dem Verfahren eine herausgehobene Beweisbedeutung zukommt und
hat ersichtlich deshalb aus Gründen der Aufklärung
dessen Vernehmung auch grundsätzlich für erforderlich
gehalten. Denn es hat - anders als bei den übrigen von den
Angeklagten benannten Entlastungszeugen aus dem Ausland - die Ablehnung
des Beweisantrags nicht auf die sachlich vorrangige Vorschrift des
§ 244 Abs. 5 Satz 2 StPO gestützt, sondern hat, was
rechtlich grundsätzlich zulässig ist, auf den
Ablehnungsgrund der Unerreichbarkeit bzw. Ungeeignetheit des
Beweismittels im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO
zurückgegriffen (BGHSt 45, 188, 189).
33
- 16 -
Nach dieser Vorschrift kann ein Beweisantrag auf Vernehmung eines im
Ausland lebenden und für eine Vernehmung in der
Hauptverhandlung unerreichbaren Zeugen auch dann
zurückgewiesen werden, wenn der Zeuge zwar für eine
im Wege der Rechtshilfe zu bewirkende und grundsätzlich
mögliche kommissarische oder audiovisuelle Vernehmung zur
Verfügung steht, das Gericht aber aufgrund der besonderen
Beweislage schon vorweg zu der Überzeugung gelangt, dass eine
aus einer solchen Vernehmung gewonnene Aussage völlig
untauglich ist, zur Sachaufklärung beizutragen und die
Beweiswürdigung zu beeinflussen. In einem solchen Fall bleibt
der Zeuge für die persönliche Vernehmung in der
Hauptverhandlung unerreichbar, als nur kommissarisch oder audiovisuell
vernehmbarer Zeuge ist er ein völlig ungeeignetes Beweismittel
im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO (BGHSt 13, 300, 302; 22,
118, 122; BGH JR 1984, 129; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985, 14; BGH
NStZ 2004, 347, 348).
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Die Frage, ob nur eine Vernehmung des Zeugen vor dem erkennenden
Gericht die nach Sach- und Rechtslage erforderliche
Ausschöpfung des Beweismittels gewährleistet oder ob
auch eine kommissarische oder audiovisuelle Vernehmung zur
Sachaufklärung tauglich ist, hat der Tatrichter nach seinem
pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden (BGH JR aaO;
BGH StV 1992, 548; BGH NJW 2000, 443, 447). Diese Entscheidung, die
eine gewisse Vorauswürdigung des Beweismittels erfordert (BGH
GA 1971, 85, 86), unterliegt zwar nur in eingeschränktem
Umfang revisionsrechtlicher Überprüfung (BGH NJW
aaO). Die für die Ausübung des Ermessens
maßgebenden Erwägungen müssen aber
schlüssig ergeben, weshalb die kommissarische oder
audiovisuelle Vernehmung zur Sachaufklärung ungeeignet und
daher ohne jeden Beweiswert ist (BGH JR aaO). Dies ist angesichts der
Qualität des angebotenen Beweismittels und der Bedeutung des
Beweisthemas vor dem Hintergrund der hier gegebenen besonderen
Beweislage nicht in ausreichendem Maße dargetan.
35
- 17 -
bb) Den Nachweis der subjektiven Tatseite hat das Landgericht,
materiellrechtlich rechtsfehlerfrei, maßgeblich auf eine
Gesamtwürdigung des Inhalts einer Vielzahl den Angeklagten
zugänglichen Schriftstücken, namentlich auf den
Schriftwechsel, der zwischen der Mo. GmbH, dem Zeugen R. und den
indischen Endkunden geführt wurde, sowie auf die Tatsache
gestützt, dass es auch mehrere persönliche Kontakte
des Angeklagten Dr. P. L. mit den Verantwortlichen der R&DE und
Mitarbeitern anderer Beschaffungsstellen des indischen
Verteidigungsministeriums gab. Das belastende Beweismaterial stammt
mithin überwiegend aus dem Ausland oder weist zumindest einen
starken Auslandsbezug auf. Die Angeklagten waren deshalb zum Beleg
ihrer Einlassung, von Seiten der indischen Beschaffungsstellen nicht
über den Verwendungszweck der Hydraulikzylinder informiert
worden zu sein, hier in besonderem Maße auf die Benennung von
Entlastungszeugen aus dem Ausland angewiesen, zumal eine
zeugenschaftliche Vernehmung der in Indien ansässigen Urheber
der Schreiben und Kontaktpersonen des Angeklagten zu keinem Zeitpunkt
stattgefunden hat.
36
Diese besondere Beweislage durfte bei der Bescheidung des von den
Angeklagten gestellten Beweisantrags nicht unbeachtet bleiben. Denn es
darf einem Angeklagten nicht zum Nachteil gereichen, dass dem Verfahren
eine Auslandstat zugrunde liegt oder die Tat jedenfalls - wie hier -
einen starken Auslandsbezug aufweist und die Beweisführung
infolge dessen im Wesentlichen auf ausländische Beweismittel
zurückgreifen muss. In einem solchen Fall ist dem legitimen
Anliegen eines Angeklagten, sich gegen die aus dem Ausland stammenden
und ihn belastenden Beweismittel durch die Benennung von im Ausland
ansässigen Entlastungszeugen zu verteidigen, in der Weise
Rechnung zu tragen, dass an die Ablehnung eines solchen Beweisantrags
strengere Maßstäbe anzulegen sind (vgl. für
die Ablehnung eines Beweisantrags nach § 244 Abs. 5 Satz 2
StPO: BGH wistra 2006, 426, 428; Fischer in KK 6. Aufl. § 244
37
- 18 -
Rdn. 213). Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Unerreichbarkeit
sowie völliger Ungeeignetheit eines offenkundig wichtigen
Entlastungszeugen wird daher in diesen Fallkonstellationen allenfalls
dann in Betracht kommen, wenn der Beweiswert einer lediglich
kommissarischen oder audiovisuellen Vernehmung des Zeugen vor dem
Hintergrund des Ergebnisses der bisherigen Beweisaufnahme und des
zeitlichen und organisatorischen Aufwands der Ladung und Vernehmung mit
den damit verbundenen Nachteilen durch die Verzögerung des
Verfahrens in einer Weise zurücktritt, dass jeglicher
Erkenntniswert für die Sachaufklärung sicher
ausgeschlossen werden kann. Ein - etwa wegen des fehlenden
persönlichen Eindrucks des Zeugen in der Hauptverhandlung oder
wegen der eingeschränkten Möglichkeit, ihm Vorhalte
zu machen - lediglich geminderter oder zweifelhafter Beweiswert einer
so gewonnenen Aussage darf bei einer Sachverhaltsgestaltung wie der
vorliegenden hingegen regelmäßig nicht mit einer
völligen Untauglichkeit des Beweismittels gleichgesetzt
werden. Die Beurteilung hat sich daher bei einer derartigen
Fallgestaltung eher an den strengen Maßstäben
auszurichten, die sonst allgemein für die Bewertung eines
Beweismittels als völlig ungeeignet anerkannt sind (vgl.
Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 244 Rdn. 58 m. w. N.).
Diesen Anforderungen und den dargelegten Besonderheiten des Falles wird
das Landgericht in seiner Entscheidung über die Ablehnung des
Beweisantrags nicht gerecht. Insbesondere hat es in seine
Würdigung auch nicht einbezogen, dass es auch die Einvernahme
weiterer von den Angeklagten zur Entlastung benannten Auslandszeugen,
etwa der Mitarbeiter der R&DE, abgelehnt hat, der Zeuge R.
mithin der einzig verbleibende Entlastungszeuge war, der aus eigener
Wahrnehmung zu den Exportgeschäften der Angeklagten Angaben
machen und zur Entkräftung der aus dem Ausland stammenden
Beweise beitragen konnte. Nicht zuletzt aus diesem Grund kam seiner
Aussage ein besonderes Gewicht zu.
38
- 19 -
Auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung des Beweisantrags kann das Urteil,
soweit die Taten nicht bereits verjährt sind, beruhen, zumal
einer Vernehmung des Zeugen im Ausland rechtliche Hindernisse
grundsätzlich nicht entgegenstehen. Zwar erfolgt der sonstige
Rechtshilfeverkehr mit Indien vertragslos, so dass die Regelungen der
§§ 59 ff. IRG Anwendung finden. Die Bundesregierung
hat aber ihre Bereitschaft gezeigt, die für die Anbringung
eines Rechtshilfeersuchens erforderliche Gegenseitigkeitszusicherung
(§ 76 IRG) abzugeben.
39
3. Das Urteil begegnet schließlich auch in
sachlich-rechtlicher Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Da
es hierauf entscheidungserheblich nicht mehr ankommt, weist der Senat
für die neue Hauptverhandlung auf Folgendes hin:
40
41
a) Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen vermag der
Senat der rechtlichen Wertung des Landgerichts, bei den von den
Angeklagten nach Indien ausgeführten Hydraulikzylindern habe
es sich um "für militärische Zwecke besonders
konstruierte" Bestandteile für Landfahrzeuge im Sinne der
Nummer 0006 des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste - Anlage AL zur
Außenwirtschaftsverordnung - (in den für die nicht
verjährten Taten maßgeblichen Fassungen der 91. i.
V. m. der 94. Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste vom 18.
Dezember 1996 und vom 7. Mai 1998 - BAnz. Nr. 32 vom 15. Februar 1997,
S. 1545 und Nr. 88 vom 13. Mai 1998, S. 6749 - und der 96. Verordnung
zur Änderung der Ausfuhrliste vom 10. Juni 1999 - BAnz. Nr.
125 vom 9. Juli 1999, S. 11073) und damit um genehmigungspflichtige
Waren gehandelt, die von der Strafvorschrift des § 34 Abs. 1
Nr. 1 AWG i. V. m. § 5 Abs. 1 AWV erfasst werden, nicht zu
folgen.
Nicht zu beanstanden ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des
Landgerichts, dass sowohl die mobilen schienen- und
fahrzeuggestützten Ra-
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- 20 -
ketenstartrampen als auch die fahrzeuggestützte mobile
Radaranlage als militärische Landfahrzeuge und damit als
Rüstungsgüter im Sinne der Position 0006 der
nationalen Ausfuhrliste Teil I Abschnitt A einzustufen sind.
Für die zu Startplattformen umgerüsteten Fahrzeuge
ergibt sich dies unmittelbar aus der exemplarischen Aufzählung
militärischer Fahrzeuge in Nr. 1 Buchst. a der technischen
Anmerkung zur Listennummer 0006 der Ausfuhrliste; für die zum
Zwecke der Installierung einer militärischen Radaranlage
eigens umgebauten Lkws steht dies ebenfalls aufgrund der festgestellten
objektiven Beschaffenheit der Fahrzeuge außer Frage.
Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht zudem davon ausgegangen, dass die
nach Indien ausgelieferten Hydraulikzylinder zum Einbau in diese
militärischen Fahrzeuge bestimmt, mithin Bestandteile im Sinne
der Begriffsdefinition der Ausfuhrliste waren, da sie durch die
Verbindung mit der übergeordneten Sache ihre
Selbständigkeit verlieren sollten (Monreal AW-Prax 2001, 154,
157). Für die Exportkontrolle ist dabei nicht
maßgeblich, ob das Bestandteil zum Zeitpunkt der Ausfuhr
bereits mit der Hauptsache verbunden ist (Monreal aaO). Problematisch
ist hier allein, ob die ausgeführten Zylinder den
Anforderungen des Tatbestandsmerkmals "besonders konstruiert
für militärische Zwecke" genügten, das sich
nach dem Wortlaut der Listenposition 0006 nicht nur auf die
übergeordnete Sache, sondern gleichermaßen auf die
hierfür bestimmten Bestandteile bezieht, und deshalb nicht nur
als Dual-use-Güter, sondern als
Rüstungsgüter zu klassifizieren waren. Insoweit teilt
der Senat die Auffassung der Beschwerdeführer, dass die der
rechtlichen Würdigung des Landgerichts zugrunde liegende rein
subjektive, allein an der Zweckbestimmung des Herstellers orientierte
Auslegung des Tatbestandsmerkmals mit der Systematik der hier
maßgeblichen Vorschriften des Teils I Abschnitt A der
Ausfuhrliste nicht vereinbar ist. Im Einzelnen:
aa) Dem Tatbestandsmerkmal "besonders konstruiert (oder
geändert) für militärische Zwecke" kommt in
Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste die Bedeutung
43
- 21 -
zu, Rüstungsgüter, deren militärische
Eigenschaft nicht offen auf der Hand liegt, von
Dual-use-Gütern, die sowohl für zivile als auch
für militärische Zwecke Verwendung finden
können, abzugrenzen. Für die beiden
Güterkategorien gelten jedoch nicht nur unterschiedliche
verwaltungsrechtliche Kontrollsysteme, sondern Zuwiderhandlungen gegen
diese Vorschriften werden auch in unterschiedlicher Weise
strafrechtlich sanktioniert. Verstöße gegen
Ausfuhrbeschränkungen unterfallen bei
Rüstungsgütern des Teils I Abschnitt A der
Ausfuhrliste dem Straftatbestand des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
AWG, hingegen werden Verstöße bei
Dual-use-Gütern entweder als Ordnungswidrigkeiten nach
§ 33 AWG oder als Straftaten - von wenigen, gesetzlich
abschließend geregelten Ausnahmefällen, die von
§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AWG erfasst werden, abgesehen - nach
§ 34 Abs. 2 AWG geahndet. Das Tatbestandsmerkmal "besonders
konstruiert (oder geändert) für militärische
Zwecke" ist daher auch für die strafrechtliche Bewertung eines
Verstoßes gegen die Vorschriften des
Außenwirtschaftsrechts von maßgeblicher Bedeutung
(Bieneck in Wolffgang/Simonsen AWR, Bd. 3 § 34 Abs. 1 Rdn. 39;
ders. wistra 2008, 451 f.; vgl. auch Monreal aaO 155).
bb) Die Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs ist allerdings
umstritten. In der Literatur wird nahezu einhellig die Auffassung
vertreten, das Tatbestandsmerkmal sei objektiv auszulegen und setze
neben einer subjektiven Zweckvorstellung des Herstellers stets voraus,
dass sich diese auch objektiv in der Konstruktion der Beschaffenheit
des Gutes niedergeschlagen habe; die militärische Zwecksetzung
der Ware müsse aus ihrer objektiven, etwa technischen
Konstruktion erkennbar sein (Bieneck in Wolffgang/Simonsen aaO Rdn. 39
a; Schörner in Hohmann/John AWR, § 5 AWV Rdn. 13;
Friedrich in Hocke/Berwald/Maurer/Friedrich, AWR Bd. 1 vor § 5
AWV Rdn. 54; Bieneck wistra 2008, 451 ff. und wistra 2010, 10 ff.;
Monreal AW-Prax 2001, 234 ff. und 2003, 115 ff.). Diesem objektiven
Auslegungsansatz hat sich - soweit ersichtlich - die
44
- 22 -
Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte angeschlossen (VG Frankfurt,
Urt. vom 17. Februar 2005 - 1 E 7512/03 - juris - Rdn. 30 f.; Hess.
VGH, Urt. vom 14. Oktober 2009 - 6 A 2113/08 - juris - Rdn. 47 ff.).
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist, soweit sie sich mit dem
hier in Rede stehenden Tatbestandsmerkmal befasst hat, hingegen nicht
eindeutig. Während der 1. Strafsenat in einer Entscheidung,
der die Lieferung einer Anlage zur Reinigung von Artilleriekartuschen
an eine irakische Rüstungsfirma zugrunde lag, zur Auslegung
des Tatbestandsmerkmals "besonders konstruiert" - im konkreten Fall
für die Herstellung von Munition im Sinne der Position 0018 A
der Ausfuhrliste - maßgeblich auf den Zweck abgestellt hat,
dem die Anlage nach den Vorstellungen ihres Erbauers oder Lieferanten
dienen sollte (BGHSt 41, 348, 350), hat sich der 5. Strafsenat bei der
Prüfung, ob ein speziell umgerüstetes
Geländefahrzeug im Sinne der Position 0006 A der Ausfuhrliste
"für militärische Zwecke besonders konstruiert" war,
anhand der Liste selbst und den sich hieraus ergebenden Beschreibungen
des Rüstungsguts, mithin an eher objektiven Kriterien
orientiert und hervorgehoben, dass es für die Bestimmung einer
Ware als Rüstungsgut nicht auf eine alleinige Bewertung des
individuellen Zwecks ankommen kann (BGHSt 51, 263, 266 ff.).
45
cc) Mit der Frage, welchen Anforderungen Warenbestandteile
genügen müssen, um sie als Güter im Sinne
des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste einzustufen, hat sich der
Bundesgerichtshof bislang nicht befasst. Der Senat hält
für die Erfassung eines Bestandteils als Rüstungsgut
den von der Literatur vertretenen objektiven Ansatz zur Auslegung des
Tatbestandsmerkmals "besonders konstruiert für
militärische Zwecke" mit Blick auf die Systematik der
Ausfuhrliste für zutreffend.
46
- 23 -
Die Ausfuhrliste enthält in Teil I Abschnitt A abgestufte
Anforderungen für die Einstufung eines Bestandteils als
Rüstungsgut. Mit Blick auf die Abgrenzung zu einem
Dual-use-Gut wird allerdings stets vorausgesetzt, dass es sich um
"besonders konstruierte" Bestandteile handelt, wofür nicht
jede geringfügige Modifikation eines zivilen Gutes ausreichend
ist; erforderlich sind vielmehr konstruktive Änderungen an
wesentlichen Funktionsmerkmalen der Ware (Monreal AW-Prax 2001, 234,
235; Bieneck wistra 2008, 451, 455; ders. in Bieneck, Handbuch AWR
§ 28 Rdn. 20).
47
Hinsichtlich der weiteren Anforderungen unterscheidet die Ausfuhrliste
danach, ob die Bestandteile für Hauptsachen mit speziell
militärischer Ausrichtung, etwa für Bomben (Position
0004), bestimmt sind oder für weniger spezifisch
militärisch ausgerichtete Güter mit
Dual-use-Charakteristik, etwa - wie vorliegend - für
Landfahrzeuge im Sinne der Listenposition 0006. Während im
ersten Fall die Ausfuhrliste für die Bestandteilserfassung
keine besondere Konstruktion für "militärische
Zwecke" fordert, sondern mit der Formulierung "besonders konstruiert
hierfür" lediglich eine besondere Konstruktion für
den Einsatz in der als Rüstungsgut erfassten Hauptsache
ausreichen lässt, werden nach dem Wortlaut ("Bestandteil
hierfür, besonders konstruiert für
militärische Zwecke") bei Gütern, die selbst ein
weiteres Verwendungsspektrum aufweisen und Dual-use-Gütern
nahe kommen, hierfür besonders konstruierte Bestandteile nur
dann von der Rüstungsgüterliste erfasst, wenn sie
selbst auf einen militärischen Zweck gerichtet sind (Bieneck
wistra 2008 aaO; vgl. auch Monreal AW-Prax 2003, 115 f.). Die
abweichenden Formulierungen finden ihre Erklärung ersichtlich
darin, dass der Verordnungsgeber bei offensichtlichen
Rüstungsgütern mit Blick auf die durch die
Listenpositionen geschützten Rechtsgüter der
Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, des Völkerfriedens
und der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland
eine weite Erfassungsvariante für Bestandteile für
vertretbar gehalten, sich hingegen bei weniger mili-
48
- 24 -
tärisch ausgerichteten Gütern bewusst für
eine enge Bestandteilserfassung entschieden hat (Bieneck aaO 456).
Durch das Erfordernis einer eigenen militärischen
Zweckbestimmung des Bestandteils wird daher bei Gütern, die
als Hauptsache lediglich eine geringere militärische
Ausprägung haben, der Bestandteilsbegriff
eingeschränkt. Diese Einschränkung kann jedoch nur
dann die vom Verordnungsgeber vorgegebene Wirkung entfalten, wenn sich
die militärische Zwecksetzung des Bestandteils auch objektiv
in dessen Konstruktion oder Beschaffenheit niedergeschlagen hat. Denn
eine lediglich subjektive Zweckbestimmung aus Sicht des Herstellers
ließe dessen Kenntnis vom Einsatz des Bestandteils in einer
militärischen Anlage für die Klassifizierung als
Rüstungsgut ausreichen, so dass letztlich ein Unterschied zu
dem weiten Bestandteilsbegriff, wie er nach den Regelungen der
Ausfuhrliste nur bei offenkundigen Rüstungsgütern
gilt, nicht mehr erkennbar wäre.
Dass Bestandteile, wie sie in Teil I Abschnitt A Position 0006 der
Ausfuhrliste definiert sind, auch in objektiver Hinsicht einen
militärischen Charakter aufweisen müssen, ergibt sich
schließlich auch aus den Formulierungen in den Anmerkungen zu
dieser Listennummer, die zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals
heranzuziehen sind (BGHSt 51, 261, 267). So ist in der Anmerkung Nr. 4
der Position 0006 in der Fassung der 96. Verordnung zur
Änderung der Ausfuhrliste vom 10. Juni 1999 nicht nur -
ersichtlich güterbezogen - von "militärischen"
Bestandteilen die Rede, sondern die zur Erläuterung dieses
Begriffs aufgeführten Güter weisen aufgrund ihrer
spezifischen Beschaffenheit auch ausnahmslos eine objektiv erkennbare
militärische Zweckbestimmung auf.
49
- 25 -
b) Die Heranziehung objektiver Kriterien bei der Auslegung des
Tatbestandsmerkmals "Bestandteile, besonders konstruiert für
militärische Zwecke" im Sinne der Position 0006 hat
für den vorliegenden Fall folgende Bedeutung:
50
aa) Nach den bisherigen Feststellungen wiesen die für die
Raketenstartrampen bestimmten Hydraulikzylinder keine objektiv
erkennbaren militärischen Konstruktionsmerkmale auf. Es
handelte sich ausnahmslos um Modifikationen ziviler Güter
entsprechend den Vorgaben der Besteller. Diese Änderungen
genügten zwar den Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal
"besonders konstruiert", ihre militärische Zwecksetzung
bezogen die Hydraulikzylinder aber nur mittelbar über die
Hauptsache, für die sie bestimmt waren. Dies reicht nach den
oben dargelegten Grundsätzen für die Klassifizierung
als Bestandteile im Sinne der Position 0006 des Teils I Abschnitt A der
Ausfuhrliste nicht aus.
51
Sollten in der neuen Hauptverhandlung weitergehende Erkenntnisse zur
Konstruktion und einer hieraus folgenden objektiven
militärischen Zweckbestimmung der für die
Startvorrichtungen vorgesehenen Hydraulikzylinder nicht getroffen
werden können, wird der neue Tatrichter allerdings zu
erwägen haben, ob diese Güter als Bestandteile
für Raketenzubehör oder Raketenausrüstung
von der Listenposition 0004 des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste
erfasst werden mit der Folge, dass sie lediglich an dem weiten
Bestandteilsbegriff ("besonders konstruiert hierfür") zu
messen wären und für die Erfassung als
Rüstungsgut keinen eigenständigen
militärischen Charakter aufweisen müssten.
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bb) Hingegen erscheint nach den Urteilsgründen bei den
für die mobile Radaranlage gelieferten Hydraulikzylindern eine
objektive militärische Zweckbestimmung und damit eine
Bestandteilserfassung durch die Listenposition 0006 nicht von
vorneherein ausgeschlossen. Denn diese Güter waren nach den
Feststellungen entsprechend den Wünschen der Besteller mit
einer besonderen
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- 26 -
Oberflächenbeschichtung versehen worden, um bei
militärischen Einsätzen eine ausreichende Tarnung zu
gewährleisten. Mit der Frage, ob dieses Konstruktionsmerkmal
den nach Indien ausgeführten Zylindern eine eigene spezifisch
militärische Zweckbestimmung verlieh, hat sich das
Landgericht, nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig, bislang nicht
auseinandergesetzt.
cc) Sollte der neue Tatrichter zu dem Ergebnis gelangen, dass es sich
bei den ausgeführten Waren nicht um
Rüstungsgüter im Sinne des Teils I Abschnitt A der
Ausfuhrliste, sondern um Dual-use-Güter gehandelt hat,
käme eine Strafbarkeit der Angeklagten nur nach § 34
Abs. 2 AWG in Betracht. Insoweit erscheint es jedoch nach den bisher
getroffenen Feststellungen nicht nahe liegend, dass die Handlungen der
Angeklagten geeignet waren, die in § 34 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 AWG
aufgeführten Rechtsgüter erheblich zu
gefährden (BGHSt 53, 128; 53, 238, 249).
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Becker RiBGH von Lienen befindet Sost-Scheible
sich im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.
Becker
Schäfer Mayer |